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Through his teeth (Im Fadenkreuz der Lüge)

Libretto von David Harrower
Musik von Luke Bedford


in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h 10' (keine Pause)

Premiere am 25. September 2020, Staatstheater Meiningen


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Staatstheater Meiningen
(Homepage)
Heute zu Gast ...

Von Roberto Becker / Fotos von Marie Liebig

Vor Talkshows oder reißerisch aufbereiteten Kriminalfällen ist man heutzutage auf keinem TV-Kanal mehr sicher. Jetzt nicht mal mehr in der Oper. In der jüngsten Premiere des Staatstheaters Meiningen treffen diese beiden, mitunter schon nervend präsenten Formate sogar an einem Abend aufeinander. Da lädt Hausherr Ansgar Haag (auch als Regisseur) zur einer erst vor 6 Jahren in London uraufgeführten Oper. In der ist das Opfer eines raffinierten Kriminalfalles in einer Talkshow zu Gast.

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Würden Sie von dem Mann einen Wagen kaufen? - Die erste Begegnung im Autosalon

Der Titel Through his Teeths wird auf dem Plakat und im Programm offiziell recht frei mit Im Fadenkreuz der Lüge übersetzt. Gesungen wird in Englisch - deutsch übertitelt versteht sich. In der präzisen Inszenierung, zu der Christian Rinke die kühl gestylte Bühne und Kerstin Jacobssen die dazu passenden Kostüme beisteuerte, wird daraus aber kein Abklatsch des einen oder des anderen. Vielmehr ist hier ein einstündiger Opernthriller zu erleben, dem man bis zur letzten Minute mit atemloser Spannung, sozusagen auf der Stuhlkante, folgt. Und den auch kein größeres Haus besser hätte stemmen können. Es lässt sich gar nicht genau sagen, ob es an der Story, der Musik, den fabelhaften Interpreten oder der maßgeschneiderten Inszenierung liegt. Wahrscheinlich am Zusammentreffen aller Teile. Ein Gesamtkunstwerk halt.

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Das Opfer bekommt ein Gesicht

Der Bösewicht ist ein Hochstapler, der einen finsteren Westentaschen-James Bond gibt. Die Frauen wickelt er nicht nur mit seinem Sexeappeal um den Finger; offensichtlich misshandelt er sie auch reihenweise. Der Talkshowgast ist da noch gut weggekommen - ihr hat er nur versucht, das Geld der Familie abzunehmen. Erst wickelt dieser smarte Robert (stimmlich so wandlungsfähig wie darstellerisch präsent: Shin Taniguchi) die Frauen ein und bindet sie dann als MI5 Agent im Undercover-Einsatz an sich. Seinen offensichtlich erheblichen Fähigkeiten als im Bett tun ihr Übriges. Bei so einer Legende lassen sich sogar irgendwelche Parallel-Frauen glaubhaft legitimieren.

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Im Alltag bleibt hier nichts unter der Decke

Der Abend beginnt mit der Ankunft des Talkshowgastes im Studio - die Kamerafrau (Andrea Flörke) probt die Totale des Gesichtes, das dann auf einem riesigen runden Bildschirm erscheint. Es ist imponierend, mit welcher Präzision Anne Ellersieck nicht nur singt, sondern auch die Fähigkeit ausspielt, Gedanken, Ängste oder Zweifel allein mit ihrer Mimik zu vermitteln. (Ein-)Blicke zur Musik sozusagen. Was sie im Gespräch preisgibt, erleben wir durch Rückblenden, die uns auf der Drehbühne, in einer zweiten Handlungsebene, an einer Beziehung teilhaben lassen. Am Flirt mit dem smarten Autohändler, der bald zu einer erotisch aufregenden Beziehung wird und dann in eine nahezu totale Abhängigkeit abgleitet. Die Interviewerin (mit dosierter Skrupellosigkeit: Carolina Krogius) zielt mit ihren Fragen vor allem auf die sexuellen Details der Beziehung (warum, sollte sich jeder selbst in der Oper ansehen). Die Schwester (mitfühlend: Marianne Schechtel) rät erst zu, bemerkt aber bald, dass da was nicht stimmen kann.

Der Alptraum eskaliert, als der vermeintliche Agent behauptet, aufgeflogen zu sein und für die gemeinsame Flucht das Geld der Familie benötigt wird. Das Orchester veranstaltet dazu einen imponierenden Heidenlärm. Die immer misstrauischere Schwester kommt zwar mit einer Tasche voller Geld zum Flughafen. Aber auch ein kleines, schwer bewaffnetes Einsatzkommando ist zur Stelle! Die Gerichtsverhandlung verfolgt die betrogene Frau etwas befreiter, bevor das Ende der Talkshow dann doch noch mal verblüfft.

Vergrößerung in neuem Fenster Das Interview

Die vom GMD Philippe Bach und der Hofkapelle beigesteuerte Musik des 1978 in London geborenen Komponisten Luke Bedford vermittelt zwischen perfektem Sprechgesang und expressiven Ausbrüchen bühnenwirksam eine eskalierende Spannung, der man sich eine Stunde lang einfach nicht entziehen kann. Man kann dieser Inszenierung nur wünschen, dass zu den nächsten Vorstellungen ein paar mehr als die bisher erlaubten 160 Besucher einen Platz finden. Es lohnt sich!


FAZIT

Das Meininger Staatstheater geht in die neue Spielzeit mit einem spannenden, in jeder Hinsicht gelungenen Opernthriller


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Philippe Bach

Inszenierung
Ansgar Haag

Bühne
Christian Rinke

Kostüme
Kerstin Jacobssen

Dramaturgie
Corinna Jarosch


Meininger Hofkapelle


Solisten

A
Anne Ellersiek

R
Shin Taniguchi

Interviewerin; S
Carolina Krogius

Schwester
Marianne Schechtel



Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Staatstheater Meiningen
(Homepage)



Da capo al Fine

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