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La Fiera di Venezia

Dramma giocoso in drei Akten
Libretto von Giovanni Gastone Boccherini
Musik von Antonio Salieri

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h 10' (eine Pause)

Koproduktion mit den Schwetzinger SWR Festspielen

Halbszenische Aufführung im Bayer Kulturhaus am 3. November 2018

 

 

(Homepage)

Vergnügliches Maskenspiel in Venedig

Von Thomas Molke / Fotos: © peuserdesign

Antonio Salieri ist heutzutage den meisten nur noch als missgünstiger Rivale Mozarts ein Begriff, dem lange Zeit nachgesagt worden ist, sogar an Mozarts Ableben nicht unbeteiligt gewesen zu sein. Was man allerdings vor allem aufgrund der berühmten Verfilmung des Dramas Amadeus  von Peter Shaffer über Mozarts älteren Kollegen zu wissen glaubte, basiert auf einem Gerücht, das der Sänger Calisto Bassi verbreitet hat und dessen Wahrheitsgehalt heute zu Recht angezweifelt werden darf. Auf den Opernbühnen führt Salieri trotzdem immer noch ein Schattendasein, obwohl er zu seinen Lebzeiten zu den erfolgreichsten Komponisten seiner Zeit zählte. Seit einiger Zeit werden immer wieder Versuche unternommen, seiner Musik die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. So hat beispielsweise Cecilia Bartoli vor einigen Jahren ein Album mit Musik von Salieri veröffentlicht. Auch Werner Ehrhardt widmet sich mit dem vor 14 Jahren von ihm gegründeten Orchester l'arte del mondo nun erneut diesem zu Unrecht vernachlässigten Komponisten. Nachdem er vor drei Jahren Salieris komische Oper La scuola de' gelosi erstmals in der Neuzeit zur Aufführung gebracht hat (siehe auch unsere Rezension), widmet er sich nun Salieris zweiter Oper, die bei der Uraufführung in Wien 1772 einen riesigen Erfolg verbuchen konnte und sich schnell in ganz Europa verbreitete, bis das Werk dann 1821 von den Spielplänen verschwand.

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Falsirena (Francesca Lombardi Mazzulli) vertröstet ihren Geliebten Belfusto (Giorgio Caoduro) (rechts am Cembalo: Massimiliano Toni).

Der Titel La Fiera di Venezia spielt auf die Himmelfahrtmesse in Venedig an, zu der die Oper spielt und bei der man mit einem großen Festumzug zu Wasser sowie mit Umzügen in historischen Kostümen der Befreiung Dalmatiens durch den Dogen Pietro Orseolo II. gedachte, der mit seiner Flotte am Himmelfahrtstag zu diesem Zweck aufgebrochen war. Bei diesem Fest beabsichtigt die schöne, aber hinterhältige Falsirena, den großzügigen Herzog Ostrogoto zu verführen und vor den Traualtar zu schleppen, obwohl sie eigentlich mit dem mittellosen Belfusto liiert ist. Diesem verspricht sie, sich schnell vom Herzog wieder zu trennen, sobald sie ihn um einen Großteil seines Vermögens gebracht hat. Der Herzog selbst wiederum ist verlobt mit der Marchesa Calloandra, die auf der Suche nach ihm ebenfalls nach Venedig gekommen ist. Beim Fest stattet die Händlerin Cristallina Falsirena und Calloandra mit der gleichen Maske aus, so dass Ostrogoto schließlich Calloandra ewige Liebe schwört in dem Glauben, es handle sich um Falsirena, die sich derweil mit Belfusto vergnügt. Als der Herzog Belfusto und Falsirenas Vater Grifagno schließlich in den Kerker wirft, bittet Falsirena um Verzeihung, die ihr auf Zuspruch der gutmütigen Calloandra gewährt wird. So gibt es am Ende mit Falsirena und Belfusto, dem Herzog und Calloandra sowie Cristallina und dem Wirt Rasoio drei glückliche Paare.

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Calloandra (Dilyara Idrisova, links) und Falsirena (Francesca Lombardi Mazzulli, 2. von links) bei der Himmelfahrtmesse (mit dem Chor)

