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Laëtitia Devernay
Applaus Neun Meter unhörbare MusikVon Stefan SchmöeEin Dirigent betritt einen Wald und klettert auf einen Baum, dessen Blätter zu Vögeln werden und auffliegen. Das ist schon fast die ganze Geschichte, die Laëtitia Devernay mit Tuschezeichnungen ganz ohne Worte erzählt (schon komisch, dass sich der mixtvision Verlag München da für die deutschsprachige Ausgabe zuständig fühlt). Ausgerechnet der Titel Applaus scheint unglücklich gewählt (im französischen Original heißt es Diapason, das ist die Stimmgabel oder auch der Kammerton a', auf den sich ein Orchester einstimmt), denn dieser Dirigent musiziert offenbar ganz für sich allein, ohne applaudierendes Publikum, nur für Bäume und Vögel, in einer Phantasiewelt. Die Baumstämme erinnern an hochkant gestellte Notenlinien, in Vögeln und Blättern lassen sich auffliegende Noten erahnen. Die Metamorphose von Blättern zu Vögeln und wieder zu Blättern erinnert stark an M.C. Escher. Farblich fast monochrom gibt es grau, grün und gelb, der Gestus der Zeichnungen ist bei aller ornamentalen Sorgfalt bewusst kindlich. Ein bisschen vom kleinen Prinzen schwingt da auch mit. Der eigentliche Clou ist aber das ungewöhnliche Format: Das Buch ist eigentlich ein 64-seitiger, ausklappbarer Leporello, der ausgeklappt auf rund 9 Meter Länge käme. Allerdings wird man hier auf eine falsche Fährte geführt: Die Zeichnung ist keineswegs durchgehend, sondern besteht aus doppelseitigen Einzelbildern die teilweise (ungefähr) zusammen passen, wenn man nicht das nächste, sondern das übernächste oder ein noch später folgendes ansetzen könnte. Die poetische Geschichte endet mit einem neuen Anfang: Aus dem Dirigierstab wächst ein neuer Baum. Es gibt viel zu entdecken auf diesen 66 Seiten (die Verlagsangabe 132 Seiten ist irreführend, weil die Leporello-Rückseite nicht bedruckt ist), dem ersten (und im Original mehrfach ausgezeichneten) Buch der 1982 in Paris geborenen Grafikerin ein kleines Kunstwerk ganz eigener Art, vielleicht für Kinder, sicher für Erwachsene.
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