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Dido and Aeneas

Oper in drei Akten
Libretto von Nahum Tate
Musik von Henry Purcell

in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Wassermusik

Ballett von Francesco Nappa mit Musik von Georg Friedrich Händel

Aufführungsdauer: ca. 2h 20 (eine Pause)

Premiere im Theater Hagen am 18. Mai 2019
(rezensierte Aufführung: 05.06.2019)


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Theater Hagen
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Zweimal Dido und Aeneas

Von Thomas Molke / Fotos: © Klaus Lefebvre und Leszek Januszewski

Was haben Purcells Oper Dido and Aeneas und Händels Wassermusik gemeinsam? Beide wurden in London uraufgeführt und gelten als bedeutende Werke der Barockzeit, deren Entstehung keine 30 Jahre auseinander liegen. In Hagen nutzt man die beiden Stücke für einen Sparten verbindenden Doppel-Abend zwischen Oper und Ballett und behandelt in beiden Teilen den Mythos um den trojanischen Prinzen Aeneas, der auf seiner Flucht aus Troja zunächst bei der karthagischen Königin Dido landet, mit der ihn eine leidenschaftliche Liebe verbindet, der seine Bestimmung, in Italien eine neue Heimat zu gründen, schließlich ein abruptes Ende bereitet. Schließlich fußt auch die Urfeindschaft, die zwischen Rom und Karthago herrschte und zu insgesamt drei Punischen Kriegen führte, auf dieser unglücklichen Liebesgeschichte. Bevor sich die verlassene Dido nämlich das Leben nimmt, schwört sie Aeneas' Nachfahren ewige Rache. Nachdem im ersten Teil des Abends Purcells Oper Dido and Aeneas gespielt wird, zeigt Francesco Nappa in seiner Choreographie nach der Pause, dass die Geschichte auch auf Händels Wassermusik erzählt werden kann.

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Dido (Veronika Haller, Mitte) trifft auf Aeneas (Kenneth Mattice). (© Klaus Lefebvre)

Lange Zeit ist die Forschung davon ausgegangen, dass Purcells einzige durchkomponierte Oper - bei seinen übrigen Werken für das Musiktheater handelt es sich um sogenannte Semi-Opern, eine für England typische Mischform aus Sprechtheater und Oper - ihre erste Aufführung in einer Mädchenschule in Chelsea erlebte. Neuere musikwissenschaftliche Erkenntnisse lassen allerdings vermuten, dass das Stück für den Königshof komponiert und dort uraufgeführt wurde. Anders als in der mythologischen Überlieferung bei Vergil tauchen in der Oper keine Götter auf, die Aeneas drängen, Karthago und Dido wieder zu verlassen. Vielmehr sind es hier eine Zauberin und ihre Hexen, die die erfolgreiche Königin hassen und sie vernichten wollen. So ist es ein Geist, die in der Verkleidung des Götterboten auftritt und Aeneas' sofortige Abreise anordnet. Anders als bei Vergil entscheidet sich Aeneas allerdings, bei Dido zu bleiben, als er sieht, welches Leid sein Aufbruch bei der Königin auslöst. Doch Dido ist so tief verletzt, dass sie Aeneas fortschickt und anschließend vor Trauer stirbt.

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Die Zauberin (Marilyn Bennett, vorne Mitte) will das Liebesglück von Dido (Veronika Haller, hinten rechts) und Aeneas (Kenneth Mattice, hinten rechts) zerstören (auf der linken Seite: Belinda (Cristina Piccardi)). (© Klaus Lefebvre)