Die Produktion, die bereits bei den Schwetzinger SWR Festspielen im Mai zu erleben war, wird halbszenisch von Deda Cristina Colonna umgesetzt. Die Solisten und der Chor treten dabei mit Textbüchern auf, aus denen sie teilweise absingen, setzen die Geschichte allerdings dennoch recht spielerisch um. Als Bühnenbild fungiert eine Projektion, die einen traumhaften Blick auf die Lagunenstadt Venedig in all ihrer Schönheit gewährt. Das Cembalo ist auf der Bühne platziert, da es auch Teil der Inszenierung ist, wenn beispielsweise Calloandra Falsirena im zweiten Akt zu einem Duett begleitet. Zwar spielt Dilyara Idrisova als Calloandra nicht wirklich, nimmt aber zumindest am Cembalo Platz. Auf der rechten und linken Seite sind einzelne Notenständer verteilt, auf denen die Solisten ihre Textbücher ablegen, um sich im Spiel freier bewegen zu können. Sehr schön wird das Maskenspiel umgesetzt, in dem alle Solisten mit dem gleichen schwarzen Umhang und der gleichen goldenen Maske vor dem Gesicht auftreten, so dass eine Verwechslung leicht möglich ist. Während der Herzog glaubt, Falsirena vor sich zu haben, flüstert er der Marchesa Liebesschwüre zu, während Falsirena sich auf der linken Seite der Bühne mit Belfusto in einem rot-weiß gestreiften Gondoliere-Outfit mit Strohhut amüsiert.

Auch musikalisch zeigt die Aufführung, wie gut der erst 22-jährige Salieri bereits die zahlreichen Facetten der Opera buffa beherrschte. Zu nennen ist hier die großartige Register-Arie des Belfusto, in der er die Schätze aller Länder aufzählt und die in ihrer Struktur schon deutlich auf Leporellos berühmte Arie im Don Giovanni hinweist. Auch die Ausflüge in andere Sprachen werden mit großem Witz umgesetzt. So tritt Falsirena zunächst als französische Händlerin auf, um die Marchesa, die plötzlich in Venedig aufgetaucht ist, zu täuschen, und gibt vor, die Marchesa und den Herzog nicht zu verstehen. Auch ihr späterer Auftritt als deutsche Gräfin sprudelt vor Komik. Hier trägt Francesca Lombardi Mazzulli eine hohe weiße Perücke und legt den deutschen Text übertrieben pathetisch an. Die Arien der Marchesa erinnern in ihrer Dramatik stark an Mozarts Donna Anna, und ihre virtuose Koloraturarie wird zu einem Wettstreit mit der Flöte und der Oboe.

Die Solisten, die allesamt auch schon in Schwetzingen zu erleben waren, lassen an diesem Abend ebenfalls keine Wünsche offen. Francesca Lombardi Mazzulli gestaltet die Partie der Falsirena mit leuchtendem Sopran und verführerischem Spiel. Ihr nimmt man in jedem Moment ab, dass sie es genau versteht, die Männer um den Finger zu wickeln. Dilyara Idrisova verfügt als Calloandra über einen sehr dunkel gefärbten Sopran, der in den Höhen große Beweglichkeit besitzt. Ihre große Arie "Vi sono sposa e amante", in der sie den Herzog überredet, Falsirena zu verzeihen, avanciert mit den sauber angesetzten Koloraturen zu einem Höhepunkt des Abends. Natalia Rubiś punktet als Händlerin Cristallina mit strahlenden Höhen und kokettem Spiel. Krystian Adam stattet den Herzog Ostrogoto mit leichtem und höhensicherem Tenor aus. Absolut bodenständig kommt Giorgio Caoduro als Falsirenas Geliebter Belfusto daher. Caoduro stellt mit kräftig-markantem Bariton unter Beweis, dass Belfusto ein "Prachtkerl" im wahrsten Sinne des Wortes ist. Da ist jeder Ton pures Testosteron. Furio Zanasi gibt den geizigen Grifagno mit dem typischen Witz eines Buffo-Baritons. Emanuele D'Aguanno rundet als Wirt Rasoio mit leichtem Spieltenor das Ensemble überzeugend ab. Der Chor zeigt sich ebenfalls sehr spielfreudig und punktet durch homogenen Klang. Werner Ehrhardt lotet mit seinem Orchester l'arte del mondo die Feinheiten von Salieris Musik wunderbar aus, und Massimiliano Toni lässt bei den Rezitativen am Cembalo auch einige Melodien einfließen, die zwar nicht von Salieri stammen, dafür aber die Komik der jeweiligen Situation noch unterstreichen. So gibt es für alle Beteiligten am Ende großen und verdienten Applaus.

FAZIT

Werner Ehrhardts Bemühung, Salieris Opern dem Vergessen zu entreißen, ist absolut lobenswert, auch wenn dieses Stück bei aller musikalischen Raffinesse aufgrund vereinzelter Längen zumindest ohne Kürzungen nicht repertoiretauglich scheint. Eine CD-Einspielung, die von dieser Aufführung folgen wird, lohnt sich aber allemal.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Werner Ehrhardt

Regie
Deda Cristina Colonna

 

Orchester und Chor
l'arte del mondo

Cembalo
Massimiliano Toni


Solisten

Falsirena
Francesca Lombardi Mazzulli

Grifagno
Furio Zanasi

Calloandra
Dilyara Idrisova

Ostrogoto
Krystian Adam

Cristallina
Natalia Rubiś

Rasoio
Emanuele D'Aguanno

Belfusto
Giorgio Caoduro


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