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Samson et Dalila

Oper in drei Akten und vier Bildern
Text von Ferdinand Lemaire nach einer alttestamentarischen Geschichte aus dem Buch der Richter
Musik von Camille Saint-Saëns

in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln 

Aufführungsdauer: ca. 2h 35' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Düsseldorf am 18. Oktober 2019


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Rheinoper
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Biblische Geschichte in zeitlosem Gewand

Von Thomas Molke / Fotos von Jochen Quast

Camille Saint-Saëns' Oper Samson et Dalila genießt heute vor allem noch wegen der berühmten Arie der Dalila "Mon cœur s'ouvre à ta voix" große Bekanntheit. In wohl keiner anderen Oper ist die Verführungskunst einer "Femme fatale" betörender in Musik gesetzt worden als in dieser Gesangsnummer. Doch obwohl Saint-Saëns mit dieser Arie und dem zweiten Akt sein ursprüngliches Vorhaben, auf den alttestamentarischen Stoff ein Oratorium zu komponieren, auf Anraten seines Textdichters Ferdinand Lemaire zu Gunsten einer Oper abänderte, sollte es noch einige Jahre dauern, bis das Werk schließlich eine umjubelte Uraufführung erlebte. 1867 fand sich zunächst kein Theater in Frankreich, das an dem biblischen Stoff Interesse zeigte. Auch eine Privataufführung des zweiten Aktes mit der Mezzosopranistin Pauline Viardot 1874 brachte nicht das erhoffte Angebot der Pariser Oper. Es war Franz Liszt, der Saint-Saëns schließlich die Möglichkeit eröffnete, die Oper 1877 am Nationaltheater Weimar herauszubringen, allerdings in deutscher Sprache. Auch die französische Erstaufführung fand nicht in Frankreich, sondern ein Jahr später in Belgien statt, und zwar konzertant. Erst 1990 war das Werk erstmals auf französischem Boden in Rouen zu erleben. Den Sprung an die altehrwürdige Pariser Oper schaffte es erst 1892, nachdem es schon einen langen Siegeszug quer durch Europa angetreten hatte.

Die Handlung basiert auf der alttestamentarischen Erzählung im Buch der Richter, Kapitel 13 - 16, über den drittletzten hebräischen Richter Simson (Samson), der als Auserwählter Gottes durch seine enorme Stärke unbesiegbar blieb, solange er sein Haar ungeschoren ließ. Als er dieses Geheimnis seiner Frau Delila (Dalila) anvertraute, verriet sie es an die Philister. Im Schlaf wurde er geschoren, anschließend gefangen genommen und geblendet. Erst als sein Haar wieder wuchs, erlangte er noch einmal seine ursprüngliche Kraft, brachte den Philistertempel zum Einsturz und riss 3000 Philister mit sich in den Tod. Bereits Voltaire verfasste 1733 zu diesem Stoff ein Libretto für Rameau, das allerdings von der kirchlichen Zensur verboten und nie vertont wurde. Bereits hier ist Dalila nicht mehr Samsons Ehefrau sondern eine Prostituierte der Philister, die sich Samson mit ihren Reizen gefügig macht. Bei Saint-Saëns erhält sie noch eine weitere Motivation für ihren Verrat. Hier ist es nicht das Gold, das ihr der Oberpriester des Dagon anbietet, sondern Dalilas Wunsch nach Rache, der sie veranlasst, Samsons Geheimnis zu ergründen und anschließend an die Philister zu verraten. Bereits vor der Handlung der Oper unterhielt sie nämlich eine Liebesbeziehung zu Samson und war von diesem verlassen worden. Diese Zurückweisung will sie nicht auf sich beruhen lassen.

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Das Volk der Hebräer (Opernchor) beklagt die Gefangenschaft.

Das Regie-Team um Joan Anton Rechi verlegt die Geschichte in eine abstrakte, nicht genau datierbare moderne Zeit und verzichtet auf ein alttestamentarisches Setting. Die Hebräer, die sich zu Beginn der Oper noch in der Gefangenschaft der Philister befinden, sind Minenarbeiter, die für die herrschenden Philister die Ressourcen aus der Erde holen. So lässt Rechi sie nach dem melancholischen Vorspiel langsam mit Bergbaulämpchen aus dem Bühnenboden hochfahren und ihr Schicksal beklagen. Musikalisch ist dem ersten Akt in den großartigen Chor-Tableaus noch anzumerken, dass Saint-Saëns das Werk ursprünglich als Oratorium geplant hatte. Die Philister treten als Geschäftsleute in dunkelblauen Anzügen auf. Ihr Gott Dagon ist das Geld, mit dem Abimélech (Luke Stoker mit profundem Bass) zu Beginn ein wenig demütigend die Hebräer für ihre Arbeit entlohnt. Samson hält sich bei dieser Szene ein wenig abseits. Die Kraft seines Haupthaares liegt in einem langen glatten Pferdeschwanz. Auf eine wallende Lockenpracht, wie man sie von zahlreichen Gemälden kennt, wird hier verzichtet. Natürlich dürfen bei einer modernen Inszenierung auch die Maschinenpistolen nicht fehlen, mit denen die Philister (zwei an der Zahl) das Volk der Hebräer (den kompletten Chor) in Schach halten. So verwundert es eigentlich nicht, dass Samson und den Hebräern gelingt, die Philister zu überwältigen und Abimélech zu töten.

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Der Tod des Abimélech (Luke Stoker, vorne liegend) erschüttert die Philister (von links: David Fischer, Luis Fernando Piedra, Simon Neal als Oberpriester des Dagon und Dmitri Vargin).