Das Regie-Team um den Intendanten Francis Hüsers wählt einen sehr zeitlosen Ansatz in einem relativ abstrakt gehaltenen Bühnenbild von Kaspar Glarner. Die Drehbühne wird von einer geschwungenen Stellwand beherrscht, die auf der einen Seite mit einem Wasserbecken interessante Lichtspiele hervorruft und die Nähe zum Meer andeutet und auf der anderen Seite Didos Hofstaat zeigt, der zunächst genauso wie Didos Vertraute Belinda die Beziehung der Königin zum trojanischen Fürsten unterstützt, um sich dann in das Gefolge der Zauberin zu verwandeln, die Dido in ihrem unbändigen Hass vernichten will. Kammersängerin Marilyn Bennett tritt mit feuerroten Haaren und einem rot schimmernden Kostüm absolut diabolisch auf und überzeugt durch entschlossenen Mezzosopran. Der von Wolfgang Müller-Salow homogen einstudierte Chor wechselt zwischen blauen Gewändern als Hofstaat und roten Capes als Gefolge der Zauberin. Wieso der Chor kurz vor Ende der Oper eine undurchdringliche Wand bildet und die Musik unterbrochen wird, bis Applaus einsetzt, der dann dazu führt, dass Rodrigo Tomillo am Pult des Philharmonischen Orchesters Hagen fortfährt, erschließt sich nicht wirklich. Eindrucksvoll gelingt der Schlusschor, wenn die tote Dido von ihrem Gefolge eingerahmt wird.

Als Dido überzeugt Veronika Haller mit leuchtendem Sopran. Hüsers sieht sie als jungfräuliche Witwe, die ihren Gatten bereits in der Hochzeitsnacht verloren hat und deswegen traumatisiert ist. Zu Beginn des Abends tritt sie noch in ihrem Hochzeitskleid auf, das sie seit dem Mord an ihrem Gatten nicht abgelegt hat. Ein schwarzer Schleier deutet ihre Trauer an. Verzweifelt versuchen Cristina Piccardi als ihre Schwester Belinda mit weichem Sopran und Kisun Kim als zweite Gefährtin, die Königin zu trösten. Doch erst Aeneas' Auftauchen vermag es, Dido aus ihrer Trauer zu reißen. Dabei ist Kenneth Mattices Auftritt als trojanischer Fürst durchaus sehr körperbetont angesetzt. In einer Badehose scheint er dem Meer zu entsteigen und macht dabei eine sehr gute Figur. Stimmlich überzeugt er durch markanten Bariton. Mit Haller findet er zu einer intensiven Beziehung im zweiten Akt, so dass es auf der Jagd regelrecht erotisch knistert. Wieso Piccardi als Geist auftritt und ihn auffordert, Karthago zu verlassen, wird nicht ganz klar. Sieht Hüsers Didos Schwester genauso wie den Hofstaat als Feind der Königin, oder handelt es sich einfach um eine ganz normale Doppelbesetzung? Hallers Interpretation von Didos berühmter Schlussarie "When I am laid in earth" geht unter die Haut, so dass es am Ende des ersten Teils großen Applaus gibt.

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Aeneas (Gonçalo Martins da Silva) verlässt Dido (Ana Isabel Casquilho). (© Leszek Januszewski)

Nach der Pause wird die Geschichte dann noch einmal erzählt, dieses Mal als Ballett zur Musik von Händels Wassermusik, die am 17. Juli 1717 bei einer Bootsfahrt auf der Themse uraufgeführt wurde. Die geschwungene Stellwand ist nun mehreren hohen Wänden aus Tüchern gewichen, die eine vergleichbare Form haben und variabel auf der Bühne verschoben werden können. Die Kostüme von Kaspar Glarner unterscheiden die verschiedenen Figuren vor allem farblich. Während die Männer und Frauen von Karthago zu Beginn versuchen, die trauernde Königin abzulenken, steigt Aeneas plötzlich aus dem Orchestergraben empor und wird mit zwei Matrosen von den Karthagern sofort freundlich aufgenommen. Nur Belinda bleibt skeptisch, da sie die Gefahr ahnt, die von dem Trojaner ausgeht. Francesco Nappa setzt in seiner Choreographie den Tanz sehr artistisch um, wobei bei den Kletterfiguren den Tänzerinnen und Tänzern manchmal die Leichtigkeit ein wenig fehlt. Dennoch wird der moderne Tanz sehr ausdrucksstark umgesetzt und harmoniert gut mit Händels barocken Klängen. Gerade im Pas de deux zwischen Ana Isabel Casquilho als Dido und Gonçalo Martins da Silva wirken die Hebefiguren jedoch ein bisschen schwerfällig.

