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La forza del destino
(Die Macht des Schicksals)

Melodramma in vier Akten Akten
Libretto von Francesco Maria Piave
Musik von Giuseppe Verdi
"Linzer Fassung"


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h 30' (keine Pause)

Premiere im Landestheater Linz (Opernhaus) am 21. Januar 2023
(rezensierte Aufführung: 29. April 2023)


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Landestheater Linz
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Die Macht des kreativen Rotstiftes

Von Joachim Lange / Fotos von Reinhard Winkler

Über diese Aufführung von Verdis Macht des Schicksals in Linz zu berichten, lohnt auch lange nach der Premiere. Vor allem wegen der Inszenierung. Und das nicht, weil Peter Konwitschny aus seiner Rolle als souveräner Altmeister des Regietheaters wieder zurück in die ihm früher gerne zugeschriebene Rolle des Provokateurs gewechselt wäre. Abgesehen davon, dass das auch früher nicht stimmte, ist es diesmal eher das Gegenteil.

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Er hat mit dem erarbeiteten Recht eines (u.a.) exzellenten Verdi-Regisseurs beherzt in dessen La Forza del destino" eingegriffen und eine eigene "Linzer Fassung" auf die Bühne gebracht. Wobei man sich ja bei Verdi-Opern oft aus verschiedenen Fassungen eine aussuchen oder zusammenbauen kann. Konwitschny hatte das exemplarisch (und exemplarisch überzeugend) mit dem Don Carlos in Hamburg (und dann in Wien) demonstriert. So wie damals, vor 22 Jahren, der wohl längsteDon Carlos herauskam, ist es diesmal die vielleicht kürzeste La forza - Version der Rezeptionsgeschichte.

Nicht nach drei Stunden, sondern nach pausenlosen neunzig Minuten ist Schluss. Aus dem macht der (möglicherweise altersmilde gewordene) sogar eine Art von lieto fine. Er lässt die Akteure aus ihren Rollen treten bzw. wenn sie eigentlich schon tot sind wieder auferstehen, und das an den Schluss verlegte Gebet singen, also kollektiv auf Erlösung hoffen. Es gibt jetzt den Chor aus dem zweiten Akt ("Padre Eterno"), der um göttliche Hilfe bittet. Und das bei erleuchtetem Zuschauerraum, also ganz direkt im Bündnis mit dem Publikum.

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Verzichtet hat Konwitschny vor allem auf die Chor-Szenen mit all ihrer Ausschmückung des Militärischen. Nur auf die alberne "Rataplan"-Nummer (da sage einer was gegen Wagners Lautmalereien an den Ufern des Rheins!) verzichtet er nicht. Dabei macht er die Choristinnen zu einer Gruseltruppe von Zombies, was dann auch wieder passt. Auch sonst wurde gnadenlos gekürzt. Die Partie des Fra Melitone ist ganz gestrichen, die Gesangspartien minimiert, Szenen umgestellt.

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Im Programmheft sagt der Regisseur, dass in dieser Oper das Realistische im Absurden verpackt ist und umgekehrt. Dialektische Hakenschläge dieser Art haben ihn schon immer inspiriert. Er wollte im vorliegenden Fall zeigen, "dass es zwar bedauerlich ist, dass die Personen der Oper diese Wege eingeschlagen haben, dass diese Wege aber nicht notwendig oder gar selbstverständlich gewesen sind." (S. 24)
Alles, was an Tragik in dem Stück steckt, bleibt erhalten. Die ist ohnehin auf die Beziehung der zentralen Protagonisten im Dreieck Alvaro, Leonora und Carlo konzentriert. Einerseits ist es das Unglück, wenn sich aus Don Alvaros Waffe ein Schuss löst und den Vater der geliebten Leonora versehentlich tötet. Andererseits ist es die Rache- und Ehrenmord-Obsession, von der Leonoras Bruder Carlo nicht abzurücken vermag.

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Diesmal hat Konwitschny auch das Bühnenbild gestaltet. Die Drehbühne ist in eigentlich ort- und zeitlose Segmente geteilt. Alle Akteure wirken hier wie Gefangene. Die Auftritte des von Manuela Leonhartsberger als punkiger Preziosilla angeführter Zombiechor beim Rataplan oder des blutverschmierten Militärarztes (Tomasz Kovacic) hellen die Düsternis der bunkerartig dunklen Wände auf perverse Weise für Momente auf. Konwitschny platziert Bläser in den Ranglogen oder bezieht, wie er es oft macht, auch das Saallicht mit ein, um Szenen zu betonen. Das ist alles maßvoll austariert und vom Kern des Stückes her gedacht. Dabei bleibt alles Szenische immer mit dem musikalischen Fluss verbunden, für den Enrico Calesso und die Musiker des Bruckner Orchesters im Graben des Linzer Musiktheaters durchgängig sorgen.

Das Protagonistenensemble führte die obendrein spielfreudige Erica Eloff (die gerade in den neuen Linzer Meistersingern als Eva glänzte) als Leonora mit vokaler Leidenschaft und müheloser Leuchtkraft an. Sung-Kyu Park ist der standfeste Alvaro und Adam Kim der mit exzellent dosierter Düsternis aufwartende, auf seine Rache versessene Carlo. Vaida Raginskyte sichert die szenische Aufwertung der kleinen Rolle von Leonoras Zofe Curra vokal und darstellerisch überzeugend ab.


FAZIT

Peter Konwitschny wollte sich schon lange einmal Verdis Macht des Schicksals vornehmen. Davon, wie er es gemacht hat, konnte jetzt das Linzer Publikum in der zehnjährigen Jubiläumsspielzeit seines neuen Musiktheaters profitieren. Die Fassung, die er erarbeitet hat ist so überzeugend, dass sie nicht auf Linz beschränkt bleiben sollte.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Enrico Calesso

Inszenierung
Peter Kontwitschny

Mitarbeit Regie
Seollyeon Konwitschny

Bühne
Peter Konwitschny

Mitarbeit Bühne
Anna Beck

Kostüme
Anna Beck
Karin Waltenberger

Chor
Elena Pierini

Dramaturgie
Christoph Blitt


Chor des Landestheaters Linz

Bruckner Orchester Linz


Solisten

Der Marchese von Calatrava
Michael Wagner

Donna Leonora, seine Tochter
Erica Eloff

Don Carlo di Vargas, sein Sohn
Adam Kim

Pater Guardiano
Dominik Nekel

Curra
Vaida Raginskyte

Ein spanischer Militärarzt
Tomasz Kovacic

Drei Ordonanzen
Ulf Bunde
Yongcheol Kim
Laurin Siebert

Ein musizierender Obdachloser
Herbert Hackl



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