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Casa Azul

Inspired by Frida Kahlo
Ballett von Marguerite Donlon
Komposition und musikalische Arrangements von Claas Willeke

Aufführungsdauer: ca. 1h 15' (keine Pause)

Premiere im Theater Hagen am 5. Oktober 2019


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Lebensstationen einer Ausnahmekünstlerin

Von Thomas Molke / Fotos: © Oliver Look (Rechte Theater Hagen)

Als das Theater Hagen Ende Oktober 2018 eine Pressemeldung herausgab, dass der Vertrag des Ballettdirektors Alfonso Palencia zum Ende der Spielzeit nicht verlängert werde, sorgte das bei den Ballettfreunden für große Irritation und Sorge, da man doch den Eindruck hatte, dass Palencia die Nachfolge des langjährigen, sehr erfolgreichen Ricardo Fernando durchaus gelungen war. Im Februar 2019 konnte man dann die Sorge um den Fortbestand der Ballettsparte beruhigen und verkündete, dass Marguerite Donlon ab der Spielzeit 2019/2020 neue Ballettdirektorin in Hagen werde. Donlon, die von 2001 bis 2013 die Ballettsparte am Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken mit großem Erfolg leitete und dort die Donlon Dance Company gründete, mit der sie ein umfangreiches Repertoire erarbeitete und auch internationale Gastspielreisen unternahm, ist auch in Hagen keine Unbekannte. Im Rahmen des dreiteiligen Tanzabends Ballett? Rock It! in der Spielzeit 2014/2015 stellte sie hier ihre Choreographie Heroes - H vor (siehe auch unsere Rezension), und in der Spielzeit 2017/2018 war sie in dem ersten von Palencia als Ballettdirektor konzipierten Tanzabend Dancing Souls erneut zu Gast mit der Kreation Soma (siehe auch unsere Rezension). Als neue Ballettdirektorin präsentiert sie nun ein Stück, das sie im Oktober vor 10 Jahren erstmals am Saarländischen Staatstheater erarbeitet hat: Casa Azul (Inspired by Frida Kahlo).

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Dreimal Frida: auf dem Boden liegend: Filipa Amorim, links: Noemi Emanuela Martone, rechts: Sara Peña

Thema ist die Ausnahmekünstlerin Frida Kahlo, die schon zu Lebzeiten eine Legende war. Das "Blaue Haus" (Casa Azul) bezeichnet den Rückzugsort, der für Kahlo zeitlebens eine wichtige Rolle gespielt hat. Dort wurde sie am 6. Juli 1907 geboren, und dort starb sie auch am 13. Juli 1954, wobei nicht klar ist, ob sie ihrem Leben selbst ein Ende setzte oder den Folgen einer Lungenembolie erlag. Mit Claas Willeke, der 2013 bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, hat Donlon für diesen Abend traditionelle mexikanische Musik, die zu Frida Kahlos Lebzeiten populär war, mit Auszügen aus dem Film-Soundtrack Frida kombiniert, um unterschiedliche Stationen der von schwerer Krankheit gezeichneten Künstlerin abzubilden. Schon als Kind war Kahlo aufgrund einer Erkrankung an Kinderlähmung lange Zeit ans Bett gefesselt und kämpfte sich mit ihrer Energie und ihrem eisernen Willen zurück in ein Leben voller Feste und politischer Rebellion. Mit ihrer großen Fantasie erfand sie eine imaginäre Freundin, mit der sie große Abenteuer erlebte, die sie später in ihren Bildern verarbeitete. Zu Beginn des Abends sieht man einen Tagebucheintrag, der auf den Vorhang projiziert wird und in dem Kahlo berichtet, wie sie eine Tür auf die beschlagene Fensterscheibe an ihrem Bett gemalt habe und durch den Buchstaben "o" zu ihrer Freundin in eine andere Welt geschlüpft sei. Um die verschiedenen Persönlichkeiten Kahlos herauszuarbeiten, lässt Donlon die Partie von insgesamt drei Tänzerinnen darstellen.

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Große Liebe: Frida (Sara Peña) und Diego Rivera (Luis Gonzalez)

Das Bühnenbild von Ingo Bracke zeigt eine Miniatur des "Blauen Hauses" an der Rampe auf der rechten Bühnenseite. Von dem darüberliegenden Balkon rieselt ein feiner Strahl herab, der von einer kleinen Lampe angestrahlt wird, so dass interessante Lichtspiele entstehen. Im linken Bühnenhintergrund sieht man eine größere Version des Hauses, das sich öffnen lässt und Einblick in die farbenfrohe, leuchtende Welt Fridas gibt. Des Weiteren kommen drei verschiebbare Wände zum Einsatz, die jeweils in einen neuen Lebensabschnitt überleiten. Bemerkenswert umgesetzt wird, wie Frida hinter diesen Wänden verschwindet und anschließend eine neue Darstellerin der Frida auftaucht. Außerdem sollen Videoprojektionen die Welt Fridas verbildlichen. Das funktioniert am Premierenabend allerdings nur eine gute halbe Stunde. Wegen der extrem lauten Geräusche, die der Beamer macht, unterbrechen Donlon und Intendant Francis Hüsers die Vorstellung und fügen eine kurze Pause ein, um zu schauen, ob die Projektionen weiterhin eingesetzt werden können. Nach der Zwangspause muss auf den Einsatz des Beamers und somit auch weitere Projektionen verzichtet werden. So geraten einige Bilder zwar etwas dunkel, nehmen dem Abend aber keineswegs seinen Zauber.

