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Frau Luna

Revue-Operette in zwei Akten
Text von Heinrich Bolten-Baeckers
Musik von
Paul Lincke

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 50' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Dortmund am 13. Januar 2018
(rezensierte Aufführung: 26.01.2018)




Theater Dortmund
(Homepage)
Magische Mondrevue

Von Thomas Molke / Fotos von Björn Hickmann (Stage Picture)

Nachdem bereits im Theater Hagen seit Dezember Paul Linckes wohl bekannteste Operette Frau Luna auf den Spielplan steht (siehe auch unsere Rezension), kommt nun auch gut einen Monat später im benachbarten Dortmund eine Neuproduktion von Linckes "Meisterstück" heraus, dessen berühmter Marsch "Das macht die Berliner Luft, Luft, Luft" nicht nur zur inoffiziellen Hymne der Stadt Berlin avancierte und heute traditionell am Ende des Saisonabschlusskonzertes der Berliner Philharmoniker gespielt wird, sondern das auch mit weiteren zahlreichen Ohrwürmern gespickt ist, die zum Mitsummen einladen. Während jedoch Holger Potocki in Hagen die dünne Story um den Mechaniker Fritz Steppke, der in einem selbstgebauten Ballon mit seinen Freunden Lämmermeier und Pannecke zum Mond fliegt und dort eine intergalaktische Mondrevue erlebt, bis ihn seine Verlobte Marie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt, mit modernen Regie-Einfällen zu einem futuristischen Space-Abenteuer mit Anspielung auf zahlreiche Science-Fiction-Filme umwandelt, vertraut das Regie-Team um Erik Petersen ganz auf den Revue-Charakter des Stückes und lässt mit einer opulenten, fantasievollen Ausstattung das Herz eines jeden Operetten-Nostalgikers höher schlagen. Wie es sich für eine ordentliche Revue gehört, werden weitere Lieder aus anderen Lincke-Operetten eingefügt. Das hatte Lincke bei der Überarbeitung seiner Operette 1922 für das Apollo-Theater übrigens selbst auch schon gemacht. Bei der Uraufführung am 1. Mai 1899 bestand das Werk nämlich lediglich aus einem Akt mit vier Bildern, und erst der riesige Erfolg mit über 600 ausverkauften Folgevorstellungen führte dazu, dass Lincke das Stück auf zwei Akte in elf Bildern erweiterte und dabei auf andere Werke wie beispielsweise die Ausstattungsburleske Berliner Luft zurückgriff, aus der nicht nur der gleichnamige Marsch sondern auch das berühmte Duett "Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe" stammen.

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Fritz Steppke (Bonko Karadjov, vorne Mitte) hebt mit seinen Freunden Lämmermeier (Morgan Moody, links) und Pannecke (Marvin Zobel, rechts) ab.

Statt eines Vorhangs sieht man zu Beginn eine riesige graue Häuserreihe auf der Bühne, die an das Berlin der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert. Hier wohnt Fritz Steppke zur Untermiete bei der resoluten Frau Pusebach, die seinen Freund, den Steuerbeamten Pannecke, herumkommandiert und überwacht, damit ihr nicht noch einmal ein "Missgeschick" wie mit dem ominösen Theophil passiert, der sie im Tiergarten verführt hat. Steppke bastelt auf dem Dachboden an seinem Gefährt, mit dem er in die Luft emporsteigen will, was der Pusebach genauso ein Dorn im Auge ist wie seine Liebe zu ihrer Nichte Marie. Als Steppke dann, kurz bevor die Pusebach ihn rausschmeißen will, der Abflug gelingt, gesellen sich nicht nur seine Freunde Lämmermeier und Pannecke zu ihm, sondern auch die Pusebach ist Pannecke auf den Versen und hängt sich an ein Seil, das von dem fliegenden Gefährt herabhängt. In einer Videoprojektion, die in der Optik an die Stummfilm-Ära erinnert, steigen die drei Freunde nun in die Lüfte empor, während die Pusebach zunächst wie Tippi Hedren in Hitchcocks The Birds einen Kampf gegen angreifende Vögel führt, bevor sie herabzufallen droht, sich aber mit einem Fuß im Seil verheddert und den weiteren Flug zum Mond nun kopfüber zurücklegt. Der Mond, auf dem die Freunde anschließend landen, entspricht einer intergalaktischen Show-Bühne, die von Tatjana Ivschina opulent mit leuchtenden Showtreppen ausgestattet ist. Die glitzernden Kostüme der Bewohner heben sich in der fantasievollen Gestaltung wunderbar von den bodenständigen Kostümen der Berliner ab. Witzig ist der Einfall, die Pusebach und Frau Lunas Zofe Stella jeweils in dem gleichen Kostüm mit ähnlicher Frisur auszustatten. So wird deutlich, wieso sich Theophil, der auf dem Mond mit Stella verbandelt ist, bei seinem Ausflug auf die Erde zur Pusebach hingezogen fühlte.

