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Die Blues Brothers

Rhythm & Blues Show
frei nach dem gleichnamigen Film von John Landis
Bühnenfassung für das Theater Hagen von Roland Hüve

Dialoge in deutscher Sprache, Songs in englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (eine Pause)

Premiere im Theater Hagen am 11. Februar 2017
(rezensierte Aufführung: 21.04.2017)


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Im Auftrag des Herrn

Von Thomas Molke / Fotos von Klaus Lefebvre (Rechte Theater Hagen)

Kultfilme auf die Theaterbühne zu bringen birgt stets ein gewisses Risiko, da ein Großteil der Zuschauer wahrscheinlich eine Eins-zu-eins-Umsetzung des Films erwartet, die auf der Bühne schon allein mit Blick auf die Special Effects in der Regel nur unzureichend erfolgen kann. John Landis' Klassiker The Blues Brothers legt hier die Latte besonders hoch, da das Geschehen mit den atemberaubenden Verfolgungsjagden, die neben der großartigen Musik das besondere Markenzeichen des Films sind, eigentlich auf einer Bühne gar nicht nachzustellen sind. Trotzdem haben sich seit einigen Jahren immer wieder Theater dieser Herausforderung gestellt, und auch in Hagen hat Roland Hüve nun eine Bühnenfassung erstellt, die hier bereits eine große Fangemeinde gefunden hat. Denn zwei Monate nach der Premiere sind die Veranstaltungen immer noch restlos ausverkauft. Zahlreiche Zuschauer erscheinen im passenden Outfit mit schwarzem Hut und Sonnenbrille, und wer diese Utensilien nicht mitgebracht hat, kann sie auch als Fan-Paket im Theater erwerben.. Eine bessere Publicity kann es für das immer noch einen Intendanten suchende und von finanziellen Krisen geschüttelte Haus kaum geben.

Die Entstehung der Band und des anschließenden Films beruhte mehr oder weniger auf einem Zufall. In der NBC-Show Saturday Night Live hatten die beiden Schauspieler John Belushi und Dan Aykroyd mit ihrem Bienensketch I'm a King Bee 1976 so großen Erfolg, dass sie mehrere Studiomusiker zusammentrommelten und zwei Jahre später die Blues Brothers gründeten, die in ihrem klassischen Outfit (schwarzer Anzug, dünne schwarze Krawatte, schwarzer Hut und Sonnenbrille) mit einer einzigartigen Mischung aus Rock, Soul und Blues das Publikum zum Toben brachten. Da der Plattenvertrag auch einen Film beinhaltete, entwickelte Aykroyd eine Story, die Landis dann 1980 verfilmte. Aykroyd und Belushi spielen darin die beiden Brüder Elwood und Jake Blues, die nach Jakes dreijährigem Aufenthalt im Joliet Staatsgefängnis "im Auftrag des Herrn" unterwegs sind, um in wenigen Tagen 5.000 Dollar für die Rettung des katholischen Waisenhauses aufzutreiben, in dem die beiden einst aufgewachsen sind. Dazu suchen sie ihre alten Kollegen auf, die sich mittlerweile alle mehr oder weniger erfolgreich ins Privatleben zurückgezogen haben, und überreden sie, sich noch einmal als Band für ein Konzert zusammenzuschließen. Auf ihrem Weg bekommen sie allerdings nicht nur mit der Polizei, sondern auch mit der Partei der amerikanischen Nationalsozialisten und einer Countryband Probleme und liefern sich mit ihnen wilde, teilweise sehr skurrile Verfolgungsjagden. Außerdem taucht immer wieder Jakes ehemalige Braut auf, die er vor dem Altar hat sitzen lassen und die nun immer wieder versucht, den untreuen Bräutigam in die Luft zu sprengen. Nachdem es ihnen dank der Mafia gelungen ist, die 5.000 Dollar aufzubringen, schaffen es Jake und Elwood nach einer weiteren Verfolgungsjagd, in die mittlerweile auch die Armee und die Nationalgarde involviert ist, gerade noch, dem Sachbearbeiter der Steuerverwaltung das erforderliche Geld zur Rettung des Waisenhauses zu übergeben, bevor die beiden Brüder festgenommen werden.

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Die Cops (Company) liefern sich eine wilde Verfolgungsjagd mit den Blues Brothers Jake (Alexander Brugnara, links im Auto) und Elwood (Hannes Staffler, rechts im Auto).

