Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



The Rocky Horror Show

Musical in zwei Akten
Book, Music and Lyrics: Richard O'Brien
Deutsche Fassung von Frank Thannhäuser und Iris Schumacher

In englischer Sprache (Songs) und in deutscher Sprache (Dialoge)

Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (eine Pause)

Übernahme-Produktion des Saarländischen Staatstheaters

Premiere im Opernhaus Wuppertal am 17. Februar 2017


Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Weihrauch, Sex und Rock 'n Roll


Von Thomas Molke / Fotos: © Jens Grossmann

Nachdem der neue Intendant der Wuppertaler Oper, Berthold Schneider, in seiner ersten Spielzeit an der Wupper dem Publikum mit der Video-Oper Three Tales von Steve Reich, Prokofjews Die Liebe zu den drei Orangen und der Teiluraufführung von Helmut Oehrings AscheMond oder The Fairy Queen bisher nicht gerade Mainstream geboten hat, steht nun mit Richard O'Briens Rocky Horror Show ein Musical auf dem Spielplan, das mittlerweile Kultstatus besitzt und durch eine große Fangemeinde fast überall, wo es gespielt wird, für ausverkaufte Vorstellungen sorgt. Damit tritt Schneider erneut den Beweis an, dass er auf eine vielfältige Spielplangestaltung setzt. Dass es sich dabei um eine Übernahme-Produktion des Saarländischen Staatstheaters handelt, die dort im Oktober 2015 eine umjubelte Premiere feierte, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass man bemüht ist, mit knappen finanziellen Mitteln ein hochwertiges Programm zu bieten, zumal Saarbrücken auch weit genug entfernt ist, so dass der größte Teil des hiesigen Publikums die Produktion dort sicherlich nicht gesehen hat. Und wenn man ein so großer Fan ist, dass man aus dem Bergischen Land bis nach Saarbrücken angereist ist, dann ist man zumindest auf die neue Besetzung in Wuppertal gespannt.

Bild zum Vergrößern

"Let's do the Time Warp again": von links: Magenta (Anke Fiedler), Riff-Raff (Mark-Bowman-Hester) und Columbia (Mariyama Ebel)

Natürlich gibt es auch in Wuppertal vor Beginn der Vorstellung eine Tüte für 4 Euro zu erwerben, in der eine kleine Wasserpistole, ein Beutel Reis, Konfetti, eine Toilettenpapierrolle, ein Bierdeckel mit einem aufgedruckten Toast, einem Knicklicht und das Programmheft als Zeitung, aus der man sich dann einen Hut zum Schutz vor dem Regen basteln kann, als Kult-Utensilien enthalten sind. Des Weiteren gibt es noch für Unkundige einen Zettel mit Hinweisen dazu, wann die einzelnen Sachen in die Show einzubringen sind und was es sonst noch an Mitmachaktionen gibt. Das funktioniert im Großen und Ganzen dann ganz gut, auch wenn es bei den Einwürfen von "Sht" bei jeder Erwähnung von Eddie oder dem "Uh!" bei Dr. Scott noch leichte Koordinationsschwierigkeiten beim Premierenpublikum gibt, und bei Janet eigentlich nur das "Ss" gezischelt wird, wenn auch ihr Nachname "Weiss" genannt wird. Beim legendären "Time Warp" wird natürlich im Parkett und in den Rängen mitgetanzt, und laut und heftig sind auch die "Boring"- und "Langweilig"-Rufe beim Erzähler. Doch Simon Stricker lässt sich mit blonder Lockenmähne à la Thomas Gottschalk davon nicht aus dem Konzept bringen und schafft es sogar, seine Geschichte noch einigermaßen verständlich gegen das lärmende Publikum vorzutragen.

Bild zum Vergrößern

Noch ist die Welt von Brad Majors (Dustin Smailes) und Janet Weiss (Johanna Spantzel) in Ordnung.

