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Der Spielplatz auf dem DachVon Joachim Lange / Fotos © Brinkhoff/Mögenburg
Ein Haus in der Größe der Hamburgischen Staatsoper, mit diesem Orchester und einem Dirigenten wie Kent Nagano und solchen Protagonisten - da muss Die Frau ohne Schatten einfach ab und zu mal sein. Die Voraussetzungen und das Bedürfnis sind da, auch die Folgevorstellungen nach der Premiere ausverkauft. Der mal nicht in Dresden, sondern 1919 in Wien aufgeführte Opernbrocken des Gespanns Strauss und Hofmannsthal hat es in sich. Man braucht musikalische Voraussetzungen, doch auch dann läuft dieses Werk der Beiden nicht von selbst, weil es eben doch ein nicht ganz so genialer Wurf wie ihr Rosenkavalier geworden ist. Wenn man den Text mitliest, geht einem nicht das Herz auf; eher zieht es einem die Schuhe aus. Gespenstisch weiß - die Welt des Kaisers und seiner Frau
Musikalisch kann das dennoch einer von den schwelgerischen Strauss-Abenden werden, bei denen man sich nicht am Ornamentalen oder dem schnulzigen Kitsch stört, sondern das betont Weltentrückte ignoriert und das Hochamt des spätromantischen, selbstverliebten großen Strauss-Klangs, der im Graben zelebriert wird, einfach genießt. Und dafür bieten vor allem Kent Nagano und seine Musiker ihr Möglichstes. Und das ist ziemlich viel. Selbst mit Dresdner Maßstäben gemessen: Betörende Opulenz - mit samtigen Streichern, sängerfreundlichem Maßhalten, großem Erblühen. Zudem ist Roberto Sacca ist ein bewährter, sicher strahlender Kaiser und Emily Magee eine Kaiserin mit sicheren Bögen. Andrzej Dobber trägt souverän Baraks Bürde des unerschütterlich guten Menschen - mit anrührender sonorer Stimme. Wobei man sich gerade ihn akzentuierter gewünscht hätte. Während es Lise Lindstrom gelingt, die nervig hysterische Färberin mit den Ausbrüchen einer frustrierten Frau stimmlich und vor allem darstellerisch zu beglaubigen, um dann doch die jähe Wendung, hin zu ihm, zu vollziehen. Linda Watson schließlich ist als Amme weniger eine dämonische agile, als eine mehr machtvoll präsente Erscheinung. Unten bei Färbers ist es deutlich dunkler
Der scheinbar auf allen Bühnenhochzeiten gleichzeitig tanzende Regisseur Andreas Kriegenburg und sein Bühnenbildner Harald B. Thor blieben enttäuschend fad. Die Welt - etwa die der Entstehungszeit - gibt es bei ihnen genauso wenig wie ein fantastisch faszinierendes Märchen. Allenfalls verschiedene Welten. Zumindest Stockwerke. Oben die des Kaisers und der Kaiserin. Alle in ein wedelndes Weiß gewickelt, in dem sie aussehen wie eine Truppe ausgefranster Schlossgespenster. Auch der Geisterbote (Bogdan Baciu), der (weibliche) Hüter der Tempelschwelle (Gabriele Rossmanith) und der Damenchor sind von Andrea Schraad in diese alberne Mode von Kaisers gehüllt. Dagegen ist das Personal unten bei Barak und seiner Truppe durchweg auf Elendsfolklore geschminkt. Die Bühne wird beherrscht von einer Art Mikadowald aus 15 Stangen - die über die Ebenen gehen. Die sind mit einer Endlos-Wendeltreppe verbunden und werden per Hebebühne immer wieder hoch- und runtergefahren. Die Amme lässt die Verführungspuppen tanzen
Doch bei all dem Auf und Ab findet Kriegenburg nicht wirklich den Weg, der von der Märchenoberfläche dieses Opernmonstrums zum Subtext ins Reich der Traumata (der Kinderlosigkeit) führt. Obwohl mitunter Krankenhauspersonal mit Betten und Rollstühlen anrückt. Hier fällt denn auch die große Naturkatastrophe der Übermächte schlichtweg aus. Dafür spielen sie allesamt zwischendrin eine Runde Klapsmühle. Wobei ja - außer Barak - tatsächlich das gesamte Personal reif für eine Behandlung wäre. Auch die drohende Versteinerung des Kaisers wird so zur fortschreitenden Lähmung eines Patienten im Rollstuhl mit einer Art medizinischer Dornenkrone. Der Bote, die Amme und die Färberin
Am Ende bei dem in allem Kitsch ausgestellten und nicht mal ansatzweise kommentierten Lasset-die-Kinderlein-kommen-Finale wird das Obergeschoss dieses ungefähren Bühnenkonstruktes zu einem großen Friede-Freude-Eierkuchen-Spielplatz mit Bänkchen und Rosen für die künftigen Mustereltern, einem Küsschen zwischen den Frauen und Bällen für die lieben Kleinen. Die steckten nämlich hinter den Masken der "Menschen", die vorher als Bewegungschor schon ein paarmal die Szene beherrschten. Die realen Kinder im Uraufführungsjahr hatten diese fröhliche Überlebenschance nicht.
An der Hamburgischen Staatsoper steuern Kent Nagano und Andreas Kriegenburg mit der Frau ohne Schatten von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal in verschiedene Richtungen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Dramaturgie
Solisten
Der Kaiser
Die Kaiserin
Die Amme
Der Geisterbote
Ein Hüter der Schwelle des Tempels
Erscheinung des Jünglings
Die Stimme des Falken
Eine Stimme von oben
Barak
Sein Weib
Der Einäugige
Der Einarmige
Der Bucklige
Stimme der Wächter der Stadt I
Stimme der Wächter der Stadt II
Stimme der Wächter der Stadt III
Dienerin I
Dienerin III
Dienerin II
Kinderstimme I
Kinderstimme II
Kinderstimme III
Kinderstimme IV
Kinderstimme V
Stimme der Ungeborenen I
Stimme der Ungeborenen II
Stimme der Ungeborenen III
Stimme der Ungeborenen IV
Stimme der Ungeborenen V
Stimme der Ungeborenen VI
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