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Musiktheater
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A First Date - Episode 3

Big Blur (Ausschnitte)

Ballett von Demis Volpi
Musik von Philippe Ohl

Elegie (Ausschnitt)

Ballett von Demis Volpi
Musik von Peteris Vasks (aus dem Streichquartett Nr. 2 "Sommerweisen")

Quasi una Fantasia (Ausschnitt)

Ballett von Demis Volpi
Musik von Henryk Mikolaj Górecki (aus dem Streichquartett Nr. 2 "Quasi una fantasia")

Chalkboard Memories (Ausschnitt)

Ballett von Demis Volpi
Musik von Nina Simone ("African Mailman")

Love Song (Ausschnitt)

Ballett von Andrey Kaydanovskiy
Musik von Jacques Brel ("Ne me quitte pas", gesungen von Nina Simone)

Aufführungsdauer: ca. 1h 10' (keine Pause)

Premiere am 13. September 2020 im Opernhaus Düsseldorf
(rezensierte Aufführung: 4. Oktober 2020)


Homepage

Ballett am Rhein / Rheinoper
(Homepage)
Aus dem Zusammenhang gerissen

Von Stefan Schmöe / Fotos von Bernhard Weis

Episode 3 des Vorstellungstermins von Demis Volpi, dem neuen Ballettchef im gleichen Format wie zuvor, was bedeutet: Gruppen von bis zu acht Tänzerinnen und Tänzern (mehr dürfen derzeit nicht zusammen trainieren und proben); Abstandsregeln gelten auch auf der Bühne (soweit die Beteiligten keinen gemeinsamen Haushalt führen); nachdem eine Gruppe getanzt hat, muss die Bühne gereinigt werden (dann gibt es wieder eine Filmeinblendung, wobei dieser dritte Teil von Daisy Longs A First Date - Die Dokumentation wie ein großer Werbeclip für Demis Volpi und seine Compagnie geraten ist). Gezeigt werden an diesem Abend durchweg Ausschnitte aus Choreographien von Volpi (und am Ende von Andrey Kaydanovsky). Keine Uraufführung, wie sie es in den Episoden 1 und 2 gegeben hatte.

Vergrößerung Big Blur: Daniele Bonelli

Big Blur entstand 2010 als erste choreographische Arbeit Volpis für das Stuttgarter Ballett, wo er danach von 2013 - 2017 Hauschoreograph war. In eine schwarze Wand an der Bühnenrückseite ist eine Öffnung eingelassen, durch die scharf begrenzten weißes Licht auf die Bühne fällt. Ein Tänzer betritt durch diesen Ausschnitt die Bühne. Knielange blaue Hose, ein weißer Blazer (der eine stark feminine Note gibt) über ansonsten entblößtem Oberkörper, ertastet er die Umgebung, sicheren Stand suchend, den Raum mit den Armen durchmessend und erobernd. Danach kommt eine Tänzerin, blaues Röckchen, ärmellose weiße Bluse, irgendwie zwischen Schuluniform und Buisiness-Look (Kostüme: Michaela Springer), dazu Spitzenschuh. Ganz ähnliches Verhalten wie ihr männlicher Kollege zuvor, nur sehr viel auf Spitze, den Körper verbiegend. Das ist das Grundmodell, das man erkennt und das in kleinen Episoden variiert wird. In einer bewegen sich zwei Tänzerinnen spiegelbildlich zueinander. Das alles wirkt gespenstisch rätselhaft, Tänzerinnen und Tänzer mitunter wie von einer fremden Macht gesteuert. Dazu erklingt Schlagzeugmusik (Philippe Ohl) vom Band, was die unwirkliche Atmosphäre unterstreicht. Die Bewegungssprache ist faszinierend. Big Blur (in etwa: Große Unschärfe) weckt Interesse nach mehr.

Vergrößerung

Elegie: Futaba Ishizaki

Das gilt auch für Elegie, 2014 für das Lettische Nationalballett choreographiert. Die Musik stammt von Peteris Vasks (aus dessen zweitem Streichquartett Sommerweisen, einer zerbrechlichen Musik voller Naturschilderungen, komponiert 1984). In der Einführung erfuhr man, dass Volpi in der Choreographie auf das lettische Freiheitsdenkmal in Riga anspielt, der Choreographie also einen für das lettische Publikum verständlichen Subtext mitgegeben hat, der in Düsseldorf und Duisburg natürlich nicht so einfach erkennbar ist. Zunächst ist die Bühne durch einen Schleiervorhang vom Publikum getrennt. Im Hintergrund steht eine Tänzerin (Futaba Ishizaki), vorne ein Tänzer (Rashaen Arts), der energiegeladen ein Solo beginnt, sich aufbäumt, mit etwas zu ringen scheint, am Ende die Schultern hängen lässt und die Bühne verlässt. Der Schleiervorhang fährt hoch, und jetzt gehört die Bühne der Tänzerin, in strahlendem Weiß (Kostüme: Thomas Lempertz), für ein (längeres) Solo - am Ende steht sie mit dem Rücken zum Publikum, den Kopf weit nach hinten gebeugt, und löst sich das Haar. Eine Allegorie auf die Freiheit? Erfolg und Misserfolg? Auch das erfuhr man in der Einführung; der kurze, gleichwohl eindrucksvolle Ausschnitt allein bleibt abstrakt.