Das Regie-Team um Sebastian Welker verlegt die Handlung in die Kirche in Denton, in der die Geschichte mit der Hochzeit von Betty Munroe und Ralf Hapshatt beginnt. Wie in der legendären Verfilmung von 1975 sind Magenta und Riff-Raff in Verkleidung bereits hier anwesend, allerdings anders als im Film als Nonne und als Mönch. Frank N'Furter ist der Priester, der das Ehepaar zu Beginn des Stückes traut, auch wenn man ihn da in weißem Talar nur von hinten sieht. Natürlich dürfen hierbei sexuelle Anspielungen nicht fehlen, und so grapscht der Priester dem Ministranten immer wieder an den Hintern. Anke Fiedler, die die Partie der Magenta auch in Saarbrücken schon interpretiert hat, tritt als Nonne kostümiert auf die Kanzel und trägt den Prolog vor, der szenisch eigentlich schwer in das Stück zu integrieren ist, da er inhaltlich in keinem Zusammenhang zum weiteren Handlungsverlauf steht und die heutigen Zuschauer mit den erwähnten Filmen oder Schauspielern auch kaum noch etwas verbinden. Hilfreich ist daher, dass im Programmheft nicht nur der Liedtext abgedruckt ist, sondern auch in einer Glosse unter dem Titel "DVD-Tipps" die einzelnen Filme mit einer kurzen Inhaltsangabe erklärt werden. Welker nutzt in seiner Inszenierung das Lied lediglich für die Hochzeit.

Im Anschluss treten dann Brad Majors und Janet Weiss auf. Janet hat den Brautstrauß zwar nicht gefangen, hebt ihn aber vom Fußboden auf, was Brad dazu veranlasst, ihr sofort einen Heiratsantrag zu machen. Dustin Smailes, der als Brad ebenfalls bereits in Saarbrücken zu erleben war, begeistert als wunderbar spießiger Brad mit hervorragenden Slapstickeinlagen, wenn er während des Songs "Damn It, Janet" auch noch den Ring verliert. Johanna Spantzel beweist als verklemmte Janet Weiss ebenfalls großartiges komödiantisches Talent. Die Autofahrt zu Dr. Everett Scott, dem die beiden von ihrer geplanten Hochzeit erzählen wollen, wird dann auf eine Leinwand projiziert. Währenddessen können sich die Zuschauer dann auch mit den Wasserpistolen vergnügen und mit den Programmzeitungen vor den Wasserspritzern aus allen Richtungen schützen. Kurz vor der Panne sieht man dann das Auto auf die Bühne fahren. Der Unfall wird dann von Riff-Raff verursacht, der sich vor das Auto wirft. Und nun scheinen sie statt in einem Schloss bei einer Art Sekte angekommen zu sein. Magenta und Columbia streifen zum "Time Warp" ihre Nonnenkostüme ab, und präsentieren sich fortan wie die Statisterie und das Bewegungsensemble der Wuppertaler Bühnen im schrillen Outfit.

Bild zum Vergrößern

Frank N'Furter (Andreas Wolfram) als "Sweet Transvestite"

Andreas Wolfram hat dann einen großartigen Auftritt als Frank N'Furter zu "Sweet Transvestite". Zunächst erscheint er in der weißen Priesterrobe, unter der er dann glitzernde Strapse präsentiert. Wolfram punktet nicht nur stimmlich als charismatischer Frank N'Furter, sondern legt die Figur auch darstellerisch lasziv und verführerisch an. So ist das im weiteren Verlauf des Stücks als Prospekt heruntergelassene Bild der Schlange, die Adam (Brad) und Eva (Janet) verführt, absolut treffend. Die Verführungsszene wird dabei nicht, wie so oft, als Schattenspiel inszeniert. Die getrennten Schlafzimmer von Brad und Janet befinden sich dabei auf zwei Balkonen auf der rechten und linken Bühnenseite. Frank N'Furter nähert sich den beiden zunächst hinter einem weißen Vorhang, bevor man ihn dann deutlich im Liebesspiel mit Brad beziehungsweise Janet auf dem Balkon sehen kann. Christian Schöne ist als erschaffener Rocky ein absoluter Hingucker, der sich vor allem durch ein riesiges unter seinem knappen Lendenschurz bedecktes Geschlechtsteil auszeichnet, das Frank vor allen anderen mit einem Keuschheitsschloss zu schützen versucht. Doch Janet ist letztendlich diejenige, die vom Erzähler den Schlüssel erhält und sich selbst und Rocky dadurch sexuell befreit. Für das wilde Liebesspiel wählen die beiden einen Beichtstuhl in der Kirche.

Bild zum Vergrößern

Makabre Geburtstagsfeier: am Tisch von links: Columbia (Mariyama Ebel), Dr. Everett Scott (Sebastian Campione), Frank N'Furter (Andreas Wolfram), Rocky (Christian Schöne), Brad (Dustin Smailes) und Janet (Johanna Spantzel), hinter dem Tisch von links: Riff-Raff (Mark Bowman-Hester), Erzähler (Simon Stricker) und Magenta (Anke Fiedler)

Im Gegensatz zu den sexuellen Anspielungen kommen die Horror-Elemente ein bisschen kurz. Eddy Ebeling hat zwar als Eddie einen grandiosen Auftritt als Elvis-Verschnitt, wobei seine rechte Kopfhälfte deutlich zeigt, dass ihm ein Teil seines Gehirns zur Erschaffung von Rocky entnommen worden ist, und auch die mit ihm auftretenden Zombies verbreiten eine gruselige Atmosphäre, aber Eddies Ermordung durch Frank bleibt dann doch eher blass. Auf die Kettensäge oder das Beil wird hierbei verzichtet, und lediglich ein paar Blutspritzer auf Franks Kittel deuten an, dass er Eddie getötet hat. Bei Rockys Geburtstagsfeier im zweiten Akt finden unter dem Tisch derartig viele Blowjobs statt, dass fast übersehen wird, dass Eddie hier als Mahlzeit aufgetischt wird. Aber auch diese kleinen Kritikpunkte mindern den Spaß und die allgemeine Begeisterung an diesem Abend nicht. Mariyama Ebel glänzt als Columbia mit rockiger Stimme und steppt mit Spantzel nach Janets sexueller Befreiung um die Wette. Die beiden Ensemble-Mitglieder Sebastian Campione und Mark Bowman-Hester stellen als Dr. Everett Scott mit genüsslich rollendem "Rr" und als unheimlicher Riff-Raff ihr vielseitiges Talent unter Beweis. So gibt es am Ende frenetischen Jubel und den "Time Warp" zweimal als Zugabe, bevor das Publikum gut gelaunt den Saal verlässt.

FAZIT

Diese Inszenierung rockt den Saal. Fans des Kultmusicals sollten sich die Aufführung in Wuppertal nicht entgehen lassen.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Heribert Feckler

Inszenierung
Sebastian Welker

Bühne
Stephan Prattes

Kostüme
Susanne Hubrich

Choreographie
Amy Share-Kissiov

 

United Rock Orchestra

Statisterie und Bewegungsensemble
der Wuppertaler Bühnen


Solisten

*Premierenbesetzung

Frank N'Furter
*Andreas Wolfram /
John Davies

Riff-Raff
Mark Bowman-Hester

Brad Majors
Dustin Smailes

Janet Weiss
Johanna Spantzel

Eddie
Eddy Ebeling

Rocky
Christian Schöne

Magenta
Kerstin Brix /
*Anke Fiedler

Columbia
*Mariyama Ebel /
Sue Lehmann

Dr. Everett Scott
*Sebastian Campione /
Aldo Tiziani

Erzähler
Simon Stricker

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Musiktheater-Startseite E-mail Impressum

© 2017 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -