Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Die lustigen Weiber von Windsor

Komisch-phantastische Oper in drei Akten
Text von Salomon Hermann Mosenthal nach William Shakespeare
Musik von Otto Nicolai


In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Veranstaltungsdauer: ca. 3h 10' (eine Pause)

Premiere am 3. Oktober 2019 an der Staatsoper Unter den Linden, Berlin


Homepage

Staatsoper Berlin
(Homepage)
Der Mond ist aufgegangen

Von Roberto Becker / Fotos von Monika Rittershaus

Wenn es ein Geniestreich von David Bösch geworden wäre, dann wäre alles in Ordnung. Was die Sänger betrifft, war es das auch, was da am dritten Oktober über die Bühne der Staatsoper Unter den Linden in Berlin ging. Aber im Grunde stimmte diesmal weder das Stück zur Saisoneröffnung so richtig, noch das, was der Regisseur daraus gemacht hat. Auch wenn die Shakespeare-Vertonung Otto Nicolais 1849 hier uraufgeführt wurde, reicht das nicht.

Vergrößerung in
neuem Fenster

Die Damen Fluth und Reich

Bösch verlegt das Ganze in ein Vorstadt-Milieu und in die nähere Vergangenheit. Patrick Bannwart hat zwei preiswerte Bungalows auf die Drehbühne gestellt, mit Satellitenschüsseln auf den Dächern, mit Baumarktgrills und Wäschespinnen. Dazu natürlich die weißen 08/15-Plastestühle, die man weder auf der Bühne noch in der Realität noch sehen will. Die beiden Vorstadt-Hausfrauen Fluth (sicher in der gespielten Lockerheit: Mandy Fredrich), und Reich (höchst komödiantisch: Michaela Schuster) haben die Sektpulle immer in Reichweite. Fehlten eigentlich nur noch die Lockenwickler. Den Lattenzaun zwischen den Grundstücken gibt es aber. Da kann Fluth, der Herr im Hause, der obendrein eine Vorliebe für Kettensägen hat, seine notorische (und vielleicht nicht mal unbegründete) Eifersucht nach Herzenslust austoben und die Latten aus dem Zaun reißen. Die junge Anna Reich (wunderbar leichtfüßig: Anna Prohaska) und ihr Fenton (Pavol Breslik mit einem Schuss Melancholie in der jugendlichen Leidenschaft) treffen sich auf dem Dach. Machen einen auf Romeo und Julia - sie rezitiert gerne Passagen daraus in Englisch.

Vergrößerung in
neuem Fenster

Fenton und seine Anna

Die beiden "Bewerber" um die Hand der Tochter sind vor allem damit beschäftigt, die Klischees als Holländer (Linard Vrielink als Junker Spärlich) und als Franzose (David Oštrek als Dr. Cajus) zu pflegen und beim Vater bzw. der Mutter gut Wetter für ihre Bewerbung zu machen. Dass die beiden dann am Ende als Frauen aufgebrezelt auf hohen Hacken aufeinander zustöckeln, das mag als Gag gemeint sein, geht aber, wenn man anfängt, darüber nachzudenken, voll nach hinten los. Und landet so zielsicher mitten im Klischeefettnapf, dass es meterhoch spritzt. In dem sitzt aber schon jenes Falstaff-Missverständnis, in dem ein so grandioser Bass wie René Pape steckt. Dem per se stattlichen Mann lassen Bösch und sein Kostümbildner Falco Herold keine Chance, wenigstens eine schmunzelnde Sympathie mit der Figur zu sichern. So wird Sir John restlos denunziert. Sie haben ihn soweit in die schmuddelige körperliche Entgleisung verfrachtet, dass der wirklich nur seinen Riesenbauch durch die Gegend schiebt und aller Welt unverhohlen pur zeigt. Bei aller Langeweile - den Typen würden die beiden Frauen nicht über ihre Schwelle lassen.

Vergrößerung in neuem Fenster

Ein besonderes Happyend - die beiden abgeblitzten Bewerber finden zueinander

Michael Volle wartet für seinen Herrn Fluth mit all seinem beachtlichen komödiantischen Talent auf und denunziert auch mit der Portion Dämlichkeit den vorgeführten notorisch eifersüchtigen Ehemann nie völlig. Aber selbst der würde wohl eher einen Lachanfall kriegen, wenn er den vermuteten Lover seiner Frau im Wäschebottich bzw. der Verkleidung der Tante vom Lande erkannt hätte. Falstaff muss zumindest die Erinnerung an seine Anziehungskraft, von der er selbst zehrt und die ja immer noch ein Teil seiner Ausstrahlung ist, glaubhaft vermitteln, damit der Schabernack, den die Frauen mit ihm treiben, irgendwie glaubhaft funktioniert. Tut sie aber nicht. Da helfen auch die in der von David Bösch und Detlef Giese eingefügten sensibel modernisierten Sprechdialoge nichts. Über billigen Klamauk kommt das Ganze nicht hinaus.

Vergrößerung in
neuem Fenster

Rene Pape als Sir John

Zum Glück überprunkt vokaler Luxus die Dürftigkeit der Szene. René Pape fügt seinem Repertoire einen profunden Sir John hinzu. Wenn er mit dem inkognito bei ihm auftauchenden Michael Volle über die Verführung von Frau Fluth verhandelt, ist das vokaler Hochgenuss. Volle ist nicht nur der derzeit nicht zu überbietende Hans Sachs in Bayreuth, sondern auch schon der fulminante Verdi-Falstaff am Haus Unter den Linden. Wenn Pape und Volle zusammen auf der Bühne sind, wird klar, wie schade es ist, dass die Inszenierung ihnen die szenische Entfaltung versagt. Wenn sich Sir John auf Grönemeyers "Männer sind so verletzlich. Männer sind einfach unersetzlich." nach dem Bad in der Themse (sprich im Pool) besinnt, ist das freilich ein eher fader Witz. Einen bemerkenswerten Effekt immerhin liefert der Riesenmond für das letzte Bild. Aber auch der erinnert mehr an ein Planetarium als an Sommernachtstraum-Romantik.

Mit Daniel Barenboim am Pult der Staatskapelle ist dieser Nicolai musikalisch Chefsache und geht großformatig, ein wenig auf Wagner orientiert, zur Sache. Bei den Chorszenen im letzten Bild gibt es hörbare Koordinierungsprobleme, obwohl der Chor nicht durch allzu einfallsreiche Aktionen abgelenkt wird.

FAZIT

Die Staatsoper Unter den Linden verspielt durch eine läppische Regie den vokalen Luxus, den sie für die lustigen Weiber aufbietet.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Daniel Barenboim

Inszenierung
David Bösch

Bühnenbild
Patrick Bannwart

Kostüme
Falko Herold

Licht
Michael Bauer

Chor
Martin Wright

Dramaturgie
Detlef Giese


Staatsopernchor

Staatskapelle Berlin


Sänger

Sir John Falstaff
René Pape

Herr Fluth
Michael Volle

Herr Reich
Wilhelm Schwinghammer

Fenton
Pavol Breslik

Junker Spärlich
Linard Vrielink

Dr. Cajus
David Oštrek

Frau Fluth
Mandy Fredrich

Frau Reich
Michaela Schuster

Jungfer Anna Reich
Anna Prohaska



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Staatsoper Unter den Linden Berlin
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2019 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -