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Musiktheater
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Elisabetta, Regina d'Inghilterra

Dramma per musica in zwei Akten (1815)
Libretto von Giovanni Federico Schmidt nach dem Schauspiel Il paggio di Leicester (1813) von Carlo Federici
Musik von Gioachino Rossini


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere am 17. März 2017, Theater an der Wien
(rezensierte Vorstellung: 28. März 2017)

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Theater an der Wien
(Homepage)

Mit dem Rücken zur Wand

Von Joachim Lange / Fotos: © Herwig Prammer

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In der Staatsrobe, aber allein: Königin Elisabeth

Wie man notfalls auch mit zwei Grundeinfällen durch eine Inszenierung kommt, und dabei dennoch den Kern des Stückes trifft, ja die etwas magere Substanz abendfüllend aufpoliert, das haben Amélie Niermeyer (Regie), Alexander Müller-Elmau (Bühne) und Kirsten Dephoff (Kostüme) gerade im Theater an der Wien mit Gioacchino Rossinis Elisabetta durchexerziert. Ja, es ist die Elisabeth mit Shakespeare, dem Weltreich und dem reichen cineastischen Nachleben. Und die Regisseurin war durch eine Inszenierung von Schillers Maria Stuart mit der Figur der Elisabeth I. ebenso vertraut wie durch ihre Inszenierung von Donizettis Favoritin in München mit dem Belcanto.

Vergrößerung Die Zeichen an der Wand sprechen von Denunziation: Elisabetta (links) und Matilde

Die eine Idee ist eine Bühne, die von einer gülden schimmernden, sehr flexiblen, alle Räume im Handumdrehen schaffenden Wand dominiert wird. Mit dem Rücken zu Wand und im goldenen Käfig, das ist das verdeutlichende Bild, noch bevor ein Ton erklingt oder eine Intrige zur Sprache gekommen ist. Verstärkt wird das durch die zweite Idee: Jene erkennbaren Staatsroben, in denen Elisabeth sich - zumindest in den Augen der Nachwelt - ihren Zeitgenossen präsentiert hat. Die sind wirklich prächtig geraten und offensichtlich mit einem fahrbaren Untersatz versehen, so dass sich die Königin in vornehmer Haltung bewegen kann, wenn es sein muss. Für den Teil „privat“ und „Liebschaften ihres Lebens“ steigt sie aus diesem Korsett einfach aus. Wobei sie die Balance zwischen ihrer offiziellen Existenz und ihrem Privatleben erst nach und nach wirklich in den Griff bekommt. Zugunsten der königlichen Seite, versteht sich.

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Von der Intrige betroffen suchen (von links) Matilde, Enrico und Leicester genseitig Trost.

Als Königin verkörpert Alexandra Deshorties darstellerisch und stimmlich souverän die Zerrissenheit dieser Frau. Sie beeindruckt mit Emotion und Koloratur. Norman Reinhardt als Objekt königlicher Begierde Leicester und Ilse Eerens als dessen verheimlichte Frau Matilde werden vom schmierigen Intriganten Norfolc (Barry Banks) für die Königin ans Licht gezerrt. Dass die Rivalin der Königin auch noch eine Tochter ihrer ehemaligen schottischen Erzfeindin Mary ist, begünstigt die absurde Hoffnung des Fieslings, die nach der Beseitigung von Leicester frei werdende Stelle im Herzen, an der Seite (und im Bett) der Königin einnehmen zu können. Wie das Leben so spielt, fährt hier also ausgerechnet die mächtigste Frau im Staate, die scheinbar jeden haben könnte, auf genau den Falschen ab. Und muss sich dann selbst besiegen, damit der überleben kann. Diese übersichtliche Story wird im gegebenen Rahmen klar erzählt und aus dem Graben durch das Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi mit vor allem dramatischer Verve unterstützt.

Vergrößerung Ob sie will oder nicht: Königin ist Königin.

Musikalisch bietet der Abend einen Einblick in Rossinis Werkstatt. Dass zwei Monate für so ein Werk für ihn schon lange waren, muss jedem Berufsgenossen des Italieners heute ein Graus sein. Dass er so ein populäres Schmuckstück wie die Ouvertüre zu Il barbiere di Siviglia dabei für die historische Tragödie verwendete, freilich auch. Diese Ouvertüre verwendete er das erste Mal bereits 1813 für Aureliano in Palmira in Mailand, dann 1815 in Neapel, bis sie schließlich 1816 vor dem Barbier landete, wo sie für heutige Ohren hingehört. Für seine Elisabetta bediente sich Rossini aber auch noch bei seinem Ciro in Babilonia (Ferrara 1812) und Sigismondo (Venedig 1814). Nur mit der sprudelnden Kreativität des Komponisten ist sein Tempo also nicht zu erklären. Diese Art von barockem Selbst-Recycling fällt auf - man glaubt das unbekannte, selten gespielte Werk längst zu kennen. Ein Rossini-Effekt, der diesem Abend durchaus Würze gibt.


FAZIT

Das Theater an der Wien hat einen musikalisch reizvollen, heute weniger bekannten Rossini auf die Bühne gebracht und dabei in einem szenisch geschickt genutzten opulenten Rahmen zurecht auf dessen musikalische Qualitäten gesetzt.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jean-Christophe Spinosi

Inszenierung
Amélie Niermeyer

Bühne
Alexander Müller-Elmau

Kostüme
Kirsten Dephoff

Licht
Gerrit Jurda

Choreographie
Thomas Wilhelm

Chor
Erwin Ortner

Dramaturgie
Christian Carlstedt


Arnold Schoenberg Chor

Ensemble Matheus


Solisten

Elisabetta
Alexandra Deshorties

Leicester
Norman Reinhardt

Norfolc
Barry Banks

Matilde
Ilse Eerens

Enrico
Natalia Kawalek

Guglielmo
Erik Årman


Weitere Informationen

Theater an der Wien
(Homepage)





Da capo al Fine

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