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Musiktheater
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In the Still of the Night

Eine Reise durch die Nacht mit Lucia Lacarra und Matthew Golding
Choreographie von Matthew Golding
Musik von The Five Satins, Philipp Glass, Ben E. King & The Drifters, Edith Piaf, Max Richter, The Righteous Brothers und The Ronettes

Aufführungsdauer: ca. 1h (keine Pause)

Uraufführung im Opernhaus Dortmund am 16. Oktober 2021



Theater Dortmund
(Homepage)

Reise zwischen Traum und Realität

Von Thomas Molke / Fotos: © Leszek Januszewski

Als die Theater nach dem ersten Corona-Lockdown zu Beginn der Spielzeit 2020/2021 allmählich wieder die Pforten öffneten, waren die Möglichkeiten besonders für die Tanzsparte besonders schwierig, da gerade beim Tanz der erforderliche Abstand sehr schwierig einzuhalten ist. In dieser Zeit kreierten die spanische Tänzerin Lucia Lacarra, die man in Dortmund bereits als Gaststar aus den Produktionen Faust II  und Tschaikowsky kannte, und ihr Partner Matthew Golding, der als Solotänzer am Royal Ballet London und am Dutch National Ballet in Amsterdam große Erfolge feierte, den Ballettabend Fordlandia, in dem das Paar seine Erfahrungen aus dem Lockdown verarbeitete, den es von März bis Mai 2020 aus beruflichen Gründen getrennt verbringen musste und der nur einen digitalen Austausch ermöglichte (siehe auch unsere Rezension). Leider gab es aufgrund des folgenden zweiten Lockdowns von diesem Produktion nur wenige Vorstellungen in Dortmund, und auch die geplante internationale Tournee musste auf Eis gelegt werden. Doch der Erfolg war dennoch so überwältigend, dass Matthew Golding mit einem ähnlichen Konzept einen neuen Abend kreiert hat, der nun in Dortmund eine umjubelte Premiere feiert.

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Der Mann (Matthew Golding) und die Frau (Lucia Lacarra)

Der Titel In the Still of the Night erinnert an ein berühmtes Lied von The Five Satins aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. In der Tat ist die erzählte Geschichte auch wie eine Reise in die Vergangenheit angelegt. Ein Mann (Matthew Golding) sitzt zur Musik der Five Satins auf einem Bett, das auf der Bühne das einzige Requisit darstellt. Im Hintergrund sieht man in einer Videosequenz den Mann an einer einsamen Straße mit einem stilvollen amerikanischen Auto der damaligen Zeit. Während der Mann im Film zunächst rauchend in die Ferne blickt und dann um den Wagen herumgeht, umkreist der Mann auf der Bühne das Bett. Schließlich nimmt der Mann im Film im Wagen Platz, und neben ihm sitzt eine Frau (Lucia Lacarra), mit der er in die Nacht hinausfährt. Auch auf der Bühne tritt die Frau nun auf und nähert sich mit filigranen Schritten dem Bett. Dabei wird nicht klar, ob es sich nun um Traum oder Realität handelt. Interessant ist der musikalische Wechsel. Für die Erinnerungsszenen werden zahlreiche Oldies der 60er Jahre eingespielt, die man mit Filmklassikern wie Dirty Dancing verbindet. Der Tanz auf der Bühne wird mit Philip Glass Tirol Concerto, 2nd mov. untermalt. Ein verbindendes Element ist dabei ein riesiger Vollmond auf der Leinwand, der wie durch ein Fenster in den Raum des Mannes scheint und beim Sprung in die Vergangenheit in den Scheinwerfer des Autos übergeht.

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Lucia Lacarra und Matthew Golding beim Pas de deux

Dies alles wird von Golding und Lacarra in emotionsvollen Bewegungen in neoklassischem Tanz umgesetzt. Dabei wirkt Lacarra nahezu zerbrechlich bei den betörenden Pas de deux mit Golding. Glass' Musik verbreitet eine gewisse Melancholie, die nicht entscheiden lässt, ob die Frau jetzt wirklich bei dem Mann im Zimmer ist oder nur eine Erinnerung an die Vergangenheit darstellt. Anders verhält es sich in den Videosequenzen. Zu "Be my Baby" von The Ronettes, "This magic Moment" von The Drifters und "Unchained Melody" von The Righteous Brothers ist die Welt des Paares noch in Ordnung. Da sieht man die beiden mal in einer Art Tanzsaal, in dem sich auch andere Paare zur Musik bewegen. Mal hebt der Mann die Frau wie eine Trophäe auf die Motorhaube seines Autos. Dann erklingt mit Edith Piafs "Non, je ne regrette rien" zwar ein Lied, das auch in die Zeit passt, aber doch irgendwie wie ein Fremdkörper in dieser harmonischen Vergangenheit wirkt. Tatsächlich leitet dieses Chanson auch das Ende der glücklichen Vergangenheit ein. Die Frau geht auf die Beifahrerseite des Wagens, um in das Auto einzusteigen, als ein greller Lichtstrahl auf sie zukommt, wahrscheinlich ein anderes Auto, das sie erfasst.

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Spiegelung im Video: Lucia Lacarra und Matthew Golding

Nun folgt Musik des britischen Komponisten Max Richter, der unter anderem den Science-Fiction-Film Ad Astra - Zu den Sternen mit Musik untermalt hat. In der Videosequenz schiebt sich eine riesige schwarze Scheibe vor den Vollmond. Die Frau, die nun zu Confrontation von Richter auftritt, wird im Film wie eine Art Geist gespiegelt. Lacarras Bewegungen auf der Bühne und im Video sind nahezu synchron. Während Golding sie auf der Bühne in die Luft hebt, scheint sie im Video schwerelos ebenfalls emporzusteigen. Ist sie ein Geist, der nur noch in seiner Fantasie existiert? Auch hier finden Lacarra und Golding zu einem betörend innigen Zusammenspiel, das von Lacarra im Video gedoppelt wird. Nachdem die beiden eine Weile mit dem Bett gewissermaßen durch den Raum geschwebt sind, legt sich der Mann schlafen, während auf die Frau aus dem Schnürboden zahlreiche Fotos herabfallen. Am Ende bleiben nur die Fotos übrig, und der Mann ist wieder allein. Die Anfangssequenz beginnt erneut. Der Mann blickt auf die Leinwand und sieht sich vor dem Auto. Man hört "In the Still of the Night" von The Five Satins. Als der Mann zu der Frau ins Auto steigt und die beiden dem Horizont entgegenfahren, tritt die Frau ins Zimmer des Mannes und geht auf das Bett zu. Der Vorhang fällt und lässt damit offen, was jetzt letztendlich ein Traum war.

Das Publikum feiert Lacarra und Golding mit frenetischem Jubel.

FAZIT

Lucia Lacarra und Matthew Golding stellen erneut mit poetischen Bildern eine bewegende Einheit zwischen Video und Realität her und begeistern durch große Emotionalität. Die unterschiedlichen Musikstile greifen dabei wunderbar ineinander und verbinden die zwei Erzählebenen sehr überzeugend.


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Produktionsteam

Konzept, Inszenierung, Choreographie und Filmregie
Matthew Golding

Video
Valeria Rebeck
Craneo Media

 

Tänzerinnen und Tänzer

Lucia Lacarra
Matthew Golding

 


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Dortmund
(Homepage)



Da capo al Fine

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