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Aeneas (Gonçalo Martins da Silva, vorne rechts) in der Gewalt der Zauberer (von links: Bobby Briscoe, Gennaro Chianese, Brandon Alexander, Otylia Gony und Alexandre Démont) (© Leszek Januszewski)

Eindrucksvoll gelingt der Auftritt des Zauberers (Bobby Briscoe), der in einem langen schwarzen Gewand mit feuerrotem Innenfutter die Bühne betritt und die übrigen Zauberer im Gewand mit sich führt, so dass das Böse hier als Allmacht erscheint, der sich niemand widersetzen kann. Auch Aeneas wird scheinbar von dieser Macht davongetragen. Bewegend gelingt auch da Silvas Solo, wenn er beschließt, das Schiff zu besteigen, das ihn von Karthago wegführen wird. Alexandre Démont und Gennaro Chianese versprühen als Aeneas' Gefährten und Matrosen eine herrliche Leichtigkeit. Anders als bei Purcell und Vergil nimmt sich Dido am Ende nicht das Leben, sondern lässt den Geliebten ziehen. Eingefügt werden auch noch zwei Gedichte von Else Lasker-Schüler, die einmal von einer Frau und dann von einem Mann eingesprochen werden und zunächst Didos, dann Aeneas' Gefühle beschreiben. Das Wasserbecken, das sich im ersten Teil des Abends im vorderen Teil der Bühne befand, ist nun im Hintergrund zu sehen und bietet da Silva und Casquilho einen Moment des bewegenden Spiels im Wasser. Das Philharmonische Orchester kann auch in diesem Teil unter der Leitung von Rodrigo Tomillo überzeugen, so dass das Publikum alle Beteiligten mit großem Beifall belohnt.

FAZIT

Das Sparten übergreifende Konzept des Abends geht auf. Hüsers findet einen guten Ansatz zu Purcells Oper, und auch auf Händels Wassermusik lässt sich die Geschichte von Dido und Aeneas nachvollziehbar erzählen.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rodrigo Tomillo

Inszenierung
Francis Hüsers

Choreographie
Francesco Nappa

Bühne und Kostüme
Kaspar Glarner

Licht
Martin Gehrke
Hans-Joachim Köster

Chor
Wolfgang Müller-Salow

Dramaturgie
Rebecca Graitl

 

Chor des Theaters Hagen

Philharmonisches Orchester Hagen


Solisten

*rezensierte Aufführung

Dido and Aeneas

Dido
Veronika Haller

Aeneas
Kenneth Mattice

Belinda / Geist
Cristina Piccardi

Zweite Gefährtin (Second Woman)
Kisun Kim

Zauberin
Marilyn Bennett

Erste Hexe
Elizabeth Pilon

Zweite Hexe
So Hee Kim

Erster Matrose
Musa Nkuna

Wassermusik

Aeneas
Gonçalo Martins da Silva

Dido
Ana Isabel Casquilho

Der Zauberer
Bobby Briscoe

Belinda
Noemi Emanuela Martone

Erster Matrose
Alexandre Démont

Zweiter Matrose
Gennaro Chianese

Die Hexen
Noemi Emanuela Martone
Amber Neumann
Sara Peña

Die Zauberer
Brandon Alexander
Gennaro Chianese
Alexandre Démont
Otylia Gony

Frauen von Karthago
Amber Neumann
Sara Peña
Otylia Gony
Jeong Min Kim

Männer von Karthago
Brandon Alexander
Bobby Briscoe


Weitere Informationen
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