Feuilleton | |
Zur Absage der Händel-Festspiele in Halle Land unter In Halle wurden das erste Mal in der Geschichte die Händel-Festspiele abgesagt. Ja, es ist eine Katastrophe von historischem Ausmaß. In der Händelstadt Halle hat die Saale den höchsten Pegelstand seit 400 Jahren erreicht. Teile der Innenstadt sind überflutet, und wenn es schlimm kommt und die Dämme brechen, müssten 30.000 Einwohner aus Halle-Neustadt evakuiert werden. Doch bisher halten die Dämme. Das Krisenmanagement funktioniert professionell. Die zupackende Hilfsbereitschaft der Hallenser ist überwältigend. Nun haben der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt Reiner Haseloff (CDU) und der Oberbürgermeister der Saalestadt Bernd Wiegand (parteilos) am 4. Juni kurzerhand beschlossen, die Händelfestspiele komplett ausfallen zu lassen. Das größte und renommierteste Kulturereignis des Landes hätte vom 6. bis 16. Juni Tausende von Besuchern aus dem In- und Ausland in die Stadt gelockt. Ein großer Teil der über 40.000 Karten war längst verkauft, die Hotels gebucht, die 1000 Mitwirkenden bestens präpariert. Opernintendant Axel Köhler bei einer Probe zu der für die Festspiele geplanten Almira Der Intendant der Festspiele Clemens Birnbaum hat zwar Verständnis bekundet und die Entscheidung mitgetragen, doch viele Künstler der Stadt mit dem Opernintendanten Axel Köhler an der Spitze, halten das für das falsche Signal. Die meisten Spielstätten, wie etwa das Opernhaus oder die Kulturinsel, die das neue theater beherbergt oder auch die Konzerthalle Ulrichskirche sind nicht bedroht und funktionsfähig. Das Geld ist ausgegeben. Doch "Wir können nicht feiern, wenn wir einen Katastrophenfall haben." so der OB. Axel Köhler mit Mitwirkenden der geplanten Almira-Produktion Aber stimmt das wirklich? Natürlich müsste man aus den fröhlichen Festspielen so etwas wie „Katastrophen“-Festspiele machen, um ein Zeichen der Normalität zu setzten und von der Kraft der Kultur zu profitieren. Ganz so, wie es die sächsische Kultusministerin für Dresden postuliert hat, wo man von Fall zu Fall über den Ausfall einzelner Vorstellungen in der Semperoper entscheiden will. Es wäre natürlich selbstverständlich gewesen, mit Benefizveranstaltungen und Gagenverzicht den selbst in dieser Frage immer aktiven Namenspatron der Festspiele Georg Friedrich Händel vom Kultur- zum Solidaritätsbotschafter zu machen, so Axel Köhler in einem Brief an den Oberbürgermeister. Doch der hat sogar jede angebotene Benefizveranstaltung bis zum 16. Juni untersagt! Offenbar geht es hier längst um mehr, als die Händelfestspiele. Die Künstler in Halle reagieren deshalb so betroffen, weil man sich schon beim jüngsten, von der schwarz-roten Landesregierung in Magdeburg anvisierten substanziellen Kulturabbau, ins Abseits gedrängt fühlt. Die /Roten Karten/ mit dem Aufdruck „5 vor 12“ gehörten in den letzten Wochen zu jeder Veranstaltung. In Sachsen-Anhalt wird neben der Wissenschaft vor allem die Kultur von den politischen Entscheidungsträgern derzeit weder wirklich als nachhaltiger Standfaktor, noch als emotional aufbauendes (Über-) Lebensmittel angesehen. Sondern als eine Art Volksbelustigungs-Fanmeile, auf die man notfalls auch verzichten kann. Was hier erschreckt, ist nicht die vermeintliche Vergnügungssucht der Künstler und Musikfans, sondern die beängstigende Geringschätzung der Kultur. Auch und gerade für eine Bürger-Gesellschaft, die mit einer Notsituation fertig werden muss. Gegen das akute „Land unter“ wird mit vereinten Kräften das Richtige getan. Die komplette Absage jeder Kulturveranstaltung auch in nicht gefährdeten Spielstätten gehört nicht dazu. Sie vergrößert den Schaden nur noch. Materiell und auch ideell. (siehe auch Brief des Betriebsrates an den OB und Stellungnahme des Freundes- und Förderkreises des Händel-Hauses zu Halle e. V.)
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