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Stationen eines Lebens
Von Thomas Molke / Fotos von Matthias Stutte 1996 kreierte Ballettdirektor Robert North für die Göteborger Oper ein Handlungsballett unter dem Titel Eva, in dem er die Lebensgeschichte einer Frau erzählt. Die Musik stellte der britische Komponist Howard Blake zusammen, der vor allem durch Filmmusiken Bekanntheit erlangte. Zu nennen sind hier beispielsweise der Song "Walking in the Air" aus dem Animationsfilm The Snowman, der in einer Bühnenversion jedes Jahr zu Weihnachten im Sadlers Wells Peacock Theatre in London läuft - übrigens in einer Choreographie von Robert North -, und die zusammen mit der britischen Rockband Queen komponierte Musik für den 1980 produzierten Film Flash Gordon. Nun hat North diesen Ballettabend für seine Compagnie am Gemeinschaftstheater Krefeld-Mönchengladbach gründlich revidiert und unter einem neuen Titel herausgebracht. Aus Eva wird nun eine Frau ohne Namen. Das Ensemble im Prolog In einem Prolog und zwei Akten wird nicht nur in anschaulichen Bildern die Lebensgeschichte dieser Frau, die als Namenlose für viele steht, erzählt, sondern der Abend setzt im Prolog noch vor der Geburt an. Musikalisch untermalt war diese Vorgeschichte ursprünglich mit Blakes kammermusikalischem Werk Sleepwalking für Streicher und eine Sopranstimme. Der musikalische Leiter des Abends, Alexander Steinitz, hat diesen Teil für ein komplettes Streichorchester erweitert. North beschreibt hier in abstrakten Bildern die Geburt eines Menschen. Vor einer blutroten Rückwand, auf der einzelne Kreise angedeutet sind, die vielleicht für den Kreislauf des Lebens stehen, sieht man die Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles in dunklen Kostümen. Zunächst tanzen die Männer und Frauen jeweils allein, bevor sie Paare bilden, was dann wohl für den Zeugungsakt steht. Am Ende bilden sie in der Mitte jeweils paarweise eine Reihe, durch die dann ein kleines Mädchen läuft. Die Frau ist geboren und die eigentliche Geschichte beginnt. In relativ kurzen Sequenzen wird nun das Heranwachsen dieser Frau gezeigt. Cecile Medour und Luca Ponti geben ein gefühlvoll sorgendes Ehepaar ab, das die Frau durch ihre Jugend begleitet. So lenken sie zunächst die Schritte des kleinen Mädchens (Felicitas Andreas), das dann hinter einer Stellwand verschwindet und als Jugendliche (Smilla Kaspers) wieder auftaucht. Nun trägt sie bereits das rote Kleid, das sie später als namenlose Frau von den anderen Tänzerinnen und Tänzern abheben wird und gleichzeitig auch die Farbe des Prologs wieder aufnimmt. Auch Kaspers verschwindet hinter der Stellwand, und nun tritt Elisa Rossignoli als erwachsene Frau auf. Hier kommt es nun zu den ersten Auseinandersetzungen mit den Eltern. Die Frau will ihr eigenes Leben führen und sich nicht mehr fremd bestimmen lassen. Sie lernt eine Freundin (Teresa Levrini) kennen und zwei junge Männer (Takashi Kondo und Giuseppe Lazzara), mit denen sie herumtollt. Die Liebe tritt erstmalig mit Raphael Peter in ihr Leben. Doch finden die beiden nicht zusammen, woran scheinbar auch ihre Eltern nicht ganz unschuldig sind. Die Frau (Elisa Rossignoli) mit ihrem ersten Ehemann (Alessandro Borghesani) Es kommt dann zur Begegnung mit ihrem zukünftigen ersten Ehemann (Alessandro Borghesani), der der Freundin und den beiden Freunden seltsam distanziert begegnet. Nach einem kurzen liebevollen Pas de deux kommen bereits die beiden Kinder (Felicitas Andreas und