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Der Rest ist Tanz

Dreiteiliger Ballettabend mit Choreographien von Pontus Lidberg, Renato Paroni de Castro und Marguerite Donlon

Daybreak
Choreographie von Pontus Lidberg, Musik von Samuel Barber

Die Architektur der Liebe
Choreographie von Renato Paroni de Castro, Musik von Frank Martin

To the Moon and Back
Choreographie von Marguerite Donlon, Musik von Dervish, Kangding Ray, Rig the Jig und Max Richter

Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (zwei Pausen)

Wiederaufnahme im Kleinen Haus im MiR am 21. Oktober 2018 (Premiere am 20.05.2017)

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Musiktheater im Revier
(Homepage)

Moderner Tanz auf Spitze

Von Thomas Molke / Fotos:© Costin Radu

Dass die zum Ende der Spielzeit nach Karlsruhe wechselnde Ballettdirektorin Bridget Breiner ein Faible für William Shakespeare hat, dürfte kaum jemandem in Gelsenkirchen entgangen sein, beschäftigt sie sich doch in ihren Handlungsballetten immer wieder mit Werken des berühmten englischen Dichters. Auch der dreiteilige Ballettabend mit eigens für die Compagnie geschaffenen Choreographien von Pontus Lidberg, Renato Paroni de Castro und Marguerite Donlon, der vor zwei Spielzeiten im Kleinen Haus Premiere feierte und nun wieder aufgenommen wird, dürfte, wenn schon nicht inhaltlich, dann aber zumindest im Titel an ein berühmtes Zitat aus Hamlet erinnern: Der Rest ist Tanz. In drei Kreationen wird hier gezeigt, dass der Spitzentanz nicht nur im klassischen Handlungsballett seine Verwendung findet, sondern auch in der Moderne neue Ausdrucksmöglichkeiten bietet.

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Pas de deux in Daybreak: Bridgett Zehr und (hier) Alexander Zaitsev

Den Anfang macht Pontus Lidberg, der seit diesem Jahr künstlerischer Direktor des Danish Dance Theatre ist, mit seiner Choreographie Daybreak. Zum Streichquartett op. 11 von Samuel Barber beschreibt er den Tagesanbruch bzw. das Morgengrauen als einen Zeitraum zwischen zwei Welten, die aufeinander prallen, dabei aber nicht wirklich zueinander finden können. Da ist zum einen die Natur, die in einem kleinen Bild im Hintergrund vor einer schwarzen Wand zu sehen ist und unendlich weit weg scheint, und zum anderen der Mensch, der sich in blassen, farblosen Kostümen in einem ganz anderen Universum bewegt. Mariella von Vequel-Westernach kreiert dafür mit einer geschickten Lichtregie immer wieder neue Räume, die die Tänzerinnen und Tänzer zunächst ins Dunkel tauchen, bevor sie durch eine neue Lichtquelle wieder hervorgehoben werden. In einer Sequenz im ersten Satz tritt auch eine Tänzerin mit einer Fuchsmaske auf, die wohl als Pendant zur Menschenwelt zu sehen ist. Der berühmte zweite Satz des Streichquartetts ist einem Pas de deux gewidmet. Bridgett Zehr begeistert dabei mit grazilem Spitzentanz und findet in bewegendem Ausdruck zu Ledian Soto. Am Ende treten dann alle mit Fuchsmasken auf. Die Natur hat scheinbar wieder die Oberhand gewonnen.

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Die Architektur der Liebe: Francesca Berruto und José Urrutia in "Freude"

Der zweite Teil des Abends stammt von einem Choreographen, der schon seit der Spielzeit 2013.2014 als ständiger Gastballettmeister mit dem Ballett im Revier arbeitet: Renato Paroni de Castro. Nach seiner ersten Choreographie unter dem Titel Die Architektur der Freude, die 2015 im Rahmen einer Internationalen Benefizgala aufgeführt wurde, präsentiert er nun Die Architektur der Liebe und spielt zu den Études für Streichorchester von Frank Martin die unterschiedlichen Stadien der Leidenschaft durch. Die Bühne von Jürgen Kirner und die Kostüme von Thomas Lemperts sind dabei eher abstrakt im Bauhaus-Stil gehalten und bilden einen starken Kontrast zur dargestellten Gefühlswelt. Im ersten Stück tritt Valentin Juteau als eine Art Amor auf, der Paul Calderone mit dem Liebespfeil verletzt. Zunächst scheint sich Calderone noch gegen die in ihm aufsteigenden Gefühle zu wehren, gibt aber schließlich doch nach. Anschließend zieht Juteau Hitomi Kuhara und Sara Zinna in einem Kasten auf die Bühne. Die beiden liefern sich dann mit Sarah-Lee Chapman einen regelrechten Schlagabtausch der Ekstase. Man könnte vermuten, dass es hierbei um das Gefühl der Eifersucht geht. Absolut harmonisch kommen dann Francesca Berruto und José Urrutia im dritten Stück daher und zeigen in ihrem Pas de deux pure Lebensfreude und Liebesglück auf dem Höhepunkt. Doch anschließend folgt der Verlust, den Tessa Vanheusden eindrucksvoll darstellt. Hier wird vollständig auf Musik verzichtet. Der Schmerz des Verlustes wird durch absolute Stille dargestellt. Zunächst sinkt Vanheusden ganz langsam und verzweifelt zusammen, bevor sie sich aufrappelt und versucht, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen. In zunächst sehr langsamen Bewegungen sucht sie im Spitzentanz Halt. Durch den Rhythmus, den die anderen Tänzerinnen und Tänzer aus dem Off vorgeben, werden die Bewegungen immer schneller, bis Vanheusden erkennen muss, dass sie den Verlust nicht einfach überspielen kann. Im nächsten Satz versucht Paul Calderone ihr in einem beeindruckenden Pas de deux Trost zu spenden. Am Ende versammeln sich dann alle acht Tänzerinnen und Tänzer noch einmal auf der Bühne und geben mit einer Art Gemeinschaftsgefühl Hoffnung auf die Überwindung des Schmerzes.

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To the Moon and Back: Bridgett Zehr verführt Valentin Juteau.

Im letzten Teil entführt Marguerite Donlon das Publikum dann auf eine Reise in eine andere Welt. Zwischen Irish Folk, sphärischen Klängen und Elektrosounds lässt sie dabei nicht nur musikalisch unterschiedliche Welten aufeinander prallen, die von den Tänzerinnen auf der einen Seite und den Tänzern auf der anderen Seite verkörpert werden. Die Tänzerinnen bewohnen als eine Art Fabelwesen einen Raum, den Kirner mit zahlreichen weißen Pompons ausstattet, die auch als Perücke getragen werden. In diesen Pompons können die drei Tänzerinnen (Francesca Berruto, Hitomi Kuhara und Bridgett Zehr) verschwinden und tauchen unvermittelt wieder auf. Dabei bewegen sie sich akkurat auf Spitze wie Figuren aus einer anderen Welt. In schwarzen Röcken mit nacktem Oberkörper dringen nun die Tänzer mit einem modernen Bewegungsvokabular in diese Welt ein und werden von den Frauen wie Odysseus und seine Gefährten von den Sirenen regelrecht verzaubert. Paul Calderone erliegt ihrem Charme und taucht tief in die Welt der Pompons ein. Dass Louiz Rodrigues in dieser Vorstellung von Lucia Solari ersetzt wird, stört ein wenig das Bild, da Solari als Frau wie ein ungewollter Fremdkörper zwischen den Tänzern wirkt. Ansonsten begeistert dieser letzte Teil das Publikum noch mehr als die beiden anderen Teile und ruft großen Jubel hervor.

FAZIT

Das Ballett im Revier begeistert in drei sehr unterschiedlichen Choreographien mit modernem Spitzentanz auf hohem Niveau.


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Produktionsteam

Bühne
Jürgen Kirner

Kostüme
Thomas Lemperts

Licht
Mariella von Vequel-Westernach

Dramaturgie
Gabriele Wiesmüller
Stephan Steinmetz

 

Daybreak

Choreographie
Pontus Lidberg

Tänzerinnen und Tänzer

*rezensierte Aufführung

*Bridgett Zehr
*Ledian Soto

*Paul Calderone
*Valentin Juteau
*Mason Manning /
Louiz Rodrigues
*Sarah-Lee Chapman
*Tessa Vanheusden
*Sara Zinna

 

Die Architektur der Liebe

Choreographie
Renato Paroni de Castro

Tänzerinnen und Tänzer

I. Unschuld und Schatten
Paul Calderone
Valentin Juteau

II. Besessenheit
Sarah-Lee Chapman
Hitomi Kuhara
Sara Zinna
Valentin Juteau

III. Freude
Francesca Berruto
José Urrutia

IV. Verlust
Tessa Vanheusden

V. Schwermut
Tessa Vanheusden
Paul Calderone

VI. Omni in unum
Francesca Berruto
Sarah-Lee Chapman
Hitomi Kuhara
Tessa Vanheusden
Sara Zinna
Paul Calderone
Valentin Juteau
José Urrutia

 

To the Moon and Back

Choreographie
Marguerite Donlon

Tänzerinnen und Tänzer

*Francesca Berruto
*Hitomi Kuhara
*Bridgett Zehr
*Paul Calderone
*Valentin Juteau
*Mason Manning
Louiz Rodrigues /
*Lucia Solari
*Ledian Soto
*José Urrutia

 


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