Lyonel Feininger
Frühe Werke und Freunde
Feininger und die Musik
Von Frank Becker
Man
kennt ihn als Maler dynamischer Prismen-Linien, der seinen Kirchen,
Kathedralen, Türmen, Brücken, Architekturen und Städtebildern
unverwechselbar kraftvolle, mitreißende Formen gegeben hat. Seine
herrlichen Schiffe, Marinebilder, Strandbilder und See-Landschaften
erzählen von Fernweh und Sommerfrische,
seine Karikaturen und Cartoons zeugen von dem Witz, mit dem der Maler
seine Welt sehr genau betrachtet hat. Karneval und Mummenschanz hat
Lyonel Feininger (1871-1956) sich ebenso zum Thema gemacht, wie den
Menschen im Alltagsleben.
Dazu gehören auch Motive aus dem Bereich der Musik. Das Von der
Heydt-Museum in Wuppertal zeigt seit dem 17. September und noch
bis zum 19. November 2006 in seiner Wechselausstellung Arbeiten
Feiningers bis in die 30er Jahre im Kontext seiner Umgebung und
Künstlerfreunde. Unter den Blättern und Gemälden, die der
vorzügliche Katalog zur Ausstellung wiedergibt, finden sich diese Begegnungen mit der Musik sogar an prominenter Stelle: das erste abgebildete
Blatt ist ein Selbstportrait des Künstlers am Klavier ("me") aus dem
Jahr 1908 und zeigt in einer Kreidezeichnung einen sehr entspannt
wirkenden Mann mit den Händen auf einer Klaviatur.
Aus dem selben Jahr stammt eine andere Kreidezeichnung mit dem Titel
"Stehgeiger in rotem Frack", auf der Feininger mit wenigen treffenden
Strichen den Typus des Künstlers skizziert
hat, der zu dieser Zeit in den Cafés, Konditoreien und Restaurants
zwischen den Tischen oder an der Seite eines Klavierspielers (sic!) für
Unterhaltung und intime Atmosphäre zu sorgen hatte. So großartig Lynel
Feinigers in der schönen Ausstellung (und im Katalog) präsentierte
Bilder sind, diese kleinen Skizzen haben genug Charme, um sich nicht
verstecken zu müssen.
Ein drittes, 1912 gemaltes kraftvolles Bild in Öl auf Leinwand, das wie
ein expressionistisches Fanal auf den Betrachter einstürmt, soll
hier ebenfalls betrachtet werden: "Trompetenbläser I". So
wie im programmatischen Gedicht des Expressionismus, "Weltende" von
Jakob van Hoddis (1911) oder in Klabunds "Morgenrot! Klabund! Die Tage
dämmern!" (1913) erklingt ein schrilles Fanal zum Aufbruch in eine neue
Zeit. Daß die Trompeten von links nach rechts blasen, ist sicher nicht
dem Zufall geschuldet.
Die mit dieser Ausstellung ermöglichten Blicke auf eine vermutlich
häufig übersehene Facette von Feiningers Werk, die Chance, seine Arbeit
im Vergleich mit Zeitgenossen wie Kandinsky, Marc, Jawlensky, Macke,
Erbslöh, Münter, Kirchner, Schmidt-Rottluff, Klee, Muche und anderen zu
sehen, zeichnet die Präsentation des Wuppertaler Von der Heydt- Museums
aus. Ein Besuch der Ausstellung kann sehr empfohlen werden. Der Katalog
übersteigt in seinem informativen, ideellen und künstlerischen Wert
allemal den nachgerade lächerlich geringen Kaufpreis.
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Lyonel Feininger
Frühe Werke und Freunde
Ausstellungskatalog
Von der Heydt Museum Wuppertal, 2006 Gebunden, 236 Seiten mit vielen farb. Abb., Zeittafel, Biographien und Bibliographie
20,- Euro
Weitere
Informationen unter:
www.von-der-heydt-museum.de
"Trompetenbläser I" (1912)
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