Am 23. Dezember 2004
wäre Chet Baker 75 Jahre alt geworden
Zwei Bücher über das Leben
des genialen Jazz-Trompeters
Von Frank Becker
Chet Baker
Als hätte
ich Flügel - Verlorene Erinnerungen
Wer jemals sein sprödes, unnachahmliches Spiel auf der Trompete oder
dem Flügelhorn gehört hat, wer Chet Baker hat singen hören, wird ihn
nicht vergessen können. Chet Baker ist am 13. Mai 1988 in Amsterdam
gestorben. Lange nach seinem Tod gab seine Witwe Carol die
Aufzeichnungen zur Veröffentlichung frei, die Chet über sein Leben
zwischen Jazz und Drogen, Militärdienst, Frauen, Gefängnisaufenthalten
und falschen Freunden hinterlassen hatte. In ihrem Vorwort schreibt
Carol Baker: „...permanentes Chaos, durchsetzt mit reinem Genie“. Das
trifft es genau. In dem verhältnismäßig schmalen Band steckt die
Geschichte eines außergewöhnlichen, eines dramatischen Lebens, in
knappen, lakonisch wirkenden Sätzen berichtet. Doch man liest die
Tragödie dieses ausweglosen Schicksals heraus.
Wer dem einzigartigen Musiker etwas näher kommen und dabei verstehen
möchte, wer der Mann überhaupt war, der mit Gerry Mulligan, Charlie
Parker, Art Pepper, Stan Getz, Wolfgang Lackerschmidt und anderen
unvergänglichen Jazz gespielt und aufgenommen hat, der durch Amerika
und Europa vagabundiert ist und mehr Ruhm und existenzielle Not
durchlebt hat, als ein Mensch eigentlich verkraften kann, ist gut
beraten, diese nun doch nicht verloren gegangenen Erinnerungen zu
lesen. Ein wenig vom Glamour verklärter Vorstellungen über Chet Baker
wird bei der Lektüre absplittern. Seiner Musik und seinem musikalischen
Genie kann das aber nichts anhaben.
Lothar Lewien
Chet Baker – Blue Notes
Engel mit
gebrochenen Flügeln
Der Berliner Journalist Lothar Lewien hat sich seit seiner ersten
Begegnung mit Chet Baker 1964 mit dessen Musik und Arbeit beschäftigt,
sein Leben vor allem in Deutschland und Europa begleitet. Sein Buch
über Chet Baker, das fünf Jahre nach dessen Tod Grundlage des Films
„Engel mit gebrochenen Flügeln“ (1993 WDR/arte) geworden ist, erzählt
aus der Erlebnisperspektive des unbedingten Fans, der im Laufe der
Jahre nicht nur ein Jünger geworden ist, sondern auch profundes Wissen
über den Ausnahme-Musiker gewonnen hat - eine sehr persönliche Hommage.
Seine intimen Kenntnisse vermittelt Lewien eingängig in „Blue Notes“.
Man hat als Leser den Vorzug, hautnah „dabei“ zu sein.
Für die überarbeitete und ergänzte Neuauflage seines Buches hat Lothar
Lewien auch die 112-seitige (!) Auswahl-Diskographie aktualisiert. Er
stellt mit Besetzung und Titeln 93 Alben von 1952 bis 1988 vor, die er
ausführlich kommentiert. Chet Baker hat mehr als 150 Platten
eingespielt. Dass Lothar Lewien sich dabei auf die beschränkt, die
heute als CD zu haben sind, kommt dem Leser zu Gute, der nach der
Lektüre seinen Plattenschrank ergänzen möchte. Wertvoll auch der
Hinweis auf die umfassende Diskographie des dänischen Autors Thorbjørn
Sjøgren. Wer sich mit Chet Baker beschäftigen möchte, kommt auch an
„Blue Notes“ nicht vorbei.
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Chet Baker, „Als hätte ich Flügel -
Verlorene Erinnerungen“,
1998 Hannibal Verlag, St. Andrä-Wörden, 134 Seiten, geb. m. ill. SU
(William Claxton) und mit kleiner Auswahl-Diskographie,
ISBN 3-85445-161-X, 17,50 Euro
Lothar Lewien, „Chet
Baker – Blue Notes“ – Engel mit
gebrochenen Flügeln
erweiterte und aktualisierte Neuauflage, 2002 Verlagsgruppe
Koch/Hannibal, Höfen, 293 Seiten, geb. m. SU, 18 unpag. Seiten Fotos im
Mittelteil, umfangreiche Diskographie, ISBN 3-85445-223-3, 19,90 Euro
Weitere
Informationen unter:
www.hannibal-verlag.de
www.chetbaker.net
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