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Frida (Sara Peña, vorne) und ihre Freunde (Enxemble) bei einem ausgelassenen Fest.

Neben Einspielungen vom Band gibt es auch Live-Musik, die Luis Gonzalez an der Gitarre vorträgt. Dabei schlüpft er auch in die Rolle des älteren Diego Rivera, des wichtigsten Mannes in Frida Kahlos Leben. Mit viel Gefühl fängt er die Lebensfreude der mexikanischen Rhythmen ein, die das ausgelassene Leben beschreiben, das Kahlo trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen immer wieder angestrebt hat. Voller Energie bewegen sich die Tänzerinnen und Tänzer in der mexikanischen Mode der damaligen Zeit detailliert nachempfundenen Kostümen von Markus Maas und lassen im Publikum den Wunsch entstehen, direkt ausgelassen mitzutanzen. So gibt es für diese Szene, die nach der kurzen Zwangspause wieder aufgegriffen wird, auch frenetischen Zwischenapplaus und Jubel im Publikum. Zwischen diesen fröhlichen Szenen fängt Gonzalez allerdings auch die ruhigen und traurigen Momente im Leben Fridas ein. Sehr traurig stimmt die Szene, in der Diego Fridas Schwester Cristina (Jeong Min Kim) verführt, was zur zwischenzeitlichen Trennung von Frida führte.

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Von der Krankheit gezeichnet: Frida (links: Filipa Amorim, rechts: Noemi Emanuela Martone)

Auch Fridas schwerem Unfall und den daraus resultierenden Folgen wird an diesem Abend viel Raum gegeben. Nachdem Filipa Amorim zunächst als Studentin Frida kämpferisch inmitten der Studentenproteste aufgetreten ist, sieht man anschließend Noemi Emanuela Martone in einem weißen Kleid in der Straßenbahn, in der Frida 1925 den schlimmen Verkehrsunfall hatte, bei dem sie sich zahlreiche Knochenbrüche zuzog, die ihr weiteres Leben stark einschränkten. Ein roter Fleck auf Martones weißem Kleid deutet die Verletzung an. Dann verschwindet sie hinter einer verschiebbaren Wand, und Filipa Amorim taucht mit vier Krankenschwestern auf und ist in eine Art Stahlkorsett gezwängt, das sie fortan tragen muss. Bewegend wird die erste Begegnung mit Diego Rivera umgesetzt, dem ein ausgelassener Tanz folgt. Am Ende lässt Donlon alle drei Darstellerinnen in unterschiedlichen Kostümen auf der Bühne zusammenfinden und führt somit noch einmal die Vielschichtigkeit dieser Künstlerin vor Augen. Die Tänzerin Amber Neumann schlüpft dabei stimmgewaltig in die Rolle der mexikanischen Sängerin Chavela Vargas und stimmt ein melancholisches Lied an, das von Gonzalez an der Gitarre begleitet wird. Das Publikum spendet den Tänzerinnen und Tänzern und dem Regie-Team frenetischen Beifall.

FAZIT

Marguerite Donlons Einstand als neue Ballettdirektorin in Hagen kann in jeder Hinsicht als gelungen bezeichnet werden.



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Produktionsteam

Choreographie und Konzept
Marguerite Donlon

Bühne und Video
Ingo Bracke

Kostüme
Markus Maas

Licht
Ernst Schießl

Dramaturgie
Waltraut Körver

 


Tänzerinnen und Tänzer

*Premierenbesetzung

Frida
Filipa Amorim
Noemi Emanuela Martone
Sara Peña

Diego Rivera
Luis Gonzalez

Chavela Vargas
*Amber Neumann /
Ambre Twardowski

Cristina Kahlo
*Jeong Min Kim /
Federica Mento

Alejando Gómez Arias
*Dario Rigaglia /
Alexandre Démont

Nicholas Muray
Alexandre Démont

Fridas Freunde
Federica Mento
Amber Neumann
Ambre Twardowski
Brandon Alexander
Gennaro Chianese
Peter Copek
Alexandre Démont
Ciro Iorio
Antonio Moro

Musik

Gitarre, Gesang und Percussion
Luiz Gonzalez

Lied-Gesang
Amber Neumann

Cajón (live) und Percussion
Alexandre Démont


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




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