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Musiktheater
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Parce que je t'aime - Weil ich dich liebe

Musikalische Lesung mit Chansons von Barbara und Texten von Irène Némirovksy
Deutsche Liedübersetzungen von Walter Brandin

in deutscher und französischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 30' (eine Pause)

Premiere im Kleinen Haus im MiR am 15. Januar 2017

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Musiktheater im Revier
(Homepage)

Die Liebe zum Chanson

Von Thomas Molke / Foto: © Nadja Klier


Seit Christa Platzer 2008 mit dem Intendantenwechsel als neues Ensemble-Mitglied nach Gelsenkirchen kam, hat sie das Publikum immer wieder mit Chansons von Edith Piaf begeistert. Direkt zu Beginn ließ sie in einem eigens für sie eingerichteten Abend mit Texten von Dirk Schattner in zahlreichen Chansons das Leben des "kleinen Spatzes von Paris" Revue passieren und sorgte damit zwei ganze Spielzeiten für ausverkaufte Vorstellungen im Kleinen Haus. 2010 tourte sie dann mit einem neuen Programm unter dem Titel Non je ne regrette rien zunächst durch ganz Deutschland, bevor sie diese Revue dann auch in Gelsenkirchen präsentierte. Nun widmet sie sich einer anderen Chanson-Sängerin, die zwar nicht die Berühmtheit der Piaf besitzt, in ihren Liedern allerdings eine der Piaf vergleichbare Melancholie einfängt: Barbara. Der Abend bildet den Auftakt zu einer Veranstaltungreihe, mit der das Musiktheater im Revier als Rahmenprogramm zur Opernpremiere von Mieczysław Weinbergs Die Passagierin an die dunkle Vergangenheit der deutschen Geschichte erinnert und zahlreiche Opfer des Nationalsozialismus zu Wort kommen lässt. Neben Chansons von Barbara sind Texte der jüdischen Autorin Irène Némirovsky zu hören, die 1942 in Auschwitz-Birkenau ums Leben kam.

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Gudrun Landgrebe

Obwohl Némirovsky nach ihrer Flucht aus Russland in Paris zum Star der Literaturszene avancierte, gelang es ihr nicht, die französische Staatsbürgerschaft zu erlangen. 1939 konvertierte sie sogar aufgrund des sich auch in Frankreich ausbreitenden Antisemitismus zum Christentum, was ihre Verhaftung und Deportation nicht verhindern konnte. Bis kurz vor ihrem Tod schrieb sie an ihrem Roman Suite Française, den ihre beiden Töchter, die den Krieg überlebten, als Fragment in einem Koffer retten konnten. Erst 2004 wurde dieses Manuskript veröffentlicht und führte zu einer Wiederentdeckung der Autorin. An diesem Abend werden die beiden 1940 und 1941 entstandenen Erzählungen Monsieur Rose und La confidente vorgestellt. Für die Lesung konnte die renommierte Schauspielerin Gudrun Landgrebe gewonnen werden, die unter anderem mit Platzer auch in Bonjour Tristesse - Bonjour Piaf zu erleben ist. Landgrebe findet mit ihrer warmen Stimme und einer kontemplativen Diktion einen bewegenden Zugang zu den beiden Geschichten, die jeweils einen sehr melancholischen Unterton besitzen.

Monsieur Rose erzählt von einem Mann, der zwar durch den ausbrechenden Zweiten Weltkrieg auf der Flucht sein gesamtes Hab und Gut verliert, aber am Ende erkennt, doch die richtige Entscheidung getroffen zu haben, indem er nicht in einen Wagen steigt, der ihn vor der Sprengung einer Brücke über die Loire bringen soll, sondern stattdessen bei seinem verwundeten Freund ausharrt. Als die Brücke zu früh gesprengt wird und die Menschen in dem Wagen dabei ums Leben kommen, erkennt Monsieur Rose, dass er zwar alles verloren, aber dafür sein Leben nun neu gewonnen hat. In La confidente muss ein Musiker nach dem Tod seiner 20 Jahre jüngeren Frau Florence allmählich erkennen, dass seine Liebe eine bloße Illusion gewesen ist, und dieser Verlust wiegt für ihn wesentlich schwerer. Während er zu einem Gastspiel nach Südamerika aufgebrochen war, war seine Frau zu einer Freundin in ein Dorf gezogen, die in Florences Namen alle Briefe an ihn schrieb, während Florence sich selbst mit einem jüngeren Liebhaber absetzen wollte und bei einem Autounfall auf der Fahrt nach Paris gemeinsam mit ihrem Geliebten starb.

Die beiden bewegenden Erzählungen rahmt Platzer nun mit Chansons von Barbara ein, die zwar in keinem inhaltlichen Zusammenhang zu den Geschichten stehen, im melancholischen Grundton allerdings Parallelen aufweisen. Ein weiterer Aspekt für die Verbindung dieser beiden Künstlerinnen mag sein, dass Barbara, mit bürgerlichem Namen Monique Serf, ebenfalls Jüdin war. Im Gegensatz zu Némirovsky gelang ihr allerdings aus dem besetzten Frankreich die Flucht. Platzer beginnt den Abend mit einem von Barbaras größten Erfolgen, dem Chanson "Göttingen". Barbara schrieb dieses Lied nach ihrem Aufenthalt in Göttingen 1964. Deutsche Studenten hatten sie dorthin zu einem Konzert eingeladen. Sie kam mit den Gastgebern ins Plaudern über das Leben in Deutschland und Frankreich, und so entstand eine großartige Hymne der deutsch-französischen Völkerverständigung.

Platzer überzeugt in den Liedern mit eindringlicher Interpretation. Besonders hervorzuheben sind die beiden Chansons "Nantes" und "Ich liebe dich". "Nantes" handelt wie die Némirovskys folgende Geschichte von einem Verlust. Eine Frau erfährt zu spät vom Verbleib ihres Vaters und schafft es nicht mehr, vor seinem Tod zu seinem Sterbebett zu gelangen. Platzer lotet hier die Trauer der Frau bewegend aus. In "Ich liebe dich" erklärt sie ihrem Freund, dass sie diese drei Worte nicht über die Lippen bringen kann und lieber das Klavier mit der Musik sprechen lässt. Immer wieder unternimmt Platzer den Versuch, die Gefühle der Frau zu offenbaren, doch immer wieder stockt sie, bis sie sich ganz dem wogenden Klang des Klaviers hingibt und am Ende doch noch die drei Worte aushaucht. Das letzte Chanson präsentiert Platzer dann auf Französisch und rundet mit einer Liebeserklärung den Abend wunderbar ab. Oliver Räumelt, Ronald Güldenpfennig und Dirk Sobe begleiten Platzer eindringlich am Akkordeon, Bass und Klavier und präsentieren auch zwischen den Chansons und den Lesungen kurze Instrumentalstücke. So vergehen zweieinhalb Stunden wie im Flug, und das Publikum bedankt sich bei den Solistinnen mit herzlichem Applaus.

FAZIT

Christa Platzer und Gudrun Landgrebe bilden bei dieser musikalischen Lesung ein wunderbares Team und setzen Irène Némirovsky und Barbara ein würdiges Denkmal.


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Ausführende

Rezitation
Gudrun Landgrebe

Gesang
Christa Platzer

Band
Akkordeon
Oliver Räumelt

Bass
Ronald Güldenpfennig

Klavier
Dirk Sobe

 

Werke

Barbara
"Göttingen"

"Sag, wann bist du bei mir"
(Dis, quand reviendrais-tu?)

Irène Némirovsky
Monsieur Rose

Barbara
"Paris im August"
(Paris 15 août)

"Die Einsamkeit"
(La solitude)

"Wenn schon sterben, dann schon sterben"
(À mourir pour mourir)

"Eine winzige Kantate"
(Une petite cantate)

"Nantes"

Irène Némirovsky
Die Vertraute
(La confidente)

Barbara
"Mein Kompliment"
(Chapeau bas)

"Ich liebe dich"
(Je t'aime)

"Parce que je t'aime"

 


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