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Il barbiere di Siviglia

Melodramma buffa in zwei Akten
Libretto von Cesare Sterbini
nach der gleichnamigen Komödie von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais
Musik von Gioacchino Rossini


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 50´(eine Pause)

Premiere am 11. Juni 2021 im Opernhaus Düsseldorf
(rezensierte Aufführung: 13. Juni 2021)


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Rheinoper
(Homepage)
Rossinis best Topmodel

Von Stefan Schmöe / Fotos von Monika Rittershaus


Mit dem Barbier von Sevilla nach dem Opernlockdown neu zu starten, das ist sicher keine schlechte Idee. Mit Rossinis brillanter Musikkomödie lässt sich gut punkten, und auch wenn im Düsseldorfer Opernhaus nicht einmal ein Viertel der Plätze verkauft werden durften, ist der Jubel für ein engagiert aufspielendes Ensemble am Ende groß und durchaus lautstark. Rossini bedient den zeittypischen Komödienmechanismus mit Bravour, und das zündet eben auch heute noch. Die tiefere Bedeutung darf da ruhig zurückstehen. Richtig viel falsch machen kann man als Regisseur dabei eigentlich nicht. Es sei denn, man sucht auf Biegen und Brechen den höheren Sinn: Was will uns das Werk heute sagen? Hör´ doch einfach hin, möchte man dem jungen Regisseur Maurice Lenhard zurufen, der drauf und dran ist, Rossinis Leichtigkeit allzu gedankenschwer zu verspielen. So weit kommt es aber zum Glück dann doch nicht.

Szenenfoto

Das Objekt der gräflichen Begierde: Rosina (hier: Maria Kataeva)

Lenhard, gemäß der von der Rheinoper veröffentlichten Biographie bisher als Regieassistent und Spielleiter u.a. in Stuttgart tätig, hinterfragt die Motive der handelnden Akteure: Da ist der superreiche Graf Almaviva, der sich in der Rolle des schmachtenden Liebhabers gefällt wie einst die mittelalterlichen Minnesänger, ein spätberufener edler Ritter, wie das Kostüm andeutet (die Brille bricht das hübsch ironisch). Der smarte Leonardo Ferrando singt ihn mit ein wenig zu groß gedachtem Ton und in den Koloraturen etwas schwerfälligem Tenor, das dürfte noch ein wenig auf Rossiniformat zurechtgestutzt werden. Und weil Geld keine Rolle spielt, häuft er Geschenke ohne Ende unter dem Balkon der quasi unbekannten, dennoch romantisch verehrten Rosina an, die er aus der Umklammerung ihres Vormunds Bartolo befreien möchte wie ein paar Opernjahrzehnte später Wagners Lohengrin wundersam seine Elsa erretten wird. Dafür lässt er dann auch noch zwei bombastische, mit Blumen gefüllte Schwäne auffahren. Hübsch gedacht, aber an der Geschichte vorbei erzählt: Bei Rossini und seinem Librettisten Cesare Sterbini gibt sich Almaviva ja zunächst als armer Student, dann als betrunkener Soldat aus. (Man kann ja durchaus fragen, ob die Angebetete das auch nur einen Moment lang glaubt oder vielleicht doch mehr Gefallen am Klischee der klassenlosen Liebe hängt, aber das müsste man dann auch inszenieren.) Nicht nur hier hebelt Lenhard leichtfertig Rossinis geschickte Dramaturgie aus.

Szenenfoto

Wie Schwanenritter Lohengrin kämpft Graf Almaviva (in altrosa) um Rosina (links: Valerie Eickhoff). Bartolo ist zu Recht irritiert.

Diese Rosina ist eine kokette junge Frau, der es an Geld offenbar auch nicht mangelt, jedenfalls trägt sie ein todschickes Kleid und eine aufwendige Frisur nach der anderen auf - das Leben ist für sie offenbar ein einziger Laufsteg: Rossinis best Topmodel. Die sehr attraktive Valerie Eckhoff verkörpert das mit Verve, und sie singt auch noch mit beweglichem, lyrisch warmem Sopran bravourös. Aber hinter so viel Kostüm geht die Figur verloren, und wenn sie in der Gewittermusik des zweiten Aktes verzweifelt zu Boden geht, glaubt man ihr kein Krokodilstränchen. Und kann man sich bei ihr immerhin am Anblick berauschen, so ist Kostümbildnerin Christina Geiger die Ausstaffierung des Figaro, so eine Art Harlekin mit großkariert gemustertem Anzug (der die Struktur des hässlichen Fußbodens aufgreift) nun wirklich misslungen. So dämlich kleidet sich keiner, der das Faktotum der schönen Welt sein will, und Emmet O´Hanlon wirkt ziemlich ratlos, wie er mit dem Outfit komödiantischen Esprit entwickeln soll. Also trumpft er mit donnernder, gleichwohl virtuos geführter Stimme auf, dass es eine Freude ist, und irgendwann wird man ihm hoffentlich sagen, dass er die Lautstärke dabei ruhig reduzieren darf, ja soll: Rossini braucht mehr Geist als Kraft. O`Hanlon kann, so scheint´s, beides.

Szenenfoto

Ein Kostüm wie der Fußboden: Figaro

Eigentlich ist der Barbier ja eher ein Kammerspiel; warum Bühnenbildnerin Malina Raßfeld den Bühnenraum, ein riesiger fensterloser Festsaal in scheußlichen Farben, noch optisch erweitert, ist so ein Rätsel für sich, jedenfalls drohen sich die Figuren darin immer wieder zu verlieren. Und während im ersten Bild die vielen Geschenkpakete die Wege verstellen (und Figaro um einen wirkungsvollen Auftritt bringen), steht im gesamten zweiten Akt eine U-förmig arrangierte Tischreihe für das Hochzeitsbankett permanent im Weg. Es sind dann auch handwerkliche Schwächen, die den Spielfluss hemmen, wie die Regie auch dazu neigt, mit überflüssigen Nebenaktionen von den Arien abzulenken, wo sie auf die Solisten fokussieren müsste. Die Haushälterin Berta im Vorspiel ihrer einzigen (von Heidi Elisabeth Meier betörend schön gesungenen) Arie von der Bühne gehen zu lassen, das ist auch nicht gerade eine überzeugende Idee. Die eingeworfenen Pointen bleiben überwiegend bemüht, und wenn sich in den Ensembles alle irgendwie rhythmisch zur Musik bewegen, dann sieht das aus wie bei anderen Rossini-Inszenierungen abgeschaut. Es holpert also kräftig. Letztendlich überzeugen am ehesten die Szenen, in denen ganz konventionell Komödie gespielt wird, angeführt von Pablo Ruiz als auch stimmlich souveränem Doktor Bartolo, unterstützt von Sami Luttinen als komisch-skurrilem Musiklehrer Basilio. Musikalisch runden Luvoyo Mbundu als klangschöner Fiorello und der zuverlässige Herrenchor der Rheinoper das Ensemble ab, das noch zwei, drei Vorstellungen braucht, um homogen zusammenzuwachsen.

Szenenfoto

Zur Gewittermusik muss Rosina ganz kurz unglücklich dreinschauen

Das gilt auch für die Düsseldorfer Sinfoniker, die unter der Leitung von Marie Jacquot sehr kultiviert aufspielen, dabei ein wenig zu breit und dadurch im Gestus etwas behäbig. Da fehlt noch die entscheidende Prise an Witz und Esprit, die sich im zweiten Akt andeutet, wo sich das Orchester allmählich frei spielt und jene Leichtigkeit und Energie anklingt, die Rossinis Musik auszeichnet.


FAZIT

Szenisch gibt sich diese Neuproduktion allzu bemüht und mitunter unbeholfen, musikalisch verspricht sie viel Potential.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Marie Jacquot

Regie
Maurice Lenhard

Bühne
Malina Raßfeld

Kostüme
Christina Geiger

Mitarbei Bühne und Kostüme
Naomi Sam

Licht
Volker Weinhart

Dramaturgie
Anna Melcher



Statisterie der
Deutschen Oper am Rhein

Düsseldorfer Symphoniker


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Rosina
Maria Kataeva /
* Valerie Eickhoff

Berta
Anke Krabbe /
* Heidi Elisabeth Meier

Almaviva
Leonardo Ferrando

Figaro
Emmett O'Hanlon

Bartolo
Pablo Ruiz

Basilio
Sami Luttinen

Fiorillo
Sander de Jong /
* Luvuyo Mbundu /
Jake Muffett

Offizier
* Romualdas Urbonas /
Dong-In Choi

Gitarrist
Rolf Marx /
* Christian Kiefer



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



Da capo al Fine

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