Smilla Kaspers), die ebenfalls im Zeitraffer heranwachsen und anschließend von Jessica Gillo und Paolo Franco dargestellt werden. Während die Kinder dann ihre eigenen Wege gehen, entfremdet sich das Paar, und die Frau muss feststellen, dass ihr Ehemann ein Verhältnis mit ihrer Freundin hat. Die Ehe geht in die Brüche, und die Frau verliert zunächst ihren Halt im Leben. Ein Metallring wird aus dem Schnürboden herabgelassen, der sie von ihrer Umwelt isoliert. Weder ihre Eltern noch ihre Kinder scheinen in dieser Zeit an sie heranzukommen. Dann trifft sie schließlich auf ihre Jugendliebe (Raphael Peter), und dieses Mal finden die beiden zusammen. Die Frau kann ihr Schicksal verarbeiten und avanciert zu einer erfolgreichen Autorin, die am Ende des ersten Aktes zahlreiche Bücher signiert. Musikalisch untermalt wird der erste Akt von den ersten beiden Sätzen aus Blakes Violinkonzert, wobei die Niederrheinischen Sinfoniker unter der Leitung von Alexander Steinitz einen eindringlichen Zugang zur Musik finden und Philipp Wenger und Holger Hockemeyer mit betörenden Soli für die Violine und Viola herausragen. Die Frau (Elisa Rossignoli) in einer Lebenskrise Nach der Pause steht die Frau an ihrem Lebensende. Die Maske hat hier ganze Arbeit geleistet und aus Rossignoli eine alte Frau gemacht, die in den Armen ihres Mannes stirbt. Nun folgt der Übergang in eine andere Welt. Victoria Hay tritt in einem hellblauen Kostüm mit weiten Ärmeln als Engel auf, um die Frau zu begleiten. Musikalisch werden nun Teile aus Blakes Oratorium Benedictus verwendet. Der Chor steht in gelb schimmernden engelhaften Kostümen auf einer Empore im Hintergrund und markiert den Übergang in ein wie auch immer geartetes Jenseits zunächst a cappella. In der Mitte des Chors tritt auch die Sopranistin Julia Danz wieder auf, die bereits im Prolog zu erleben war. Während Danz allerdings im Prolog nur glockenklare Laute von sich gegeben hat - vor dem Leben ist noch nicht einmal das Wort? -, singt sie nun mit strahlenden Höhen englische und lateinische Texte. North findet mit dem Ensemble bewegende Bilder, um die Frau auf einen Weg zu führen, den keiner von uns kennt. Alle Tänzer tragen nun ähnliche Kostüme wie der Engel in zarten Pastellfarben, um sie als Wesen aus einer anderen Sphäre zu markieren. Borghesani und Peter treten als Erinnerung an die beiden Ehemänner der Frau noch einmal auf, und auch die Freundin erscheint im "Engelskostüm". Und schließlich hat die Frau ihr altes Leben hinter sich gelassen. Nun steht sie im weißen Kostüm inmitten der Engel und ist bereit für eine neue Geschichte. Der Chor unter der Leitung von Maria Benyumova sorgt mit sakralem Klang für eine gelungene Umsetzung des zweiten Aktes. Udo Hesse entwirft ein abstraktes Bühnenbild, in dem die Geschichte gut nachvollziehbar erzählt wird. So gibt es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten FAZIT Robert North findet in seinem Handlungsballett bewegende Bilder, um die Lebensstationen einer Frau zu beschreiben, die namenlos für viele stehen kann.
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ProduktionsteamMusikalische Leitung
Choreographie
Bühne und Kostüme Choreinstudierung
Dramaturgie
Chor Niederrheinische Sinfoniker Solo-Violine Solo-Viola
Tänzerinnen und Tänzer*Premierenbesetzung Eine Frau Ihre Eltern Ihre Freundin Erster Ehemann Zweiter Ehemann Eine Frau als Kind Ihre Kinder Freunde Engel Damen Herren Sopran-Solo
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