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Prihody lisky Bystrousky
(Das schlaue Füchslein)


Oper in drei Akten
Text vom Komponisten nach Rudolf Tesnohlideks Novelle Die Füchsin Bystrouschka
Für die deutsche Bühne bearbeitet und übersetzt von Max Brod
Musik von Leoš Janaček


in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h 45' (keine Pause)


Premiere im Theater Hagen am 24. März 2018

Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Vom Werden und Vergehen in der Natur

Von Stefan Schmöe / Fotos von Klaus Lefebvre (© Theater Hagen)

Eine Oper mit Tieren? Ja und nein. Die Tiere in Janačeks schlauem Füchslein sind ziemlich menschlich - da agitiert etwa die gefangene Füchsin Schlaukopf mit Marx'schen Tönen bei den angepasst unterwürfigen Hennen. Aber es gibt eben auch echte Menschen, allen voran den Förster und den Wilderer Háraschta, und manche Figuren sind mal Mensch, mal Tier: So der Pfarrer Dachs und der Schulmeister Mücke. So viel Tierwelt und auch der arg niedliche deutsche Titel der Oper (präziser wäre "Die Abenteuer der Füchsin Schlaukopf") verleiten schnell dazu, diese Oper für ein Kinderstück zu halten, was sie eindeutig nicht ist, schon weil es keinen klaren Handlungsfaden, sondern eine eher lose "Story" gibt. Basierend auf einer Art Comic Strip des Zeichners Stanislav Lolek, in 51 Folgen in einer Brünner Tageszeitung erschienen und vom Redakteur Rudolf Tesnohlidek mit Texten versehen, hat Janaček eine episodenhafte Geschichte konstruiert: Die Füchsin (schon wegen der keineswegs latenten Sexualität ist die Verkleinerungsform "Füchslein" unangebracht) wird vom Förster gefangen und kann sich befreien (1. Akt), verliebt sich in einen Fuchs und feiert Hochzeit (2. Akt) und wird von Háraschta erschossen (3. Akt). Aber statt einer sentimentalen Geschichte im Stile etwa von Disneys Bambi bleibt Janaček distanziert, vor allem beim Tod der Füchsin. Es ist der große Kreislauf der Natur, in den alles eingebunden ist.

Vergrößerung in neuem Fenster Eine Art Liebesbeziehung: Förster und gefangene Füchsin

Mit einer "realistischen" Darstellung der Tierwelt ist dem natürlich nicht beizukommen. Regisseurin Mascha Poerzgen und Ausstatter Christof Cremer bewegen sich in einer Zwischenwelt, in der die Tiere mal mehr, mal weniger nach Tieren aussehen, teilweise liebe voll karikiert (die Hennen). Förster und Wilderer könnten einem Bilderbuch entsprungen sein. Der Wald besteht aus Leitern - die Baumstämme -, lampionartige Papiergebilde deuten die Baumkronen an, und das könnte auch eine Baustelle oder Stadtlandschaft sein - jedenfalls agiert die blaue Libelle als Fensterputzer, wo es gar keine "echten" Fenster gibt. Wenn von der Nahrung die Rede ist, gibt es regelmäßig Pizza und Fastfood. Das Konzept geht ziemlich gut auf: Ein bisschen niedlich, aber nicht zu sehr; und eine insgesamt überzeugend gelungene Balance zwischen naiver Tiergeschichte und dem allegorischen Drama. Mitunter merkt man freilich, wie schwierig diese Gradwanderung ist, etwa beim Tod der Füchsin: Da lässt die Regisseurin noch einmal den Fuchs samt Kinderschar aufmarschieren und mit ansehen, wie die getötete Mutter im Einkaufswagen weggefahren wird - das bekommt einen Beigeschmack von Rührstück, wo die Musik doch beinahe ungerührt darüber hinweg geht.

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Die Füchsin (unten im Käfig) als Vorkäpferin der Arbeiterklasse? Den angepassten Hühnern ist's egal.

