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Ein Bilderbuchräuber mit hohem Unterhaltungswert
Von Stefan Schmöe
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Fotos von Klaus Lefebvre (© Theater Hagen) Seppel und Kasperl haben der Großmutter eine Kaffeemühle geschenkt, der Spatz schaut zu.
Seit 1962 treibt der Räuber Hotzenplotz sein Unwesen nicht nur in deutschen Kinderzimmern - 34 Übersetzungen des Kinderbuchklassikers von Ottfried Preussler soll es inzwischen geben. Jetzt hat das Theater Hagen den unverwüstlichen Klassiker, der sich an das Kasperletheater anlehnt, für die große Bühne bearbeitet, mit viel Musik (Komposition: Andreas Reukauf), sodass ein mit Pause etwas weniger als zweistündiges Musical herausgekommen ist, geeignet für Kinder ab fünf Jahren. Die Geschichte (des ersten Hotzenplotz-Bandes, um genau zu sein) wird nah am Buch entlang erzählt. Kleine Änderung: Als Bühnenelement gibt es zusätzlich einen singenden Vogel, der aber für die Handlung keine Bedeutung hat; auch werden einerseits die Großmutter und die Unke, andererseits Polizist Alois Dimpfelmoser und der Zauberer Petrosilius Zwackelmann vom jeweils demselben Darsteller gespielt, und das Bühnenbild (Sabine Kreiter) deutet die Räume vorsichtig an, ohne sich allzu realistisch zu geben. So bleibt das Stück in einer auch für Kinder erkennbaren Theaterrealität, nahe genug am Buch für den Wiedererkennungswert und weit genug entfernt, um sich dagegen behaupten zu können. Das ist er, der Räuber Hotzenplotz
Christian Kaltenhäußer ist mit einer Mischung aus teddybärenhafter Tollpatschigkeit und hinreichender Gefährlichkeit ein Räuber wie aus dem Bilderbuch - eine Figur, die Sympathie und ein wenig Furcht gleichzeitig erzeugt, und das macht viel vom Reiz der Produktion aus. Charlotte Welling als Kasperl und Stefan Merten als Seppel sind die kindlichen Helden, von der Regie (Anja Schöne) weniger markant gezeichnet als die anderen Figuren, aber damit bieten sie wohl auch mehr Identifikationsfläche. Michael Mayer als Oma ist eine etwas rätselhafte Besetzung - warum die Großmutter mit einem jungen Mann besetzt ist, will sich nicht so recht erschließen, stört aber auch nicht weiter, und als Unke trägt er sowieso ein Ganzkörperkostüm. Andreas Elias Post spielt Wachtmeister und Zauberer mit Witz und Ironie. Und Sarah Cossabon ist eine Fee Amaryllis und ein Spatz mit veritabler Opernstimme, die mit hübschen Koloraturen glänzt. Für dieses sehr engagiert singende und spielende Ensemble ist die hier besprochene Vorstellung bereits die dritte an diesem Sonntag - und dennoch sind keinerlei Verschleißerscheinungen zu beobachten, im Gegenteil: Die Spielfreude ist groß. Die flotte Musik hat keinen besonderen Wiedererkennungswert, ist aber ganz unterhaltsam wie auch die Choreographie (Jozsef Hajzer). Das Tempo ist angemessen hoch, und auf der Bühne passiert immer etwas - langweilig wird das nicht, auch nicht für die älteren Kinder (und die erwachsenen Begleiter), und für die Kleinsten ist es sogar ziemlich spannend. Das Stück aber als "Kasperlgeschichte zur Weihnachtszeit" zu bezeichnen, wie das Theater Hagen das tut, ist lediglich eine Frage des Marketings. Einen inhaltlichen Bezug zur Weihnachtszeit gibt es nun wirklich nicht.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Choreographie
Licht
Dramaturgie
Solisten
Räuber Hotzenplotz
Kasperl
Seppel
Wachtmeister Dimpflmoser /
Oma / Spatz / Unke
Spatz / Fee Amaryllis
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