Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Auftakt 2020 - Wir spielen wieder!

Eröffnungsgala mit Musik von Carl Maria von Weber, Wolfgang Amadeus Mozart, Samuel Barber, Gioachino Rossini, Gaetano Donizetti, Peter Tschaikowsky und Giacomo Puccini

in deutscher und italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h 25' (keine Pause)

Premiere  im Opernhaus Dortmund am 1. September 2020




Theater Dortmund
(Homepage)
Zeit für das Live-Erlebnis

Von Thomas Molke / Fotos von Björn Hickmann (© Stage Picture)

Fast sechs Monate ist es her, dass auf der Bühne der Oper Dortmund die letzte Veranstaltung zu erleben war. Als Aubers Die Stumme von Portici am 13. März 2020 eine "Geisterpremiere" vor einigen wenigen Pressevertretern feierte (siehe auch unsere Rezension), war noch nicht abzusehen, dass die COVID-19 Pandemie der Spielzeit 2019/2020 ein frühzeitiges Ende bereiten werde. Lange hatte man in Dortmund gehofft, den Spielplan vor der Sommerpause wieder aufnehmen zu können, hatte auch bereits Pläne veröffentlicht, mit Carmen die neue Spielzeit zu eröffnen. Doch Corona hat die Theaterlandschaft auf der ganzen Welt verändert. Erforderliche Hygiene- und Abstandsregeln machten sehr schnell deutlich, dass der Spielplan für die Saison 2020/2021 an völlig neue und noch nie da gewesene Bedingungen angepasst werden musste. Im Mai startete man eine Petition, der sich sehr schnell zahlreiche Bühnen anschlossen. Darin wurde gefordert, den Theatern ab September 2020 wieder einen öffentlichen Betrieb zu ermöglichen. Regulär ist dieser Betrieb zwar noch lange nicht, aber immerhin hat man den Termin September 2020 halten können, und so lädt der geschäftsführende Direktor Tobias Ehinger gemeinsam mit den Dortmunder Philharmonikern, der Oper und dem Ballett Dortmund, am 1. September 2020 zu einer Auftaktveranstaltung der besonderen Form ein. Ehinger begrüßt das Publikum im "ausverkauften Haus", wobei "ausverkauft" heißt, dass gerade mal 258 Plätze verkauft werden durften, obwohl hier sonst weit mehr als 1000 Personen Platz finden. Aber die Einhaltung der Abstandsregeln lässt derzeit nicht mehr zu. Dennoch ist es Ehinger, Gabriel Feltz, Heribert Germeshausen und Xin Peng Wang ein ganz besonderes Anliegen, das Publikum, auf das sie nun fast ein halbes Jahr verzichten mussten, wieder in der Oper Dortmund begrüßen zu können.

Bild zum Vergrößern

Sooyeon Lee als Blonde

Der Abend soll zum einen einen Vorgeschmack auf das geben, was für die kommende Spielzeit geplant ist, und zum anderen Petitessen präsentieren, die in der Zeit der Theaterschließung entstanden sind und die Gefühle und Emotionen dieser Zeit verarbeiten. Wie alle übrigen Großveranstaltungen mussten auch die Cityring-Konzerte auf dem Friedensplatz abgesagt werden, mit denen die Dortmunder Philharmoniker in den vergangenen Jahren an einem Wochenende Ende August jeweils die neue Spielzeit eingeläutet haben und bei denen Opernintendant Heribert Germeshausen Auszüge aus dem Opernprogramm der kommenden Saison nebst neuen Sängerinnen und Sängern vorgestellt hat. So kann man bei diesem Auftaktkonzert mit der Sopranistin Sooyeon Lee und dem Tenor Sungho Kim zwei neue Ensemblemitglieder kennen lernen, die in der ersten Premiere der Spielzeit, Mozarts Die Entführung aus dem Serail, am 4. September 2020 in Dortmund debütieren werden. Lee sollte den Abend eigentlich mit Blondes Arie "Welche Wonne, welche Lust" eröffnen, der, so Gerrmeshausen, der Oper Dortmund mit dieser Auftaktveranstaltung aus dem Herzen gesprochen habe. Aber man hat sich dann doch für "Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln" entschieden, in der Blonde die Annäherungsversuche Osmins zurückweist, was ja durchaus zu den derzeitigen Abstandsgeboten passt. Lee überzeugt mit sauber ausgesungenen Höhen und kokettem Spiel. Kim, der in der Entführung die Partie des Belmonte übernehmen wird, stellt sich mit einer Bravourarie für lyrische Tenöre vor: "Una furtiva lagrima" aus Donizettis L'elisir d'amore. Dabei überzeugt er mit weichem tenoralem Schmelz.

Auch die Mezzosopranistin Maria Boiko ist neu im Opernensemble. Gemeinsam mit Anna Sohn, die zuletzt als Elvire in der "Geisterpremiere" von Aubers Die Stumme von Portici zu erleben war, interpretiert sie das berühmte Duett von Nero und Poppea "Pur ti miro, pur ti godo" aus Claudio Monteverdis L'incoronazione di Poppea. Dabei achten Boiko (mit sattem Mezzosopran) und Sohn (mit strahlendem Sopran) bei aller Innigkeit ihrer beiden Stimmen szenisch auf die für die Aufführung geltenden Abstände und stehen viel weiter auseinander, als man es bei dieser Liebeserklärung zwischen dem römischen Kaiser und seiner zukünftigen Gattin erwarten könnte. Überhaupt werden auf der Bühne die Abstandsregeln bewusst betont. So treten Ehinger und Germeshausen stets mit Maske auf und nehmen sie auf der Bühne erst ab, nachdem sie eine vorher festgelegte Position erreicht haben, so wie die Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Maske ja auch erst absetzen dürfen, wenn sie ihren Platz eingenommen haben. Monteverdis Oper steht zwar in der nächsten Spielzeit nicht auf dem Programm, aber das Duett ist Teil eines barocken Pasticcios, das am 22. November 2020 in der Oper Dortmund unter dem Titel Sehnsucht Premiere feiern soll.

Bild zum Vergrößern

Die Dortmunder Philharmoniker mit Generalmusikdirektor Gabriel Feltz

Die Dortmunder Philharmoniker sind auf der Bühne platziert und treten in leicht reduzierter Form auf. So teilen sich nicht, wie sonst üblich, zwei Musiker einen Notenständer, weil das mit geltenden Abstandsregeln nicht zulässig ist. Generalmusikdirektor Gabriel Feltz weist darauf hin, dass das Programm der Philharmonischen Konzerte ein wenig modifiziert werden musste, da man derzeit eben nicht mit rund 100 Orchestermitgliedern auf der Bühne musizieren könne. Dennoch verkündet er stolz, dass die Termine der Philharmonischen Konzerte alle eingehalten werden können und man mit Carl Orffs berühmter Carmina burana in kleinerer Chor- und Orchesterbesetzung die Saison eröffnen werde. Den Abend beginnen die Dortmunder Philharmoniker mit der Ouvertüre zu Carl Maria von Webers recht unbekannter Oper Der Beherrscher der Geister, mit der man vielleicht dem Corona-Virus als einem gewissermaßen bösen Geist trotzen will. Auch die berühmte Ouvertüre aus Rossinis Il barbiere di Siviglia lässt Feltz mit "seinen" Philharmonikern mit der gewohnten Leichtigkeit erklingen.

Bild zum Vergrößern

Stephanine Ricciardi als Odette und Javier Cacheiro Alemán als Siegfried in der Elegie aus Tschaikowskys Schwanensee

Als dritte Sparte präsentiert sich an diesem Abend das Ballett Dortmund mit seinem Intendanten Xin Peng Wang, der 2003 von der damaligen Intendantin Christine Mielitz nach Dortmund geholt wurde und seitdem die Compagnie zu einem Aushängeschild der Stadt gemacht hat, das auch überregional sehr große Beachtung findet. Wie Ehinger schildert Wang, dass es gerade die Tänzerinnen und Tänzer in der Zeit der Theaterschließung sehr schwer gehabt hätten, da aufgrund der geltenden Abstandsregeln keine gemeinsamen Proben möglich gewesen seien, jeder in seinen eigenen Wänden trainiert habe und man häufig nur über das Internet habe zusammenkommen können. Da es aber in der Compagnie einige Paare gibt, kann man an diesem Abend zwei Duette erleben. Das erste entwickelte Wang als Reaktion auf die COVID-19 Pandemie. Hier wird ein Paar in einer gewissen hoffnungslosen Isolation gezeigt, das verzweifelt versucht, zueinander zu finden. Daria Suzi und Filip Kvacak setzen dieses Paar mit modernem Ausdruckstanz bewegend zur Musik von Samuel Barbers Adagio for Strings um. Das zweite Duett stammt aus einer Choreographie Wangs, mit der er seit über einem Jahrzehnt in Dortmund große Erfolge feiert: die Elegie aus Tschaikowskys Schwanensee. Hier überzeugt Stephanine Ricciardi als weißer Schwan Odette mit filigranem Spitzentanz. Javier Cacheiro Alemán gibt einen sehr verträumten Prinzen Siegfried.

