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Der etwas andere Otello Von Thomas Molke / Fotos von Barbara Aumüller Shakespeares Tragödie Othello verbindet man im Bereich der Oper meistens mit Giuseppe Verdi. Dabei hat sich rund 70 Jahre vor Verdi Gioachino Rossini mit diesem Stoff beschäftigt und eine Vertonung geschaffen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als musikalische Sensation galt und sich großer Beliebtheit erfreute. Dass das Werk heute trotz der Wiederentdeckung von Rossinis tragischen Opern relativ selten auf dem Spielplan steht, mag mehrere Gründe haben. Zum einen dürfte die Besetzung zahlreiche Opernhäuser vor schier unlösbare Probleme stellen. Das Werk erfordert nämlich insgesamt sechs Tenöre, von denen drei Partien, Otello, Rodrigo und Jago, äußerst anspruchsvoll sind. Zum anderen hat es mit Shakespeares Drama nicht mehr als die grobe Figurenkonstellation gemein. Lord Byron und der Rossini-Biograph Stendhal kritisierten vor allem die Dramaturgie der ersten beiden Akte. Die Oper Frankfurt, die in dieser Spielzeit insgesamt drei Opern des Schwans von Pesaro auf den Spielplan stellt, übernimmt eine Produktion des Theater an der Wien, die dort in der Inszenierung von Damiano Michieletto 2016 Premiere feierte. Die Anzahl der Tenöre wird in dieser Produktion auf fünf reduziert, da der Gondoliere aus dem dritten Akt mit Otellos Freund Lucio zu einer Figur verbunden wird. Elmiro (Thomas Faulkner, links) will seine Tochter Desdemona (Nino Machaidze) gegen ihren Willen mit Rodrigo (Jack Swanson, 2. von rechts) verheiraten (ganz rechts: Jago (Theo Lebow)). Rossinis Librettist Francesco Maria Berio orientiert sich an zwei zeitgenössischen Schauspielbearbeitungen des Stoffes, der ursprünglich als Novelle aus Giraldo Cinthios Sammlung Hecatommithi stammt. Eine zentrale Rolle nimmt hier Desdemonas Vater Elmiro Barbarigo ein, der seine Tochter mit dem Sohn des Dogen, Rodrigo, verheiraten möchte, ohne zu wissen, dass seine Tochter bereits heimlich mit Otello vermählt ist. Als er einen Brief seiner Tochter an ihren heimlichen Gatten abfängt, der neben zärtlichen Worten auch noch eine Locke Desdemonas Jago (Theo Lebow, hinten) schürt Otellos (Enea Scala, vorne) Eifersucht. Das Regie-Team um Damiano Michieletto scheint den Ansatz zu verfolgen, die Unterschiede zu Verdi und Shakespeare noch deutlicher herauszuarbeiten, und geht bei den Abweichungen noch ein paar Schritte weiter als die Oper selbst. Die militärische Komponente interessiert Michieletto in seiner Inszenierung weniger. Stattdessen sieht er Otello als einen arabischen Geschäftsmann, der als Fremder in ein westliches System eindringt. Seine wirtschaftlichen Beziehungen und sein Geld sind hier sehr willkommen. Seine Kultur wird von der Gesellschaft allerdings eher abgelehnt. So löst es bei allen Beteiligten große Irritation aus, wenn er Desdemona ein schwarzes Kopftuch schenkt oder im zweiten Akt seinen Gebetsteppich ausbreitet. Emilia ist bei Michieletto nicht nur Desdemonas Vertraute sondern auch ihre jüngere Schwester, die allerdings ganz eigene Ziele verfolgt. So buhlt sie um die Gunst des Vaters und möchte selbst gerne mit Rodrigo vermählt werden. Sie ist es auch, die Jago den Brief Desdemonas zukommen lässt. Jago ist ein Cousin Rodrigos und zieht diabolisch die Fäden der Intrige. So scheint er, wie ein böser Geist die übrigen Figuren in ihrem Handeln zu manipulieren. Um die Angst der venezianischen Gesellschaft vor dem Fremden in der Person des Otello zu schüren, beschmiert er am Ende des ersten Aktes zunächst Otello und schließlich die ganze Gesellschaft mit Dreck.
Desdemona (Nino Machaidze)
versucht vergeblich, zwischen Otello (Enea Scala, Mitte) und Rodrigo (Jack
Swanson, links) zu vermitteln.
Emilia (Kelsey Lauritano, hinten
rechts) und Lucio (Michael Petruccelli) sorgen sich um Desdemona (Nino Machaidze,
vorne).
Eine zentrale Rolle im Bühnenbild
von Paolo Fantin, das einen großen kalten Saal mit beigefarbenen Marmorwänden
zeigt, der mit einer Zwischenwand aus dem Schnürboden verkleinert werden kann,
spielt ein großes Gemälde, das Francesca da Rimini
FAZIT
Rossinis Otello verdient musikalisch einen festen Platz neben Verdis
gleichnamiger Oper, auch wenn er inhaltlich ziemlich weit von Shakespeare
entfernt und wahrscheinlich auch wesentlich schwerer zu besetzen ist.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung Inszenierung Szenische Einstudierung Bühnenbild Kostüme
Licht Chor
Frankfurter Opern- und Chor der Oper Frankfurt Statisterie der Oper Frankfurt Solisten*Premierenbesetzung
Otello
Desdemona
Jago
Rodrigo
Elmiro Barbarigo
Emilia
Doge
Lucio
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