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Pelléas et Mélisande

Lyrisches Drama in fünf Akten und 13 Tableaus
Text nach dem gleichnamigen Drama von Maurice Maeterlinck


In französischer Sprache mit flämischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 10' (keine Pause)

Koproduktion mit Les Théâtres de la Ville de Luxembourg, L'Opéra national du Rhin Strasbourg, GöteborgsOperan und Grand Théâtre de Genève
Premiere an der Vlaamse Opera in Antwerpen am 2. Februar 2018


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Vlaamse Opera
(Homepage)
Der Klang, der Raum, die Bewegung

Von Roberto Becker / Fotos © Opera Vlaanderen / Rahi Rezvani


Mit Christoph Waltz als Regisseur von Verdis Falstaff hatte die Flämische Oper in Antwerpen kürzlich vor allem einen Aufmerksamkeits-Bonus auf ihrer Seite. Der galt freilich mehr dem Schauspieler-Star, als dem Ergebnis von dessen zweiter Opernregie-Bemühung (nach seinem Rosenkavalier ebenfalls an der Flämischen Oper). Bei der jüngsten Premiere von Claude Debussy Pelléas et Mélisande funkelt wieder die Prominenz der Macher-Namen. Doch diesmal ist das auch beim Resultat der Fall.

Vergrößerung in neuem Fenster Melisande vor Riesenkristall

Der bald nach Genf wechselnde Intendant Aviel Cahn hat nämlich für diese Produktion nicht nur Kooperationspartner vom Les Théâtres de la Ville de Luxembourg über die L'Opéra national du Rhin Strasbourg, bis zur GöteborgsOperan und dem Grand Théâtre de Genève mit ins Boot geholt. Er hat auch den belgischen Starchoreographen mit marokkanischen Wurzeln Sidi Larbi Cherkaoui, die international renommierte Performance-Koryphäe Marina Abramovi? und die in Belgien ziemlich prominente Modeschöpferin Iris van Herpen zur Oper ver- und zusammengeführt. An der Seite von Cherkaoui ist für Regie und Choreographie Damien Jalet mit von der Partie. Und zum Konzept und der Raumgestaltung von Marina Abramovi? lieferte der Videokünstler Marco Brasilia einen wesentlichen Beitrag. Denn sowohl der Blick in die Unendlichkeit, samt einem faszinierenden Spiel der Planeten, als auch der gleichsam nach Innen gerichtete ist ohne die Videos gar nicht vorstellbar, die auf der Riesenscheibe, die sich von Zeit zu Zeit aus dem Schnürboden herabsenkt, zu sehen sind und ihre Magie entfalten.

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Pelles und Melisande am Brunnen - oder im Auge der Unendlichkeit?

So gibt es in Antwerpen diesmal keine neuerliche Variante einer Art psychologisierender Familienaufstellung, sondern ein Gesamtkunstwerk, das nicht im Museum (nach) zu entsorgen wäre. (Es gibt ja reichlich Beispiele, bei denen bildende Künstler die Opernbühne eher als Präsentationsform ihrer Werke betrachten und sich nicht wirklich auf das Werk einlassen oder einlassen können.)

In Antwerpen spielt Alles nicht im und um das Schloss Allemonde, sondern - Symbolismus auf die Spitze getrieben (!) - in einem eigenen Universum. Geometrische Formen dominieren. Ein Reifen könnte der Brunnen sein. Ein Gespinst von Fäden verbindet die Figuren und imaginiert die Haare von Mélisande. Immer wieder tauchen riesige, unregelmäßige, aber doch phallische, von innen leuchtende Kristalle auf. All das schafft eine ganz eigene atmosphärische Raum-Aura, in der sich dann die Tänzer bewegen. Dass sich gerade Abramovi? hier einordnet und zurücknimmt, ist eine der bemerkenswertesten Eigenheiten dieser Produktion.

Vergrößerung in neuem Fenster Wenn Melisande ihr Netz auswirft ...

Die andere: Die Virtuosität, mit der die Choreographie Bewegung aus Musik ableitet. Man sieht allemal, was man hört. Vor allem den Strom der Musik, den Wechsel der Stimmung. Aber sie stehen auch in einer emotionalen Korrespondenz zu den Figuren. Mal verheddern sie sich geradezu in den irisierenden Seilen, dann sind sie wieder mit durchsichtig schwarzen Tüchern umhüllt. Insbesondere wenn Golauds Eifersucht auf seinen Halbbruder wächst und sich in Ausbrüchen entlädt, wird das durch die Tänzer, die seine Bewegungen nachahmen und vervielfältigen, zu machtvollen Bildern. Dabei ist ihre Körperlichkeit mit metallischen Rüstungs-Versatzstücken verfremdet.

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Pelleas und seine Gedanken?

Symbolistisch assoziativ ist vor allem das Kostüm für Mélisande geraten. Raffiniert kreiert - mit Lasertechnik hergestellt. Nicht ganz von dieser Welt eben, was Mari Eriksmoen mit Stimme und Gestalt beglaubigt. Dezent im Äußeren, prägnant im Vokalen unterscheidet sich der Pelléas des strahlend hellen Jacques Imbrallo vom kraftvollen Leigh Melrose, der seine Erfahrung als Golaud ausspielt. Mit etwas knisternder Alterswürde steuert Matthew Best den alten Arkel bei, in ihrer dezent eleganten Robe ist Susan Maclean die Geneviève. In dieser Traumatmosphäre bleiben sie eher wie Schatten.

Die Traumwelt spitzt sich geradezu dramatisch zu, wenn Golaud seinen Sohn Yniold (Anat Edri) das von ihm vermutete Liebespaar ausspionieren lässt und dem die Nachfragen seines Vaters immer unbehaglicher werden. Was der Junge sieht, sehen wir in der Öffnung im Hintergrund verzerrt wie durch einen Spion in der Tür. Wenn Mélisande dann auf einem der Kristalle aufgebahrt wird und die ihr auffallend ähnlich sehende Tochter zu ihren Füßen kniet, dann driftet die Traumwelt zwar immer mehr in eine Handlungsnacherzählung. Aber die Wirkung dieses Faszinosum lässt dennoch nicht nach. Dafür sorgen nicht zuletzt der Pultgast Alejo Pérez und das Sinfonieorchesters der Flämischen Oper. Denn auch das, was aus dem Graben aufglüht und blüht, sich gegen Wagnersche Übermacht wehrt und doch ihr zuneigt, vollendet das Gesamtkunstwerk.


FAZIT

An der Flämischen Oper in Antwerpen machen vor allem Sidi Larbi Cherkaoui und Marina Abramovi? aus Claude Debussys Meisterwerk ein Gesamtkunstwerk der besonderen Art. Bei diesem Team ist das Visuelle natürlich dominant. Aber es gelingt allen Beteiligten, mit der Ausgewogenheit ihrer Beiträge zu faszinieren.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alejo Pérez

Regie und Choreographie
Sidi Larbi Cherkaoui
Damien Jalet

Bühne und Konzept
Marina Abramovič

Kostüme
Iris van Herpen

Licht
Urs Schönebaum

Chor
Jan Schweiger

Dramaturgie
Koen Bollen



Chor und Orchester der
Opera Vlaanderen


Solisten

Mélisande
Mari Eriksmoen

Pelléas
Jacques Imbrailo

Golaud
Leigh Melrose

Arkel
Matthew Best

Geneviève
Susan Maclean

Yniold
Anat Edri

le Docteur, le Berger
Markus Suihkonen

Tänzer
Shawn Ahern
Matt Foley
Jason Kittelberger
Joseph Kudra
Morgan Lugo
Robbie Moore
Oscar Ramos
Jonas Vandekerckhove



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Vlaamse Opera



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