Hüve verzichtet in seiner Fassung auf einzelne Elemente des Films. So lässt er den Handlungsstrang um die Partei der amerikanischen Nationalsozialisten weg, was sicherlich eine gute Entscheidung ist, da der schwarze Humor in dieser Szene in Deutschland leicht missverstanden werden könnte und daher nicht angemessen erscheint. Auch die Countryband tritt in Hagen nicht in Erscheinung. Stattdessen prellen die Blues Brothers in Bobs Country Bunker nur die Zeche und machen sich nach ihrem Auftritt heimlich aus dem Staub, weil die Rechnung für die konsumierten Getränke die Einnahmen für den Auftritt übersteigt. Die mysteriöse Unbekannte, die die beiden Brüder das ganze Stück hindurch verfolgt und umzubringen versucht, bekommt bei Hüve den Namen Carrie, wahrscheinlich als Anspielung auf die Darstellerin im Film, Carrie Fisher. Hier lässt es Hüve ganz schön krachen. Beeindruckend gelingt die Explosion der Telefonzelle, bei der die Tür aus ihren Angeln fliegt. Auch das über den Blues Brothers einstürzende Haus wird durch einige herabfallende Steinbrocken eindrucksvoll simuliert. Lena Brexendorff hat auf der Drehbühne, die einen schnellen Szenenwechsel zwischen den unterschiedlichen Handlungsorten ermöglicht, auf einer zweiten Ebene eine Autobahn errichtet, die auf der einen Seite in einer Art Rutsche hinabführt und mit einem laufenden Lichtstreifen das Gefühl vermittelt, dass die Blues Brothers mit dem Auto auf der Flucht sind. Der ausgemusterte Dodge Monaco der Mount Prospect Police, mit dem Elwood seinen Bruder aus dem Gefängnis abholt, wird in den entsprechenden Szenen immer wieder aus dem Orchestergraben emporgefahren. Die verfolgenden Polizeiwagen werden von den Darstellern mit Scheinwerfern in Brusthöhe und Blaulicht auf dem Kopf dargestellt.

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Die Blues Brothers Jake (Alexander Brugnara, links) und Elwood (Hannes Staffler, rechts) rocken mit ihrer Band den Saal.

Die Fahrt durch die Shopping Mall wird von den beiden Brüdern nur kommentiert. Wer den Film kennt - und das dürften nach den Reaktionen des Publikums fast alle sein -, dürfte die entsprechenden Bilder dabei vor dem geistigen Auge haben. Gleiches gilt für die Verfolgungsjagd zur Steuerbehörde. Hier weist Richard van Gemert als Cop seinen leicht vertrottelten Kollegen (Robert Schartel mit großartiger Komik) nur darauf hin, dass bei dieser Szene 61 Fahrzeuge zu Schrott gefahren worden sind, was der Kollege mit einem leicht dümmlichen "Geil" kommentiert. Am Ende werden sogar Solisten aus dem Schnürboden herabgelassen, um die Szene nachzustellen, in der die Armee das Gebäude der Steuerverwaltung stürmen will. Bei der Überblendung zu den beiden Blues Brothers, die während der Jagd unbeteiligt auf der Autobahn stehen, und dem Wechsel der Musik zu "The Girl of Ipanema" muss man ebenfalls die Bilder des Films im Kopf haben, um die Komik dieser Szene zu verstehen. Während nämlich vor dem Gebäude mit vorfahrendem Militär ein Ausnahmezustand herrscht, der von dramatischer Musik untermalt wird, fahren die beiden Brüder scheinbar tiefenentspannt zur ruhigen Fahrstuhlmusik in den elften Stock, um dort die Steuerschulden des Waisenhauses zu begleichen.

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"Shake a Tail Feather": Ray (David B. Whitley mit der Company)

Für die Produktion hat man eine Vielzahl von Gästen engagiert, die den Saal im wahrsten Sinne des Wortes rocken. Da ist zunächst einmal die achtköpfige Company zu nennen, die in zahlreiche Rollen schlüpft und dabei auch den kleinsten Figuren wie beispielsweise den recht einfach gestrickten Gästen in Bobs Country Bunker oder den vornehmen Besuchern des Gourmet-Restaurants stets eine besondere individuelle Note geben. Auch musikalisch punkten sie durch große Stimmen. David B. Whitley begeistert als charismatischer Reverend Cleophus mit einem mitreißenden Gospel, der Jake die Erleuchtung bringt, und rockt als Ray mit "Shake a Tail Feather" später den Saal. Diesen Song gibt es dann am Ende auch noch einmal als Zugabe. Stephen Shivers lässt als Curtis ebenfalls keine Wünsche offen. Seine Interpretation von "Minnie the Moocher", bei dem das Publikum begeistert mitgeht, ist ein weiterer musikalischer Höhepunkt des Abends. Hannes Staffler und Alexander Brugnara stellen für die beiden Blues Brothers eine Idealbesetzung dar. Beide können es mit der Coolness von Aykroyd und Belushi im Film aufnehmen und überzeugen stimmlich vor allem bei "Rawhide" in Bobs Country Bunker und natürlich beim legendären "Everybody Needs Somebody to Love". Die Blues Brothers Band sorgt unter der Leitung von Steffen Müller-Gabriel für einen rockigen Sound, der das Publikum mitreißt.

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"Think": Marilyn Bennett als Mrs. Murphy mit Alexander Brugnara (Jake Blues) und Noraleen Amhausend (Mitte hinten) und Gülfidan Söylemez (rechts)

Die Ensemble-Mitglieder des Theaters Hagen brauchen sich hinter den großartigen Gästen keineswegs zu verstecken. Marilyn Bennett erweist als Nonne, Mrs. Murphy und Claire wie immer eine großartige Bühnenpräsenz und mischt auch als Gospelsängerin bei Reverend Cleophus mit. Während im Film "Your Cheatin' Heart" in Bobs Country Bunker nur eingespielt wird, singt sie es live auf der Bühne und beweist, dass sie neben dem klassischen Fach auch den Country- und Western-Style beherrscht. Eine großartige Show liefert sie auch zu Aretha Franklins "Think" ab, wenn sie als Mrs. Murphy ihren Gatten (Christian Bindert) daran hindern will, sich erneut der Band anzuschließen. Maria Klier darf als Claire nicht nur versuchen, die Blues Brothers auf die verrücktesten Arten aus dem Leben zu befördern, sondern bekommt ebenfalls einige Songs zugeteilt, die im Film teilweise nur im Hintergrund laufen. So bekommt beispielsweise ihr "Boom Boom", das sie nach einem weiteren Anschlag auf die beiden Brüder ansetzt, eine ganz neue Nuance. Darstellerisch überzeugt sie durch großes komisches Talent. Gleiches gilt für Richard van Gemert, der besonders als Cop glänzt, der den Blues Brothers stets auf den Fersen ist. Bei der Verfolgung beweist er eine beachtliche Kondition. So gibt es am Ende frenetischen Beifall für alle Beteiligten und zwei Zugaben vor einem tobenden Haus, bevor die Zuschauer dann schließlich nach Hause geschickt werden.

FAZIT

Roland Hüve zeigt, dass die Blues Brothers auch auf der Theaterbühne funktionieren, und reißt mit einem großartigen Ensemble das Publikum mit. Es bleibt zu hoffen, dass die Produktion auch in die nächste Spielzeit übernommen werden kann. Ein Garant für ein volles Haus wäre das allemal.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Steffen Müller-Gabriel /
*Andrej Doynikov (Klavier)

Inszenierung
Roland Hüve

Choreographie
Andrea Danae Kingston

Bühne und Kostüme
Lena Brexendorff

Licht
Achim Köster

Dramaturgie
Maria Hilchenbach

 

Die Blues Brothers Band


Solisten

Elwood Blues
Hannes Staffler

Jake Blues
Alexander Brugnara

Carrie
Maria Klier

Nonne / Mrs. Murphy / Claire
Marilyn Bennett

Curtis
Stephen Shivers

Cleophus / Ray
David B. Whitley

Cop / Bob / Murph / Finanzbeamter
Richard van Gemert

Gefängnisbeamter / Cop /
Fabulous / Boss
Robert Schartel

Matt Guitar Murphy
Christian Bindert

Company
Noraleen Amhausend
Christian Bindert
Maurice Daniel Ernst
Alexandra Hoffmann
Linda Koprowski
Mathias Meffert
Emanuele Pazienza
Gülfidan Söylemez


Weitere Informationen
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Theater Hagen
(Homepage)




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