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Ritter Roland

Heldenkomödie in zwei Akten
Libretto von Nunziato Porta nach Orlando furioso von Ludovico Ariosto
Bearbeitung und Übersetzung von Dominik Wilgenbus
Musik von Joseph Haydn

in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 40' (eine Pause)

Premiere im Theater Hagen am 3. Februar 2018


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Wohl dem, der ans Theater glaubt!

Von Thomas Molke / Fotos von Klaus Lefebvre (Rechte Theater Hagen)

Joseph Haydn, den der berühmte österreichische Dirigent und Musikschriftsteller Nikolaus Harnoncourt einmal als den "witzigsten Komponisten der Wiener Klassik" bezeichnete, ist zwar im Konzertrepertoire kein Unbekannter. Auch seine beiden Oratorien Die Schöpfung und Die Jahreszeiten stehen häufig auf den Spielplänen. Im Bereich der Oper führt Haydn allerdings ein Schattendasein. Umso erstaunlicher ist es, dass sein Dramma eroico-comico Orlando paladino in dieser Spielzeit gleich an drei deutschen Opernhäusern Premiere feiert. An der Bayerischen Staatsoper München wird eine Neuproduktion im Rahmen der Münchner Opernfestspiele im Juli zu erleben sein, und das Theater Bielefeld hat das Stück im April auf dem Spielplan. Den Anfang macht das Theater Hagen mit einer Bearbeitung und Übersetzung des Regisseurs Dominik Wilgenbus. Um die eigene Fassung zu betonen, kommt die Oper hier unter dem deutschen Titel Ritter Roland heraus.

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Angelica (Cristina Piccardi, rechts) sucht Schutz bei der Zauberin Alcina (Kristine Larissa Funkhauser).

Ursprünglich war die Oper für den Besuch eines russischen Großfürsten auf Schloss Esterháza geplant und erlebte ihre Uraufführung am Namenstag des Fürsten Esterházy. Mit der Verbindung von Elementen der Commedia dell'arte, der Opera seria, der Zauberoper und des Ritterepos gehörte das Werk schnell zu Haydns erfolgreichsten Opern. Das Libretto von Nunziato Porta, der ab 1781 als Operndirektor in Esterháza tätig war, geht zurück auf das berühmte Versepos Orlando furioso von Ludovico Ariosto aus dem 16. Jahrhundert, das mit seinen insgesamt 46 Gesängen als Vorlage für zahlreiche Opern diente. Die bekanntesten dürften heute noch Vivaldis gleichnamige Oper und Händels Alcina sein. Erzählt wird die Geschichte des Kreuzritters Roland, der sich in die schöne Königin von Katai, Angelica, verliebt hat. Diese ist jedoch mit Medoro liiert, was Roland in den Wahnsinn treibt und zum "rasenden Roland" macht. Auf der Flucht vor Roland verstecken sich Angelica und Medoro in einem Turm und bitten die Zauberin Alcina um Hilfe. Diese schafft es zunächst, Roland zu bändigen. Angelica und Medoro fliehen auf einem Boot über das Meer. Roland verfolgt sie erneut, wird jedoch von Alcina zum Eingang der Unterwelt geführt. Dort trifft er auf den Fährmann Charon, der ihn mit dem Wasser aus dem Fluss des Vergessens von seinem Wahnsinn heilt. So vergisst er Angelica und kann sich erneut seinen Aufgaben als Kreuzritter widmen. Angelica ist nun glücklich mit ihrem Medoro vereint, und Rolands Knappe Pasquale bekommt die Schäferin Eurilla zur Frau.

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Ritter Roland (Eric Laporte) im Kampf gegen ein Ungeheuer

Die Handlung der Oper ist derart abstrus, dass das Regie-Team um Dominik Wilgenbus gar nicht erst den Versuch unternimmt, einen tieferen Sinn in dem Stück zu suchen, sondern ganz auf Komik und Klamauk setzt. Schon die Ouvertüre nutzt Wilgenbus für eine kleine Episode, in der er die Taten eines edlen Ritters karikiert. So stellt er einen kleinen Ritter (sehr niedlich: Keyan Esen) auf die Bühne, der um eine kleine Prinzessin (ebenfalls sehr süß: Adea Velijaj) gegen einen grünen Drachen kämpfen muss und diesen nach anfänglichen Schwierigkeiten besiegen kann. Diese Szene wiederholt sich mehrere Male, wobei sie mit Sprechblasen in einer Videoprojektion, wie man sie aus Comics kennt, untermalt wird. Schon allein diese Darstellung sorgt beim Publikum für Heiterkeit. Wenn der kleine Ritter aber statt des Drachen nach mehrmaliger Wiederholung aus Versehen die kleine Prinzessin ersticht, wird klar, dass man es hier mit einer Parodie zu tun hat. Drahtzieherin ist die Zauberin Alcina, die Wilgenbus als eine Art Regisseurin in Szene setzt und die mit ständig neuen Perücken immer wieder ein anderes Aussehen annimmt. Dabei begeistert Kristine Larissa Funkhauser als Zauberin auch noch mit großartiger Mimik und überbordender Komik in der Anlage der Rolle.

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von links: Medoro (Musa Nkuna), Alcina (Kristine Larissa Funkhauser), Pasquale (Giulio Alvise Caselli), Rodomonte (Kenneth Mattice), Angelica (Cristina Piccardi) und Eurilla (Dorothea Brandt) überlegen, wie sie gegen den "rasenden Roland" vorgehen können.

Weitere Garanten für den überdrehten Humor des Stückes sind Kenneth Mattice als Barbarenherrscher Rodomonte, Dorothea Brandt als Schäferin Eurilla und Giulio Alvise Caselli als Rolands Knappe Pasquale. Mattice zeichnet Rodomonte als tumben Barbaren und trumpft dabei mit markantem Bass auf. Im Kampf gegen Roland begeistert er mit slapstickartigem Klamauk, wenn er zunächst einen abgebrochenen Dolch aus seinem Gürtel zieht, den er dann gegen ein Schwert austauscht, das ihm aus dem Bühnenboden gereicht wird. Als er auch damit keinen Erfolg gegen Roland erzielen kann, greift er kurzerhand zu einem überdimensional großen Schwert, das er aus dem Off erhält, das aber von der Größe her so unhandlich ist, dass er es ebenfalls nicht erfolgreich gegen den Ritter einsetzen kann. Dorothea Brandt gestaltet die Schäferin Eurilla als mannstolles Weib, das verzweifelt auf der Suche nach einem Gatten ist. Dabei wäre ihr sogar ein grober Kerl wie Rodomonte recht, dem sie bei allem Drohgebaren mit dem Schwert immer noch einen Kuss abzuringen versucht. Stimmlich punktet Brandt mit strahlend schönem Sopran. Erfolgreicher ist ihr Werben dann bei Rolands Knappen Pasquale, der sich neben einer Frau - Papageno lässt grüßen - auch noch etwas zu essen wünscht. Alcina gewährt ihm beides und präsentiert ihm Eurilla auf einem Silbertablett. Zunächst ist Pasquale davon zwar nicht begeistert, erkennt jedoch bald die Vorteile, die die Schäferin ihm bietet. Giulio Alvise Caselli gestaltet den Knappen mit witzigem Spiel und geschmeidigem Bariton. Ein musikalischer Höhepunkt dürfte sein "Orchester"-Lied sein, bei dem er auf Eurilla wie auf diversen Instrumenten spielt. An dieser Stelle sei auch auf die amüsante Textfassung hingewiesen, die Wilgenbus für die Hagener Inszenierung erstellt hat und die die Komik des Stückes wunderbar in die heutige Zeit überträgt.