Vergrößerung Quasi una Fantasia: Maria Luisa Castillo Yoshida, Courtney Skalnik

Das ist ja das Problem mit diesen Ausschnitten: Es fehlt eben viel drumherum, was zum Verstehen notwendig wäre. Das betrifft auch die beiden folgenden Duette, beide mit synchronen Bewegungen. Quasi una Fantasia zum zweiten Satz aus Henryk Goreckis gleichnamigem zweiten Streichquartett zeigt eine weiße und eine schwarze Gestalt; die weiße mit Blazer, die schwarze mit Zotteln behängt. hell und dunkel, Licht und Schatten, das versteht man schnell, für das Gegensatzpaar "Haut und Haar" braucht man schon eher die Erläuterung. So oder so: Die Szene bleibt reichlich plakativ und banal. Weitaus mitreißender ist der kurze Ausschnitt aus Chalkboard Memories, also "Erinnerungen an die Kreidetafel", und Niklas Jendrics und Edvin Somai tanzen zur lässigen Musik von Nina Simone wie zwei große Lausbuben. Viel Tiefgang erkennt man nicht, auch da fehlt der Rahmen, in den die Szene eingebettet ist, aber man schaut gerne zu.

Vergrößerung

Love Song: Feline van Dijken, Eric White

Zum Abschluss dann ein Mini-Handlungsballett von Andrey Kaydanovskiy, entstanden 2014 für die Reihe "Young Choreographers" des Wiener Staatsballetts. Ein Paar lernt sich durch Zufall kennen und kommt sich näher, also eine kleine Liebesgeschichte, ganz witzig in Szene gesetzt, und Feline van Dijken und Eric White dürfen sich (gemeinsamer Haushalt) berühren und küssen. Leider endet das Stück ziemlich abrupt. Auch da hätte man gerne mehr gesehen.

Kurzum: Fünf Miniaturen, die allesamt das Problem haben, aus einem Kontext gerissen zu sein, die aber Neugier auf mehr wecken, die allesamt gemäßigt modernen Tanz repräsentieren. Es ist die geschlossenste der drei Episoden, mit denen Volpi sich als neuer Ballettchef in Düsseldorf und Duisburg vorstellt. Wobei nach drei Abenden noch nicht so recht deutlich wird, wo die Reise hingehen könnte.


FAZIT

Jetzt reicht's aber auch mit dem kleinen Format (das natürlich dem Coronavirus geschuldet ist) nach drei "Episoden" mit oft interessanten Miniaturen und Ausschnitten, die viel Talent andeuten, aber noch nicht den ganz großen Wurf.


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zu unseren Besprechungen von
A First Date, Episode 1
A First Date, Episode 2

Produktionsteam

Big Blur (Ausschnitte)

Choreographie
Demis Volpi

Kostüm
Michaela Springer

Licht
Claudia Sanchéz

Einstudierung
Louise Bennett
Brent Parolin

Tänzerinnen und Tänzer

Daniele Bonelli
Sara Giovanelli
Vincent Hoffman
Charlotte Kragh
James Nix
Elisabeth Vincenti

Uraufführung:
Stuttgart Ballett, 2010




Elegie

(Ausschnitt)

Choreographie
Demis Volpi

Kostüm
Thomas Lempertz

Licht
Claudia Sanchéz

Einstudierung
Uwe Schröter

Uraufführung: Lettisches Nationalballett,
Lettische Nationaloper Riga, 2014


Tänzerinnen und Tänzer

Rashaen Arts
Futaba Ishizaki

Uraufführung:
Lettisches Nationalballett,
Riga, 2014




Quasi und fantasia (Ausschnitt)

Choreographie
Demis Volpi

Kostüm
Thomas Lempertz

Licht
Claudia Sanchéz

Einstudierung
Uwe Schröter


Tänzerinnen und Tänzer

Maria Luisa Castillo Yoshida
Courtney Skalnik

Uraufführung:
Ballet de Santiago de Chile
2014




Chalkboard Memories

(Ausschnitt)

Choreographie
Demis Volpi

Kostüm
Katharina Schlipf

Licht
Claudia Sanchéz


Tänzerinnen und Tänzer

Niklas Jendrics
Edvin Somai

Uraufführung:
Canada's National Ballett School,
2014




Love Song

(Ausschnitt)

Choreographie
Andrey Kaydanovskiy

Kostüm
Karoline Hogl

Licht
Claudia Sanchéz


Tänzerinnen und Tänzer

Feline van Dijken
Eric White

Uraufführung:
Young Choreographers des
Wiener Staatsballetts, Wien 2014




Film:
A First Date, Episode 3

Regie
Daisy Long

Licht und Kamera
Hugh Lomas

Ton
David Marker

Schnitt, Postproduktion
Jo Alexander Berg


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A First Date, Episode 1
A First Date, Episode 2



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Ballett am Rhein
(Homepage)



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