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Musiktheater
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Violetter Schnee

Oper
Text von Händl Klaus basierend auf einer Vorlage von Vladimir Sorokin in der Übersetzung von Dorothea Trottenberg
Musik von Beat Furrer


In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Veranstaltungsdauer: ca. 1h 40' (keine Pause)

Uraufführung an der Staatsoper Unter den Linden am 13. Januar 2019


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Staatsoper Berlin
(Homepage)
Eingeschneit

Von Roberto Becker / Fotos von Monika Rittershaus

Die ästhetische Geschlossenheit dieser Opernnovität ist faszinierend. Fluchtwege bleiben hier nur ins Assoziative. So wie für das halbe Dutzend Protagonisten auf der Bühne der frisch renovierten Lindenoper. Die hat jetzt mit Beat Furrers Violetter Schnee eine in jeder Hinsicht exquisite Uraufführung zu verbuchen. Der österreichische Dramatiker Händl Klaus, der mit Furrer schon bei dessen Wüstenbuch zusammenarbeitete, hat eine Art von Weltuntergangspoesie in Librettoform gebracht, die von Vladimir Sorokin Erzählung, Andrei Tarkowski Solaris, Lars von Triers Melancholia und Peter Brueghel Winterbild Jäger im Schnee inspiriert ist. Die Musiksprache des Schweizer Ernst-von-Siemens-Preisträgers lässt sie in ihrem dunklen Glanz gleichsam aufleuchten. Die Musik klingt wie fallender Schnee, ist durchsetzt von Fanalklängen, scheppert, erstirbt.

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Das Bild wird hier zum Raum

Musikalisch sorgen dafür die Staatskapelle mit Matthias Pintscher am Pult, das Vokalconsort Berlin und ein handverlesenes Solisten-Ensemble aus Anna Prohaska (Silvia), Elsa Dreisig (Natascha), Georg Nigl (Peter), Gyula Orendt (Jan) und Otto Katzameier (Jaques), dessen Partie der von Martina Gedeck zelebrierten Sprechrolle noch am nächsten kommt. Alle werden in einem Kaminzimmer in einem Irgendwo von Schneemassen eingeschlossen, die natürlich ebenso metaphorisch sind wie der titelgebende violette Schnee, der für ein Finale steht, bei dem die Menschen und die Welt, wie wir sie kennen, wohl in einem allumfassenden Nichts entschwinden. Dafür kann derzeit wohl kaum jemand so eindringlich wie Beat Furrer einen Klangraum schaffen. Else Dreisig profiliert ihre Rolle der Natascha mit ihrer Traumerzählung über ein Streichinstrument, das durch eine sich in ihr aufblähende Hornisse zerbirst.

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Die Welt ist aus den Fugen

Claus Guth (Regie), Étienne Pluss (Bühne), Ursula Kudrna (Kostüme) und Arian Andiel (Video) nehmen den Einstieg des Librettos beim Wort und nutzen im wahrsten Wortsinn Pieter Breughels Gemälde "Jäger im Schnee" als Einfallstor in die Untergangsvision. Als Riesenprojektion auf einem Gazevorhang. Als Totale und im Detail. Gestochen scharf und verschwommen bis zur Unkenntlichkeit. Eine Idylle, die bei genauerem Hinsehen nur Anzeichen einer Katastrophe überdeckt. Ein Bild, das in der sogenannten kleinen Eiszeit entstand.

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An der Oberfläche ist es noch schlimmer

Die Schauspielerin Martina Gedeck führt mit einem ganz eigenen Sprachgesang durch und in das Bild. Einige Figuren daraus tauchen dann immer wieder in der postapokalyptischen Landschaft auf. Dorthinauf klettern immer wieder die in ihrem noblen Kaminzimmer Eingeschlossenen über drei geheimnisvolle steile Treppen. Dieser Wechsel zwischen unten und oben wiederholt sich einige Male. Das Mobiliar ist längst verheizt, alles Essbare verzehrt. Kannibalische Fantasien flackern schon auf. Dann gibt es unten sogar eine Party am festlich gedeckten Tisch, die genauso gut ein Traum sein könnte.

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Die Sonne als schwarzes Loch - das Ende

Vor allem die hochprofessionell feingearbeitete, suggestiv eskalierende Musik Furrers, mit ihrem Changieren zwischen Sprache und Gesang, den zersplitternden Klängen, inklusive eines abrupten Endes, lässt keinen Zweifel am Metaphorischen des nie endenden Schneefalls zu, durch den alle Gewissheiten schwinden und auch die Zeit ihren Verlauf umzukehren scheint. Eiszeit und dräuende Endzeit gehen zunehmend in eins - so wie auf Brueghels Winterbild. Am Ende taucht hier eine geheimnisvolle Sonne alles in ein eiskalt gleißendes Licht. Des im Libretto vorgesehenen violetten Schnees bedarf es da gar nicht, denn die Menschen werden wohl alle in dem schwarzen Loch verschwinden.

FAZIT

Der Lindenoper in Berlin ist mit der Oper Violetter Schnee in der Inszenierung von Claus Guth eine exquisite Uraufführung gelungen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Matthias Pintscher

Inszenierung
Claus Guth

Bühnenbild
Étienne Pluss

Kostüme
Ursula Kudrna

Licht
Olaf Freese

Video
Arian Andiel

Dramaturgie
Yvonne Gebauer
Roman Reeger


Vocalconsort Berlin

Staatskapelle Berlin


Sänger

Silvia
Anna Prohaska

Natascha
Elsa Dreisig

Jan
Gyula Orendt

Peter
Georg Nigl

Jacques
Otto Katzameier

Tanja
Martina Gedeck

Tänzerinnen und Tänzer
Uri Burger
Alexander Fend
Gernot Frischling
Annekatrin Kiesel
Victoria McConnell
Filippo Serra



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Staatsoper Unter den Linden Berlin
(Homepage)



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