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Roland (Eric Laporte, Mitte) mit Alcina (Kristine Larissa Funkhauser) und Charon (Egidijus Urbonas, hinten rechts) am Eingang zur Unterwelt

Eric Laporte stattet die Titelpartie mit strahlendem Tenor und einem Schuss Selbstironie aus. So legt er den verrückten Ritter ein wenig überzogen an, was vor allem im Kampf mit Rodomonte oder in seiner Raserei gegen Medoros und Angelicas Liebe zum Ausdruck kommt. Großartig ist die Szene angelegt, in der Alcina den Ritter schrumpfen lässt. Laporte versinkt im Bühnenboden. Im gleichen Kostüm wird Esen als kleiner Roland wieder aus dem Bühnenboden emporgefahren, um den Kampf gegen Medoro und Angelica aufzunehmen. Diese sind mittlerweile mit den anderen auf ein Schiff geflohen, das in den rasenden Fluten, die mit einem blauen Tuch angedeutet werden, genauso wie Roland, der ihnen nacheilt, unterzugehen droht. Cristina Piccardi gestaltet die Partie der Angelica mit sauberen Spitzentönen und leuchtenden Koloraturen. Musa Nkuna überzeugt als ihr Geliebter Medoro mit weichem Tenor, der die Leiden des jungen Mannes unterstreicht. Funkhauser setzt als Alcina nicht nur durch ihr komödiantisches Spiel Akzente, sondern punktet auch mit warmem Mezzosopran. Die Bühne von Peter Engel ist absolut flexibel gehalten und wird von einer halbrunden hohen Wand eingerahmt, die auch die Möglichkeit für Projektionen bietet. Unklar bleibt der schräge Raum, der sich zeigt, wenn Roland in der Unterwelt vom Fluss des Vergessens trinkt. Die Wand öffnet sich nach hinten und zeigt eine kreisrunde Schräge, auf der sich ein Statist an einem Schreibtisch bewegt.

Beim etwas abrupten Ende kommentieren die Solisten selbst, dass die Geschichte völlig unglaubwürdig sei und das Unmögliche nur im Theater Wirklichkeit werden könne. "Wohl dem, der ans Theater glaubt!" Joseph Trafton zaubert mit dem Philharmonischen Orchester Hagen einen leichten, schwungvollen Haydn-Klang aus dem Graben, der wunderbar auf die Stimmen abgestimmt ist, so dass man an diesem Abend auch zu ganz großen Teilen ohne Übertitelung ausgekommen wäre. So gibt es am Ende für alle Beteiligten großen Jubel, in den sich auch das Regie-Team einreiht.

FAZIT

Dominik Wilgenbus gelingt es mit einem spielfreudigen Ensemble, die absolut irrwitzige Handlung der Oper mit großer Komik umzusetzen. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, welcher Ansatz in Bielefeld und München gewählt werden wird.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Joseph Trafton

Inszenierung
Dominik Wilgenbus

Bühne und Video
Peter Engel

Kostüme
Christiane Luz

Licht
Hans-Joachim Köster

Dramaturgie
Corinna Jarosch

 

Philharmonisches Orchester Hagen


Solisten

*Premierenbesetzung

Angelica, Königin von Katai
Cristina Piccardi

Rodomonte, Barbarenherrscher
Kenneth Mattice

Ritter Roland
Eric Laporte

Medoro, Angelicas Geliebter
Musa Nkuna

Licone, ein Schäfer
Matthew Overmeyer

Eurilla, Schäferin
Dorothea Brandt

Pasquale, Rolands Knappe
Giulio Alvise Caselli

Alcina, Zauberin
Kristine Larissa Funkhauser

Charon
Egidijus Urbonas

Schäfer/innen / Barbaren / Bäume u. a.
Anna Knipps
David Pamin
Maike Potthoff
Jonas Witzel

Kleiner Ritter
Keyan Esen

Kleine Prinzessin
Emelie Kremser /
*Adea Velijaj


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




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