Der Schrecken, den die Hebräer anschließend nach einem Bericht des Kriegsboten verbreiten, äußert sich darin, dass sie sich nach ihrer Befreiung genauso verhalten wie die Philister, die sie zuvor geknechtet haben. So frönen sie der Lust und kaufen sich bei den Philisterinnen Liebe. Dalila wirkt in ihrem kurzen Leopardenkleid und dem weißen Pelzmantel wie eine Art Puffmutter, die das Geschehen überwacht und beobachtet, wie die Hebräer von "ihren Mädchen" ausgenommen werden. Ramona Zaharia begeistert in der Partie mit einem satten Mezzosopran und voluminösen Tiefen, die Dalilas Autorität unterstreichen. Als es zu einer unschönen Auseinandersetzung zwischen einem Freier und einem Mädchen kommt, greift sie sofort beherzt ein und wird von Samson, der sich bisher aus dem Treiben herausgehalten hat, unterstützt. Hier kommt es bereits zur ersten Annäherung zwischen den beiden. Da verhallen auch die Warnungen des alten Hebräers (Sami Luttinen mit markantem Bass) ungehört. Zu Beginn des zweiten Aktes sieht man Dalila auf einem Tisch mit einem Philister, den sie verführt hat. Der Oberpriester stört ihr Schäferstündchen und will Dalila für seine Zwecke instrumentalisieren. Doch seine Verhandlungen bleiben trotz eines hin- und hergeschobenen Koffers ungehört. Dalila arbeitet nur auf eigene Rechnung.

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Dalila (Ramona Zaharia) verführt Samson (Michael Weinius).

Die nun folgende Verführungsszene wird musikalisch und szenisch sehr überzeugend umgesetzt. Axel Kober zaubert mit den Düsseldorfer Symphonikern absolut sinnliche Klänge aus dem Graben, die Dalilas Verführungskünste noch unterstützen. Zaharia gestaltet die Partie überzeugend lasziv mit samtigem Mezzosopran, der in den Höhen enorme Strahlkraft entwickelt und Samson (und den Zuhörer) in jeder Hinsicht einwickelt. Diesem betörenden Klang kann man einfach nicht widerstehen. Michael Weinius wehrt sich mit strahlendem Heldentenor vergeblich. Großartig setzt er stimmlich und darstellerisch Samsons verzweifelten Kampf gegen Dalilas Reize um. Rechi zeigt nun auf der Bühne, was gemäß Libretto eigentlich im Off geschieht. Samson flüstert Dalila liebestrunken sein Geheimnis ins Ohr. Anschließend schneidet sie ihm auf der Bühne den Pferdeschwanz ab. Jetzt erst erkennt Samson den Verrat. Doch es ist zu spät. Er wird von den beiden Philistern und dem Kriegsboten angegriffen und zu Boden geworfen. Simon Neal tritt als Oberpriester auf und sticht Samson äußerst brutal die Augen aus, während er diabolisch Dalilas Verführungsarie pfeift.

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Der Oberpriester des Dagon (Simon Neal, 2. von links) und Dalila (Ramona Zaharia) triumphieren mit den Philistern (Opernchor, sitzend) über Samson (Michael Weinius, vorne links).

Für den dritten Akt wird nun eine Art Gemeindesaal aufgebaut. Der große Tisch wird durch Bänke ersetzt. In der Ecke steht sogar eine kleine Orgel. Das Bacchanal wird nun wie ein Gottesdienst gefeiert. Der Oberpriester reicht einen goldenen Kelch herum, in den jeder ein Geldstück wirft. Später werden die Geldstücke wie beim Abendmahl die Oblaten an die Gläubigen verteilt. Dalila führt gemeinsam mit dem Oberpriester dieses Ritual durch. Rechi gesteht ihr in der Personenregie ein, sich bei der Verhöhnung Samsons sehr unwohl zu fühlen. Zwischenzeitlich wird sie wie ein gekreuzigter Jesus durch die Reihen der jubelnden Philister getragen. Weinius glänzt auch im dritten Akt mit sauberen Höhen und großer Dramatik. Wenn Dalila zu Samson tritt, um ihn zu verhöhnen, erwürgt er sie, nachdem er sich laut Libretto zu den auf der Bühne nicht vorhandenen Säulen des Tempels hat führen lassen. Mit tenoralem Glanz ruft er erneut den Gott Jehova an, und die Philister versinken im Bühnenboden, aus dem die Hebräer zu Beginn des Abends emporgekommen sind. Das Publikum bejubelt den von Gerhard Michalski einstudierten Opernchor und die Solisten, allen voran Zaharia, Weinius und Simon Neal als Oberpriester, der die Partie mit schwarzem Bass sehr diabolisch anlegt. Auch das Regie-Team erntet Beifall, wenn auch ein wenig zurückhaltender.

FAZIT

Musikalisch ist diese Produktion ein Hochgenuss. Szenisch tut sie keinem weh.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
*Axel Kober /
Marie Jacquot

Inszenierung
Joan Anton Rechi

Bühne
Gabriel Insignares

Kostüme
Mercè Paloma

Chor
Gerhard Michalski

Licht
Volker Weinhart

Dramaturgie
Anna Grundmeier

 

Düsseldorfer Symphoniker

Chor der Deutschen Oper am Rhein

Statisterie der Deutschen Oper am Rhein

 

Solisten

*Premierenbesetzung

Dalila
Ramona Zaharia 

Samson
Michael Weinius

Oberpriester des Dagon
Simon Neal

Abimélech
Luke Stoker

Ein alter Hebräer
*Sami Luttinen /
Nicolas Cavallier /
Ivo Stánchev

Kriegsbote
Luis Fernando Piedra

1. Philister
David Fischer

2. Philister
*Dmitri Vargin /
Luvuyo Mbundu

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Deutschen Oper am Rhein
(Homepage)



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