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Die Zauberflöte

Deutsche Oper in zwei Aufzügen
Libretto von Emanuel Schikaneder
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

Aufführungsdauer: ca. 2h 35' (eine Pause)

in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere im Opernhaus Wuppertal am 13. September 2020


Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Zauberflöte mit Wuppertaler Lokalkolorit


Von Thomas Molke / Fotos: © Jens Grossmann / Jörn Hartmann

Auch in Wuppertal hat die Spielzeit nach der etwas längeren durch Corona bedingten Zwangspause im Opernhaus wieder begonnen. Verglichen mit anderen Häusern der Region scheinen an der Wupper aber nicht ganz so strenge Corona-Regeln zu herrschen. Zwar gelten im gesamten Haus Maskenpflicht und die üblichen Abstandsregeln, und im Saal sind immer mindestens zwei Plätze frei zwischen den Zuschauern. Natürlich wird auch hier schriftlich festgehalten, wer auf welchem Platz gesessen hat. Aber anders als in Hagen, Dortmund oder Essen wird jede Reihe besetzt und zwar schachbrettartig. So kann man viel mehr Zuschauer im Saal unterbringen, was bei der Beliebtheit von Mozarts Zauberflöte sehr günstig ist. Man mag dennoch ein wenig überrascht sein, dass die Oper sich traut, in der momentanen Situation mit einer relativ großen Besetzung und Chor die Saison zu eröffnen. Immerhin darf in Hagen der Chor nur vor der Vorstellung im Innenhof singen. Aber die großen Chorpassagen aus Mozarts Oper werden auch in Wuppertal nicht live auf die Bühne gebracht sondern über Lautsprecher eingespielt. Nur vereinzelt kommen Chorsänger als Sarastros Gefolge auf der Bühne oder aus den Rängen zum Einsatz.

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Die Königin der Nacht (Nina Koufochristou, vorne Mitte) mit ihren drei Damen (von links: Elena Puszta, Joslyn Rechter und Iris Marie Sojer) auf ihrem Weg durch Wuppertal (© Jörn Hartmann)

Zahlreiche unterschiedliche Lesarten sind über Mozarts letzte Oper in der Literatur diskutiert worden, und Regisseure können bei einer Neudeutung aus einer Vielzahl von Interpretationsansätzen wählen. Das Regie-Team um Bernd Mottl möchte vor allem den "Volkstheater"-Charakter des Stückes beibehalten und verlegt die Geschichte deshalb direkt nach Wuppertal. Hier treffen die Figuren des Opernmärchens in traumhaft schönen Kostümen von Friedrich Eggert auf die realen Gegebenheiten der Stadt, was beim Wuppertaler Publikum sehr gut ankommt. Während der Ouvertüre erlebt man in einer Videoprojektion die Vorgeschichte. Sarastro wirft die Königin der Nacht mit ihren drei Damen aus seinem Palast, dem Wuppertaler Opernhaus, um an ihrer Stelle über den mächtigen Sonnenkreis an der Decke des Zuschauersaals zu herrschen. Pamina hält er als Gefangene im Opernhaus zurück. Die Königin der Nacht macht sich mit ihren drei Damen auf den Weg durch die Wuppertaler Fußgängerzone und beschließt, sich an das Arbeitsamt zu wenden. Diese Filmsequenz steckt voller ironischer Elemente. Schließlich erkennt die Königin der Nacht, dass sie sich selbst helfen muss, erwirbt unauffälligere Kleidung und raubt einen Kleinbus, mit dem sie eine Imbissbude, "Burger Queen" eröffnet. Während ihre drei Damen den Laden führen, zieht sie im Hintergrund wie ein Mafia-Boss inmitten einer Vielzahl von Giftfässern die Fäden.

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Die drei Damen (von links: Elena Puszta, Joslyn Rechter und Iris Marie Sojer) zeigen Tamino (Sangmin Jeon) das Bildnis von Pamina (Ralitsa Ralinova in dem Gemälde) (© Jens Grossmann).

Tamino erscheint kurz darauf in einem märchenhaften Kostüm als indischer Prinz auf dem Grifflenberg und trifft bald auf die wilde Schlange in Form der Schwebebahn. Nun laufen Videoprojektion und Aktion auf der Bühne zusammen. In der Projektion "schlängelt" sich die Schwebebahn durch das Tal, während Tamino an der Rampe vor ihr Reißaus nimmt und schließlich erschöpft zusammenbricht. Nur Papageno scheint nicht aus dieser Märchenwelt zu stammen. Er verdingt sich als Straßenkünstler und Puppenspieler mit Dreadlocks und coolem Outfit in Wuppertal und macht mit seinen flotten Sprüchen sehr schnell deutlich, dass er weder in die hehre Welt Sarastros noch die der Königin der Nacht passt. Mit einer Art Feenstaub legen die Damen ihm zwar zeitweilig einen Maulkorb an, der ihn allerdings nicht lange ausbremsen kann. Seine Papagena trifft er in einer Videoprojektion in der Kantine der Oper. Es ist Liebe auf den ersten Blick, als Papagena ihm ein Salami-Brötchen reicht und sich dann plötzlich in einen Priester Sarastros verwandelt, der Papageno quer durch die Gänge des Opernhauses auf die Straße treibt.

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"In diesen heil'gen Hallen": Sarastro (Sebastian Campione Mitte) mit seinem Gefolge als "Hüter des Opernhauses" (© Jens Grossmann)

Bei Monostatos wird nicht nur optisch auf die dunkle Hautfarbe verzichtet, sondern auch der Text abgeändert. So ist er kein "Schwarzer" sondern ein Sklave, der Paminas Zurückweisung nicht akzeptieren will und deshalb so übergriffig wird, dass er von Sarastro mit Peitschenhieben bestraft wird. Da wird es gut nachvollziehbar, dass er sich anschließend in den Dienst der Königin der Nacht begibt. Pamina vollzieht als einzige Figur des Stückes eine Wandlung von der Märchenprinzessin hin zu einer realen Frau. So legt sie ihr barockes Kostüm ab, nachdem sie von den drei Knaben an einen Sprung in die Wupper gehindert worden ist, um fortan Tamino bei seinen Prüfungen zur Seite zu stehen. Wie sie den Schlüssel zum Opernhaus, den sie nach bestandener Prüfung und dem vereitelten Anschlag der Königin der Nacht von Sarastro erhält, mit Tamino teilen soll, bleibt eine der offenen Fragen in Mottls Inszenierung, da sie sich optisch ja nun in einer ganz anderen Welt als Tamino bewegt. Da geben Papageno und Papagena ein wesentlich lebensnäheres Pärchen ab, was in den Projektionen von zahlreichen sich küssenden Pärchen in Wuppertal unterstrichen wird. Die Videoprojektionen von Jörn Hartmann gehen mit dem Spiel auf der Bühne eine großartige Symbiose ein und ermöglichen so ein ganz natürlich wirkendes Spiel auf Abstand.

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Papageno (Simon Stricker) mit dem Glockenspiel (© Jens Grossmann)

Musikalisch bewegt sich die Aufführung auf insgesamt gutem Niveau. Mit Sangmin Jeon hat man als Tamino einen wunderbar lyrischen Tenor am Haus, der die Partie mit großer Strahlkraft und wunderbaren Bögen meistert. Seine große Arie "Dies Bildnis ist bezaubernd schön" gestaltet er voller Innbrunst mit sauber angesetzten Spitzentönen, während man in der Projektion Pamina in Großaufnahme sieht. Ralitsa Ralinova steht ihm als Pamina mit leuchtendem Sopran in Nichts nach. Ralinova gibt sich im Duett mit Papageno recht keck und wechselt später zu großer Leidensfähigkeit, wenn sie von den drei Knaben nur mit Mühe vom Selbstmord abgehalten wird. Simon Stricker ist darstellerisch und stimmlich eine Idealbesetzung für Papageno. Bei "Der Vogelfänger bin ich ja" spielt er gekonnt mit einem riesigen Vogel als Handpuppe, und auch von seinen sportlichen Qualitäten kann man sich bei einem eleganten Handstand überzeugen. Mit Anne Martha Schuitemaker hat er eine optisch passende Papagena mit großer Spielfreude an seiner Seite. Nina Koufochristou meistert die beiden anspruchsvollen Arien der Königin der Nacht mit sauber angesetzten Spitzentönen und perlenden Koloraturen. Elena Puszta, Iris Marie Sojer und Joslyn Rechter überzeugen als die drei Damen der Königin mit humorvollem Spiel.

Sebastian Campione gestaltet die Partie des Sarastro darstellerisch sehr würdevoll und mit einer klaren Diktion. In den Tiefen fehlt ihm allerdings ein bisschen die nötige Autorität für die Figur. Bei Mark Bowman-Hester ist als Monostatos die Textverständlichkeit noch ausbaufähig. Am Pult des frisch aufspielenden Sinfonieorchesters Wuppertal steht mit George Petrou ein Spezialist der Barockmusik, der zu Mozarts Partitur einen sehr gefühlvollen Zugang findet. So gibt es für alle Beteiligten am Ende der Vorstellung verdienten und lang anhaltenden Applaus.

FAZIT

Mit dieser Produktion gelingt den Wuppertaler Bühnen ein guter Einstand in die neue Spielzeit, bei dem man als Anhänger moderner Inszenierungen genauso auf seine Kosten kommen dürfte wie als Verfechter klassischer Lesarten.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
George Petrou

Inszenierung
Bernd Mottl

Bühne und Kostüme
Friedrich Eggert

Video
Jörn Hartmann

Chor
Markus Baisch

Dramaturgie
Sina Dotzert

 

Sinfonieorchester Wuppertal

Opernchor der
Wuppertaler Bühnen

Statisterie der
Wuppertaler Bühnen


Solisten

*Premierenbesetzung

Sarastro
Sebastian Campione

Tamino
Sangmin Jeon

Sprecher / 2. Priester / 2. Geharnischter
Timothy Edlin /
*Philipp Kranjc

1. Priester / 1. Geharnischter
Adam Temple-Smith

Königin der Nacht
Nina Koufochristou

Pamina
Ralitsa Ralinova

1. Dame
Palesa Malieloa /
*Elena Puszta

2. Dame
Iris Marie Sojer

3. Dame
Joslyn Rechter

Papageno
Simon Stricker

Papagena
Anne Martha Schuitemaker

Monostatos
Mark Bowman-Hester

3 Knaben
Tim Bielfeldt
*Hugo Kley
*Julian Brandt
Oliver Bavo
Ilias Beckerhoff
*Pablo Salti
Maxem Kowalke
David Matthes

 

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



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