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Grandioser Auftritt von Frau Luna (Emily Newton, Mitte, mit Petra Idelberger und Petra Tobies)

Aber auch die Party, die auf dem Mond nach Ankunft der Berliner Besucher gefeiert wird, macht dem Revue-Charakter des Stückes alle Ehren und lässt über die kaum vorhandene Story hinwegsehen. So gibt es nach der Pause einen mondänen Auftritt der Planeten, in deren Kostüme kleine Monde wie auf einer Umlaufbahn eingearbeitet sind. Pluto wird leider wieder ausgeladen, da er ja nicht mehr zu den Planeten zählt. Die Mondgrazien erscheinen in leuchtenden weißen Röcken, die mit zahlreichen Lämpchen wie ein Christbaum strahlen. Aus dem Schnürboden seilen sich an weißen Tüchern zwei Artistinnen (Petra Idelberger und Petra Tobies) herab, die nicht nur mit atemberaubender Akrobatik an den Tüchern beeindrucken, sondern auch noch Frau Luna in diese Choreographie einbeziehen. Was Emily Newton in der Titelpartie, nachdem sie in einer Gondel aus dem Schnürboden herabgefahren worden ist, in ihrem glitzernden Kostüm an diesen Tüchern für akrobatische Leistungen vollbringt, während sie ihr berühmtes Auftrittslied "Lasst den Kopf nicht hängen" zum Besten gibt, ist unglaublich. Newton singt sogar mit dem Kopf nach unten, während sie von den beiden Mondgrazien an den Beinen in der Luft gehalten wird, um dann kurz darauf in eine gelungene Steppchoreographie mit Theophil überzugehen. Dabei besticht sie stimmlich durch klangschönen Sopran und gibt sich darstellerisch sehr verführerisch, so dass gut nachvollziehbar wird, dass Steppke sich von dieser mondänen Frau angezogen fühlt. Aber sein Mariechen in Berlin kann er trotzdem nicht vollständig vergessen. Petersen hat dafür die Rolle der Marie gewissermaßen gedoppelt und lässt Julia Amos auch als Mondgroom auftreten, der als Theophils Assistentin auf dem Mond fungiert. Für den Mondgroom ist dann auch noch das berühmte Lied "Glühwürmchen" aus Linckes Operette Lysistrata eingefügt worden. Leider ist Amos an diesem Abend stimmlich indisponiert, so dass sie die beiden Partien nur spielen kann. Für den Gesang hat man Susanne Seefing vom Theater Krefeld-Mönchengladbach verpflichten können, die von der Seite die beiden Rollen einsingt. Da die Solisten mit Mikrofonen verstärkt werden und Amos bei den Liedern die Lippen bewegt, fällt dies kaum auf.

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"Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe": Stella (Ileana Mateescu) und Theophil (Dirk Weiler)

Als verschmähter Prinz Sternschnuppe, dessen Werben um Frau Luna vergeblich ist, glänzt Kammersänger Hannes Brock. Auch ihm wird noch ein weiterer Song gewährt. So darf er, wenn er über die erneute Zurückweisung seine Wunden leckt, das leicht melancholische Lied "Es war einmal" aus Linckes Im Reiche des Indra präsentieren, für das er sich bereits in der Operetten-Revue Die ganze Welt ist himmelblau vor vier Spielzeiten einsetzte. Brock meistert die Partie mit weichem Tenor. Dirk Weiler gibt den Haushofmeister Theophil als jovialen Showmaster und begeistert in den Steppeinlagen, die er selbst choreographiert hat. Ileana Mateescu legt seine Geliebte Stella wunderbar zickig an und begeistert stimmlich mit warmem Mezzo in dem berühmten Duett "Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe" mit Weiler. Johanna Schoppa ist am Theater Dortmund prädestiniert für "schräge" Operettenrollen. Eine andere Frau Pusebach wäre folglich am Haus gar nicht denkbar. Mit der ihr ganz eigenen Komik arbeitet sie den Humor dieser dominanten Berlinerin großartig heraus. Ihre Interpretation des Orhwurms "O Theophil" setzt sie mit einer enormen stimmlichen Bandbreite an. Während sie die erste Strophe mit dunkel gefärbtem Mezzosopran vorträgt, rutscht sie beim Verlust des geliebten Theophil stimmlich immer tiefer in den Keller, um ihre Verzweiflung deutlich zu machen. Da verwundert es nicht, dass sie über Pannecke wacht wie ein Schießhund.

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Prinz Sternschnuppe (Ks. Hannes Brock) wird von den Frauen umschwärmt.

Die drei Berliner Freunde werden von Bonko Karadjov als Fritz Steppke, Morgan Moody als Lämmermeier und Marvin Zobel als Pannecke ebenfalls überzeugend präsentiert. Zobel legt den Steuerbeamten ein bisschen trottelig und ängstlich an. So nimmt man ihm jederzeit ab, dass er bei der Pusebach unter dem Pantoffel steht. Ein witziger Regie-Einfall ist es, ihn bei dem Auftrittslied von Steppke und Lämmermeier, "Es ist was Wunderbares um's Genie", den Takt in seinem Büro an der Schreibmaschine schlagen zu lassen. Moody stattet den Lämmermeier mit kräftigem Bariton aus und punktet vor allem bei dem berühmten Marsch "Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft" und dem eingängigen, wenn auch etwas makabren Song "Ist die Welt auch noch so schön". Bei seinem Werben um Stella macht er ebenfalls eine gute Figur, so dass nachvollziehbar wird, wieso sich Frau Lunas Zofe zu dem Schneider hingezogen fühlt. Karadjov punktet als Steppke mit höhensicherem Tenor und überzeugt mit leicht naivem Spiel. So wirkt er auf dem Mond wie ein kleiner Schuljunge, der sich von dem Glanz stark beeindrucken lässt. Da muss schon sein Mariechen kommen und ihn in die Realität zurückholen. Der von Manuel Pujol einstudierte Chor zeigt sich stimmgewaltig und spielfreudig. Philipp Armbruster spielt mit den Dortmunder Philharmonikern, von denen ein kleiner Teil auch als Salonorchester im zweiten Teil im Hintergrund der Showbühne agiert, beherzt auf und lässt den musikalischen Funken des Stückes auf das begeisterte Publikum überspringen, das sich bei zahlreichen Melodien zum Mitklatschen eingeladen fühlt. So gibt es am Ende großen Beifall für alle Beteiligten, und natürlich erklingt noch einmal die berühmte "Berliner Luft" zum Mitsingen.

FAZIT

Das Theater Dortmund zeigt, dass klassische Operette in traditionellem Ambiente auch heute noch die Zuschauer ins Haus locken und begeistern kann.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Philipp Armbruster

Regie
Erik Petersen

Bühne und Kostüme
Tatjana Ivschina

Choreographie
Kati Farkas

Stepp-Choreographie
Dirk Weiler

Chor
Manuel Pujol

Licht
Florian Franzen

Dramaturgie
Wiebke Hetmanek

 

Dortmunder Philharmoniker

Opernchor des Theaters Dortmund

Statisterie des Theaters Dortmund

 

Solisten

*rezensierte Aufführung

Frau Luna
Emily Newton

Prinz Sternschnuppe
Ks. Hannes Brock

Theophil, Haushofmeister auf dem Mond
Dirk Weiler

Stella, Lunas Zofe
Ileana Mateescu

Mondgroom
Julia Amos (szenisch)
Susanne Seefing (musikalisch)

Venus
Christine Groeneveld

Mars
Natascha Valentin

Fritz Steppke, Mechaniker
Bonko Karadjov

Lämmermeier, Schneider
Morgan Moody

Pannecke, Steuerbeamter
Marvin Zobel

Frau Pusebach
Johanna Schoppa

Marie, ihre Nichte
Julia Amos (szenisch)
Susanne Seefing (musikalisch)

Luftballett
Petra Idelberger
Petra Tobies

Mondgrazien
*Marlou Düster
*Giulia Fabris
*Nathalie Gehrmann
*Doreen Naß
Olena Yalyeyava
*Martina Vinazza

 


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Dortmund
(Homepage)



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