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Der Graf von Luxemburg

Operette in drei Akten
Libretto von Alfred Maria Willner und Robert Bodanzky
Musik von Franz Lehár


in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere am 3. Dezember 2016 im Opernhaus Düsseldorf
Übernahme-Premiere im Theater Duisburg am 22.12.2016
(rezensierte Aufführung: 28.12.2016 im Theater Duisburg)


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Rheinoper
(Homepage)
Was zählt im Leben?

Von Stefan Schmöe / Fotos von Hans Jörg Michel


Szenenfoto

Bo Skovhus ist der Graf von Luxemburg

Operette soll unterhalten. Das war der ureigentlichste Zweck des Grafen von Luxemburg, den Franz Lehár 1909 für das Theater an der Wien komponierte, und er hielt sich formal an die Konventionen. Das "hohe Paar" und ein komödiantisches zweites, die obligaten Walzer, der textlastige Schlussakt, das alles huldigt dem Zeitgeschmack und bediente die Erwartungen. Insofern erzählt die Operette auch einiges über das Wesen des Theaters. Speziell bei Lehár kommt das Pathos der großen Gefühle dazu, das eine Nähe zu seinem Zeitgenossen Puccini zeigt. Der verarmte Graf, der in eine Hochzeit samt Scheidung einwilligt, um seine Dreimonatsgattin derart in den Adelsstand zu erheben, das ist Komödie. Sich dabei aber in die Frau zu verlieben (und auf Gegenliebe zu stoßen), das geht an die Substanz und gibt die Wendung ins Tragische - was nicht sein darf und, Vorsicht: Kitsch, nur durch eine absurde Wendung noch zum erforderlichen happy end umgebogen werden kann. Das Genre "Operette" ist lange belächelt und verspottet worden; inzwischen gibt es ja so etwas wie eine Operetten-Renaissance. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Rheinoper eine Starbesetzung aufbietet.

Szenenfoto

Action painting: Armand und Juliette

Jens-Daniel Herzogs ambitionierte und vielschichtige Regie ist zunächst einmal auch ganz auf Bo Skovhus, den Darsteller des Grafen von Luxemburg, zugeschnitten. Skovhus, stimmlich überragend mit großer, strahlender und jederzeit souverän geführter Stimme, gibt einen dämonischen, am Sinn des Lebens zweifelnden Grafen. Der gibt aus reinem Nihilismus alles Geld, das ihm in die Finger kommt, sofort aus, verkauft mit der fingierten Heirat seine Identität und schließt einen Pakt mit dem Teufel- das klingt im Programmheft nach Überinterpretation, ist aber in Herzogs detaillierter Personenregie und Skovhus' ungemein fesselnder Bühnenpräsenz, dazu der allein körperlich imposanten Gestalt überzeugend umgesetzt. Das leicht kehlige Timbre von Juliane Banse in der Partie der Angèle Didier, des Grafen Ehefrau auf Zeit, ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber gestaltet ist das nach allen Regeln der Operettenkunst mit Emphase und großen Aufschwüngen, und auch ihr mangelt es nicht an Bühnenpräsenz. Da finden zwei, die ihr Leben schon aufgegeben haben, plötzlich einander und damit den Sinn des Ganzen. (Ob das die Alternativbesetzungen auch so ausspielen können?)

Szenenfoto

Hochzeit mit begrenzter Gültigkeit: Graf Rene von Luxemburg und Angéle Didier dürfen sich nicht sehen, was Fürst Basilowitsch penibel überwacht.

Herzog setzt dieses Paar stellenweise wie Fremdkörper in eine Welt mit ziemlich viel, manchmal zu viel Slapstick. Der russische Fürst Basis Basilowitsch (Bruce Rankin singt und spielt ihn bravourös mit absurder Noblesse, die jeden Moment einzustürzen droht) ist ein moderner Oligarch, der sich für Geld alles kaufen kann, auch Angèle (und den für die standesgemäße Hochzeit unbedingt erforderlichen Adelstitel gleich dazu), würde ihm nicht die Operettenwirklichkeit mit der Utopie vom echten Liebesglück dazwischenfunken. Umgeben ist er von drei schwer bewaffneten Mafiosi (mit viel Witz: Luis Fernando Piedra, David Jerusalem und Karl Walter Sprungala), die im Grunde Clowns sind. Von seiner Vergangenheit und einem irgendwann gegebenen Eheversprechen eingeholt wird er von der Gräfin Kokozowa, die ihre Arie über das allzu hohe Tempo in der Welt zu einer geopolitischen Bilanz unserer Gegenwart nutzt, ganz im Sinne der Offenbach'schen zeitkritischen Operette. Susan Maclean hat nicht ganz die satte Tiefe, die man sich idealerweise wünscht, singt das aber mit großer Souveränität.

Szenenfoto

Beziehungskrise: Angéle und Basil

Mit dem zweiten Paar, dem Künstler Armand und der Chansonette Juliette, weiß Herzog nicht so recht etwas anzufangen, die stolpern durch das Stück hindurch, ohne recht einen Anschluss an die Handlung - oder besser: an die Regie - zu finden. Dabei ist Cornel Frey als Armand mit seinem handfesten Tenor beeindruckend höhensicher und sehr agil, Lavinia Dames mit hübschem, leichtem Sopran und keckem (demonstrativ biederem) Auftreten ziemlich charmant. Ihre Auftrittsszene gestaltet Herzog als farbenfrohes action painting in einer Mansarde à la La Bohéme. Letztendlich gehören sie als Figuren in die Welt der Revue, im raffinierten Bühnenbild (Mathis Neidhardt) durch einen Rahmen aus Glühlampen permanent präsent. Überhaupt gibt es viel Theaterwirklichkeit mit Bühne, Pforte, Garderobe (die Drehbühne macht's möglich) und absurden Kostümen quer durch's Opernrepertoire (Sibylle Gädeke). Es ist eben alles Theater. Lärmendes, mitunter absurdes Theater, Maschinerie für die Operette und der Hintergrund, vor dem die wahren Gefühle umso leuchtender erscheinen. Vieles ist Herzog dabei gut gelungen, nur die Pointen, die zünden (zumindest in der hier besprochenen Aufführung) zu selten. Was nicht an Schauspieler Oliver Breite liegt, der mit häufigem Kostümwechsel gleich diverse Sprechrollen besetzt.

Szenenfoto

Finale: Gräfin Kokozowa macht Fürst Basil unmissverstänlich klar, wen er zu heiraten hat. Graf Rene hat gut lachen.

Die Nähe zur (rund 15 Jahre später entstandenen) Zeitoper, das Lebensgefühl am Beginn des lauten 20. Jahrhunderts, spiegelt sich in der musikalischen Interpretation wieder. Am Pult der guten Duisburger Philharmoniker steht an diesem Abend Studienleiter Patrick Francis Chestnut (andere Vorstellungen dirigiert Kapellmeister Lukas Beikircher), dem manches ein wenig holzschnittartig gerät, wobei Tempoänderungen gelegentlich zu Wacklern führen. Aber er glättet die Partitur nicht, setzt nicht auf Walzerseligkeit, sondern lässt die farbigen Nebenstimmen fast ruppig selbstbewusst erklingen - eben wie die Vielstimmigkeit der (kommenden) Zeit. Da klingt Lehár ganz schön modern. Bleibt noch der sehr gute Chor der Rheinoper zu erwähnen (Einstudierung: Christoph Kluttig) , der mit schönem Klang zuverlässig singt.


FAZIT

Manches ist überzogen, manches verpufft in der Regie von Jens-Daniel Herzog, die dennoch einen spannenden und klugen Blick auf das Werk bietet, nicht zuletzt des überragenden Bo Skovhus an der Spitze eines sehr guten Ensembles wegen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Lukas Beikircher /
* Patrick Francis Chestnut

Regie
Jens-Daniel Herzog

Bühne
Mathis Neidhardt

Kostüme
Sibylle Gädeke

Licht
Volker Weinhardt

Choreographie
Kati Farkas

Chor
Christoph Kurig

Dramaturgie
Hans-Peter Fring
Anna do Paço



Statisterie und Chor
der Deutschen Oper am Rhein

Duisburger Philharmoniker


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Rene Graf von Luxemburg
* Bo Skovhus /
Kay Stiefermann

Angèle Didier
* Juliane Banse /
Astrid Kessler /
Romana Noack

Armand Brissard
* Cornel Frey /
Florian Simson

Juliette Vermont
* Lavinia Dames /
Monika Rydz

Fürst Basil Basilowitsch
Bruce Rankin

Gräfin Stasa Kokozowa
Doris Lamprecht /
* Susan Maclean /
Renée Morloc

Pawel Pawlowitsch
Luis Fernando Piedra

Sergej Mentschikoff
David Jerusalem

Pélégrin
Karl Walter Sprungala

Der Ménager u.a.
Oliver Breite



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



Da capo al Fine

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