Bild zum Vergrößern

Guillem Rojo i Gallego bei einer tänzerischen Interpretation von "Vissi d'arte" aus Puccinis Tosca

Zum Abschluss gibt es dann ein Crossover der Sparten, was gleichzeitig als Statement des Hauses verstanden kann: "Vissi d'arte". Im Gegensatz zur Sängerin Tosca aus Puccinis gleichnamiger Oper bleibt man in Dortmund aber der Kunst treu und lebt noch immer dafür. Stéphanie Müther interpretiert die Arie mit großem dramatischem Sopran, während Guillem Rojo i Gallego in einer Choreographie von Wang versucht, die Emotionen der Musik in Bewegung umzusetzen. Es ist Geschmacksache, ob man Wangs Interpretation dabei folgen mag oder kann, aber man darf sich ja auch ganz auf Müther und das eindringliche Spiel der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz konzentrieren. Das Publikum bedankt sich bei allen Beteiligten mit großem Applaus.

FAZIT

Die Oper Dortmund, das Ballett Dortmund und die Dortmunder Philharmoniker geben gemeinsam ein überzeugendes Statement dafür ab, dass das Theater auch in Zeiten von Corona ein wichtiger Bestandteil des Lebens ist.

Programm

Carl Maria von Weber: Ouvertüre zu Der Beherrscher der Geister (Dirigat: Gabriel Feltz)

Wolfgang Amadeus Mozart: "Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln" aus Die Entführung aus dem Serail (Sooyeon Lee, Dirigat: Motonori Kobayashi)

Claudio Monteverdi: "Pur ti miro, pur ti godo" aus L'incoronazione di Poppea (Anna Sohn, Maria Boiko, Dirigat: Christoph JK Müller)

Ballett Dortmund: Temperamente: Melancholiker, Musik von Samuel Barber Adagio for Strings (Streichquartettfassung) (Choreographie: Xin Peng Wang, Tanz: Daria Suzi, Filip Kvacak)

Gioachino Rossini: Ouvertüre zu Il barbiere di Siviglia (Dirigat: Gabriel Feltz)

Gaetano Donizetti: "Una furtiva lagrima" aus L'elisir d'amore (Sungho Kim, Dirigat: Sebastian Engel)

Gaetano Donizetti: "Quanto amore! Ed io spietata!" aus L'elisir d'amore (Anna Sohn, Denis Velev, Dirigat: Sebastian Engel)

Ballett Dortmund: Elegie aus Schwanensee, Musik von Peter Tschaikowsky (Choreographie: Xin Peng Wang, Tanz: Stephanine Ricciardi, Javier Cacheiro, Dirigat: Motonori Kobayashi)

Giacomo Puccini: "Vissi d'arte" aus Tosca (Choreographie: Xin Peng Wang, Tanz: Guillem Rojo i Gallego, Gesang: Stéphanie Müther, Dirigat: Gabriel Feltz)

Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Gabriel Feltz
Motonori Kobayashi
Christoph JK Müller
Sebastian Engel

Moderation
Heribert Germeshausen
Xin Peng Wang
Gabriel Feltz
Tobias Ehinger

Licht
Ralph Jürgens

 

Dortmunder Philharmoniker

 

Solisten

Sooyeon  Lee
Anna Sohn
Maria Boiko
Stéphanie Müther
Stephanine Ricciardi
Daria Suzi
Sungho Kim
Denis Velev
Filip Kvacak
Javier Cacheiro Alemán
Guillem Rojo i Gallego

 


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Dortmund
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2020 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -