Feuilleton | |
Werner Burkhardt Klänge, Zeiten, Musikanten Ein halbes Jahrhundert Jazz, Blues und Rock Come Fly with Me!
Wer erfahren will, wie etwas, das heute schon Geschichte ist, gestern wirklich war, ist gut beraten, wenn er einen Zeitzeugen fragt. Werner Burkhardt ist so ein Zeitzeuge, einer, der die Welt des Jazz, des Rock, des Blues und sogar des Pop hautnah miterlebt hat. Von 1952 an hat der Vollblut-Journalist die Großen aller Stilrichtungen getroffen, ihre Musik gehört und mit ihnen geredet. Als Kolumnist der großen deutschen Tageszeitungen Die Welt und Süddeutsche Zeitung, für Die Zeit, den Stern und für die legendären Magazine du und twen hat er Berichte über Musiker geschrieben, die die Welt verändert haben. In jeder gut sortierten Jazz-Bibliothek wird das von Werner Burkhardt ins Deutsche übersetzte Buch von Nat Shapiro und Nat Henthoff Jazz erzählt stehen (Nymphenburger Verlagshandlung/ dtv) und wer die deutsche Fassung der Autobiographie von Billie Holiday Lady sings the Blues gelesen hat, hat Werner Burkhardt gelesen.
Eine Auswahl seiner ungezählten Feuilletons, Reportagen, Portraits ist 50 Jahre nach dem Beginn der Karriere Burkhardts erstmals als Buch erschienen, sein erstes eigenes Buch überhaupt, wie er mit Erstaunen vermerkt. Klänge, Zeiten, Musikanten (wer wohl auf diesen hölzernen Titel für so ein lebendiges Buch gekommen ist?) illustriert blutvoll und farbig ein halbes Jahrhundert herrlicher Musik und kultureller Entwicklung, für deren Beobachtung er rund um den Erdball gereist ist. Mit sechzehn Zeilen begann es 1952 bei der `Welt´ erinnert er sich, 2000 schrieb er noch einmal über Jimi Hendrix und Louis Armstrong und 2001 über den Ausnahme-Posaunisten Nils Landgren. Dazwischen lagen Begegnungen mit Mahalia Jackson (vor Aufregung hatte er alles vergessen, was er mit ihr besprach), Oscar Peterson, Sonny Rollins, Don Cherry, Ben Webster, Miles Davis, Frank Sinatra und den Rolling Stones um nur einige wenige zu nennen.
Anekdoten zu Erroll Garner, den er einen listig swingenden Kobold nennt, zu Lionel Hampton und Axel Zwingenberger, zum Zauberer Duke Ellington, John Lee Hooker und Keith Jarret hat er parat ein eloqunter Plauderer und eleganter Kenner. Er biografiert knapp, aber prägnant den unerreichten Chet Baker, hat die Doors mit Jim Morrison bei ihrem einzigen Deutschland-Gastspiel gehört und beim Jam nach der Vorstellung erlebt, war bei einer Reise des Manfred Schoof Orchesters mit Albert Mangelsdorff, Eberhard Weber und Wolfgang Dauner 1983 in die DDR dabei und hat Anfänge und Niedergang des Hamburger Star Club miterlebt. Er hat etwas zu erzählen und tut es. Sein Buch löst Schmökerwut aus, nur kurz unterbrochen vom Gang zum Plattenspieler, um die gerade passende Schallplatte aufzulegen (CD geht auch). Es wäre, im Vertrauen, ein Jammer, würde Burkhardt nicht auch noch weitere seiner Zeitungsartikel, als Band 2 dem Publikum zugänglich machen, das seine Berichte aktuell nicht hat verfolgen können. Der vorliegende Band jedenfalls ist höchst lesenswert.
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