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Musiktheater
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Doktor Faust

ichtung für Musik in zwei Vorspielen, einem Zwischenspiel und drei Hauptbildern
Text und Musik von Ferruccio Busoni
Nach Skizzen des Komponisten ergänzt und vollendet von Antony Beaumont (1984)


In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 30' (eine Pause)

Premiere an der Sächsische Staatsoper Dresden am 19. März 2017


Homepage

Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)
Im Labyrinth der Säulen

Von Roberto Becker / Fotos © Jochen Quast

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Ferruccio Busonis (1866-1924) Doktor Faust ist weniger eine Opernvariante von Goethes Panorama einer mit Erkenntnissen gespickten Reise vom Himmel durch die Welt zur Hölle. Es ist mehr das collagehafte Drama eines Kreativen, eines Wissenschaftlers oder Künstlers, für das sich Busoni auch als Librettist weniger bei Goethe als beim Puppenspiel bedient hat. 1925, im Jahr nach dem Tod des Komponisten, wurde das unvollendet gebliebene Werk in Dresden uraufgeführt. Dort ging es jetzt das erste Mal wieder über die Bühne. Und zwar in der 1984 vom englischen Dirigenten und Musikwissenschaftler Antony Beaumont komplettierten Fassung. Der hatte sich ein Jahrzehnt ausführlich mit den Skizzenblättern zur ursprünglichen Schlusslösung beschäftigt und eine spielbare Fassung des vorgesehenen Finales erstellt.

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Durch die Bilderfolge mit dem Wechsel der Szenen kommt dem musikalischen Fluss eine tragende Rolle für die Wirkung des Werkes insgesamt zu. Tomáš Netopil erweist sich dafür als der rechte Mann am Pult der Sächsischen Staatskapelle, die mit der Diktion der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch da bestens vertraut ist, wo nicht Richard Strauss über der Partitur steht. Zumal sich auch Busoni mit seiner Tonsprache von der avancierten Avantgarde ebenso absetzt wie Richard Strauss mit allem, was nach der Elektra auf die Bühne kam. Ein Renner ist diese Faust-Oper nicht geworden - Berlioz und Gounod haben mit ihren Versionen die besseren Karten. Weil sie älter sind und französischen Charme auf ihrer Seite haben. Aber das Individuum in der Krise und der Versuch, jenseits der herrschenden Moralvorstellungen herauszukommen, ist natürlich ein höchst modernes Diskursangebot in der Gegenwart.

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Keith Warner (Regie), Thilo Steffens (Bühne) und Julia Müer (Kostüme) erzählen die Geschichte an der Semperoper als Bildershow, die bei dem historischen Gewand bleibt, sie aber gleichwohl von heute aus angeht. Das ist im schnellen Wechsel der Szenen spannend. Verzichtet wird weder auf Geistermasken für die Erscheinungen, die Faust beschwört, noch auf die großen Revueauftritte für das Verführergastspiel, das Faust und Mephisto am Hof von Parma geben. Samt einer Filmemacherin, die wohl bewusst an Leni Riefenstahl erinnert.

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Der räumliche Rahmen: Immer ein wandelbarer Raum mit Säulen, die sich schnell verschieben lassen, aber auch in den Schnürboden entschwinden können. Wenn ihm die Studenten aus Krakau ein luxuriöses Buch schenken, dann ist darin ein Laptop versteckt. So modernistisch ist selbst Warner. Aber das hält sich in Grenzen. Wenn ein Kirchenraum gebraucht wird, genügen ein paar hereingefahrene Kirchenbänke; für den Hof von Parma ein Portal. Eine besondere Dresdner Pointe ist der Auftritt von Salome und Jochanaan, den Faust in seine Show für den Herzog integriert, und bei dem auch Busoni den Einakter von Strauss im Kopf gehabt haben muss. Zu einem Höhepunkt wird der große Religionsstreit, der hier im Studenten-Milieu aus Revoltezeiten angesiedelt ist und vom Chor, den Jörn Hinnerk Andresen erstklassig einstudiert hat, mustergültig bewältigt wird.

Am Ende ist Faust tot und der Teufel der Nachtwächter. Immerhin verkündet Faust die Erkenntnis, dass Gott und Teufel eigentlich zwei Seiten seiner selbst sind. "Ich Faust, ein ewiger Wille." Wenn das nichts ist!
Die Inszenierung endet wie sie begonnen hat: mit einem halben Dutzend junger Leser (respektive Tänzer), die an der Rampe vermutlich in eine Faust-Ausgabe vertieft sind.

Gesungen wird hervorragend. Lester Lynch als Faust beeindruckt durchweg mit Eleganz und Wortverständlichkeit. Als Mephistopheles an seiner Seite setzt Mark Le Brocq vokal aufs Charakteristische und in der Erscheinung auf Gentlemen. Manuela Uhl ist eine leidenschaftliche Herzogin und Michael König ein glaubwürdig ausgetrickster Herzog. Auch der Wagner von Michael Eder und Sebastian Wartigs Valentin überzeugen in ihren eher kleinen Rollen.


FAZIT

Dieser Doktor Faust ist szenisch gediegen und musikalisch exzellent.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Tomáš Netopil

Inszenierung
Keith Warner

Mitarbeit Regie
Anja Kühnhold

Bühne
Tilo Steffens

Video
Manuel Kolip

Kostüme
Julia Müer

Choreographie
Karl Alfred Schreiner

Licht
John Bishop

Dramaturgie
Juliane Schunke



Sächsische Staatskapelle Dresden


Solisten

Doktor Faust
Lester Lynch

Wagner
Michael Eder

Mephistopheles / Ein Nachtwächter
Mark Le Brocq

Herzog von Parma / Megäros
Michael König

Herzogin von Parma
Manuela Uhl

Zeremonienmeister / Gravis
Magnus Piontek

Soldat, des Mädchens Bruder / Naturgelehrter
Sebastian Wartig

Ein Leutnant / Beelzebuth
Jürgen Müller

Erster Student aus Krakau
Eric Stokloßa

Zweiter Student aus Krakau
Bernhard Hansky

Dritter Student aus Krakau
Allen Boxer

Theologe / Levis
Tilmann Rönnebeck

Jurist / Asmodus
Stephan Klemm

Erster Student aus Wittenberg
Gerald Hupach

Zweiter Student aus Wittenberg
Khanyiso Gwenxane

Dritter Student aus Wittenberg
Alexandros Stavrakakis

Vierter Student aus Wittenberg / Tenorsolo
Aaron Pegram

Fünfter Student aus Wittenberg
Benjamin Glaubitz

Der Schüchterne
Friedrich Darge

Erste Frauenstimme
Roxana Incontrera

Zweite Frauenstimme
Angela Liebold

Dritte Frauenstimme
Ewa Zeuner



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)



Da capo al Fine

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