Feuilleton | |
Die Geschichte des Nordwestdeutschen Rundfunks Hrsg. von Peter von Rüden und Hans-Ulrich Wagner "Here is Radio Hamburg"
Von Frank Becker Am
1. Januar 1956 endete mit dem Erklingen der vom neuen unabhängigen
Westdeutschen Rundfunk (WDR) Köln als Pausenzeichen ausgestrahlten
Anfangstakte von Ludwig van Beethovens "In allen guten Stunden"
endgültig die Geschichte des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR).
Gleichzeitig ging ein Kapitel Rundfunkgeschichte zu Ende, das die
Situation der Medien im westlichen Teil Deutschlands nach der nationalsozialistischen Gleichschaltung durch eine grundlegende
Demokratisierung entscheidend verändert hatte.
Die englische Besatzungsmacht hatte bereits unmittelbar nach dem Kriegsende 1945 mit der Reorganisation der freien Information nach britischem Vorbild und in ihren Einflußzonen Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein- Westfalen, sowie im britischen Sektor von Berlin begonnen, die Grundlagen für Zeitungen, Zeitschriften und den Wiederaufbau des Rundfunknetzes zentralistisch zu organisieren. Aus den ab 1945 unter strenger Kontrolle ("We are keeping a watchful eye.") arbeitenden Funkhäusern und Studios in Hamburg, Köln, Düsseldorf, Dortmund, Hannover, Berlin, Flensburg, Oldenburg, Kiel, Bonn u.a. wurde der Zusammenschluß des NWDR geschaffen, dem "Konkurrenz"-Unternehmen aus dem US-amerikanischen Einflußbereich gegenüber standen, wie Radio Bremen oder der RIAS (Radio Im Amerikanischen Sektor) Berlin. Namen wie Adolf Grimme, Hans Bredow, Walter Hilpert, Werner Finck, Peter von Zahn, Axel Eggebrecht, Chris Howland, Peter Bamm und Jürgen Roland verbinden sich neben vielen anderen mit dieser Zeit des Neuanfangs - und Poliker wie Heinz Kühn mit den bald aufflammenden politischen Ränken im Medienzirkus. Der kommunistische Kölner Intendant Max Burghardt, der nach heftigen Auseinandersetzungen 1947 in die DDR ging und sein Chefredakteur Karl Eduard von Schnitzler - später nach einer kurzen Karriere bei der BILD-Zeitung als "Sudel-Ede" und Kommentator des "Schwarzen Kanals" der DDR eine der widerlichsten Figuren der Desinformation und des Kalten Krieges - wurden von den Briten geschaßt. Bereits 1954 trennte sich das Berliner Funkhaus des NWDR vom Mutterhaus und wurde zum "Sender Freies Berlin" (SFB), der nach der Wiedervereinigung Deutschlands seinen Namen zugunsten der erweiterten Sendeanstalt RBB (Radio Berlin Brandenburg) aufgab. All das und viel Interessantes mehr haben Prof. Dr. Peter von Rüden, u.a. als Hauptabteilungsleiter Bildung und Kultur beim NDR, Leiter der Forschungsstelle zur Geschichte des Rundfunks in Norddeutschland sowie Leiter des Marler Adolf-Grimme- Instituts ein aus gewiesener Fachmann des Gebietes und Dr. Hans-Ulrich Wagner, als u.a. Mitarbeiter des Hans-Bredow- Instituts für Medienforschung und des Deutschen Rundfunkarchivs nicht weniger kompetent, mit einem Stab von Fachleuten die Geschichte des NWDR recherchiert und dokumentiert. Das hochinteressante und politisch wie mediengeschichtlich spannende Ergebnis liegt nun - leider ohne Personenindex - als Buch vor. Eine dennoch fesselnde Lektüre, die im 50. Jahr des Bestehens von NDR und WDR ein wichtiges Stück Zeitgeschichte informativ und unterhaltsam aufarbeitet.
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