Gespielt wird in der deutschen Fassung von Max Brod, die einige textliche Eingriffe vornimmt, indem sie in den Gesprächen der Menschen (Förster, Lehrer, Háraschta) ein rätselhaftes Zigeunermädchen einbaut, dem alle irgendwie verfallen sind - da wird ziemlich mühsam eine Parallele zwischen der Füchsin und dem sexuellen Begehren der Männer konstruiert, ein etwas altbackenes "das hat alles etwas zu bedeuten", das die Oper nicht braucht und das eher Ballast als Hilfe ist. (Wünschenswert wäre ohnehin die tschechische Originalsprache, deren Klangmelodie von Janačeks Musik aufgegriffen wird, die aber für Nicht-Muttersprachler eminent schwierig zu singen ist.) Das freilich ist der größte Einwand gegen diese bis ins Detail sehr genau inszenierte Produktion.

Vergrößerung in neuem Fenster Große Liebe: Füchsin und Fuchs.

Ganz hervorragend besetzt ist das Fuchspaar mit Dorothea Brandt als Füchsin und Jennifer Parara als Fuchs - beides junge, klare Stimmen, ohne viel Vibrato sehr natürlich und ungekünstelt, aber mit großer lyrischer Emphase im Liebesduett. Kenneth Mattice ist ein ordentlicher Förster, dessen Stimme eine Spur größer sein dürfte, wenn er über das Stirb-und-werde in der Natur philosophiert. Olaf Haye ist ein eher braver Háraschta. Aber nicht zuletzt in den vielen kleineren Partien zeigt das Theater Hagen eine sehr gute Ensembleleistung, den klangschönen Chor und Kinderchor eingeschlossen.

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Háraschta und die tote Füchsin

Die eigentliche Hauptrolle hat bei dieser Oper aber das Orchester, das weniger begleitet als vielmehr einen durchgehenden symphonischen Kommentar zum Bühnengeschehen abgibt. Unter der Leitung von Chefdirigent Joseph Trafton spielt das Philharmonische Orchester Hagen ganz ausgezeichnet, mit sehr homogenem Klangbild, kammermusikalischer Klarheit und klarer Kontur, aber auch mit den großformatigen Bögen, in denen Wehmut und Melancholie mitschwingen, ohne in spätromantischen Gefühlsüberschwang abzurutschen. Das trifft den ganz eigenen, durchaus modernen Gestus von Janačeks Klangsprache sehr gut. Und am Ende widerspricht die Musik dann doch der Inszenierung: Warum die Regie den Förster stark suizidgefährdet auf der Bühne zurücklässt, bleibt bei dem symphonischen Hymnus auf den ewigen Kreislauf der Natur ziemlich unklar.


FAZIT

Sehens- und hörenswert: Eine alles in allem überzeugende Inszenierung mit Witz und Melancholie auf sehr gutem musikalischen Niveau.





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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Joseph Trafton

Inszenierung
Mascha Pörzgen

Ausstattung
Christof Cremer

Licht
Hans-Joachim Köster

Kinder- und Jugendchor
Caroline Piffka

Choreinstudierung
Wolfgang Müller-Salow

Dramaturgie
Maria Hilchenbach


Statisterie
des Theater Hagen

Chor und Extrachor
des Theater Hagen

Philharmonisches
Orchester Hagen


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Der Förster
Kenneth Mattice

Försterin/ Eule
Kristine Larissa Funkhauser

Schulmeister/ Mücke
* Boris Leisenheimer /
Richard van Gemert

Pfarrer/ Dachs
Rainer Zaun

Háraschta
Olaf Haye

Gastwirt
* Matthew Overmeyer /
Egidijus Urbonas

Gastwirtin/ Hahn
Veronika Haller

Seppl
* Ann-Kathrin Niemczyk /
Elizabeth Pilon

Franzl
* Celina Igelhorst /
Kisun Kim

junges Füchslein Schlaukopf
* Nicole Naughton /Elizabeth Pilon

Füchslein Schlaukopf
Dorothea Brandt

Fuchs
Jennifer Panara

Grille
Pauline Engelhaupt /
* Caroline Petrich

Heuschreck
Celina Igelhorst /
* Idil Duru Yalman

Frosch
Samra Arapi /
* Luca Igelhorst /
Caroline Petrich

Dackel/ Specht
Marilyn Bennett

Schopfhenne/ Eichelhäher
Sophia Leimbach

Libelle
Jonas Witzel


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




Da capo al Fine

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