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Jim DeRogatis/Carmél Carrillo (Hg.)
Hall of Shame
Die größten Irrtümer in der Geschichte des
Rock `n´ Roll

Wat dem een sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall

Von Frank Becker

Haben sie vielleicht ein Lieblingsalbum aus der guten alten Zeit des Rock? Eines, das sie sich seinerzeit vom Munde abgespart, mit heißem Herzen gekauft und ungezählte Male genußvoll angehört haben? Vielleicht  "The Best of the Doors", Led Zeppelins "Untitled", "Pet Sounds" von den Beach Boys oder das legendäre "Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band" der Fab Four? Sie verbinden mit diesen klassischen und  vorzüglichen Alben schöne Erinnerungen, finden sie heute noch unerreicht und würden sie um nichts in der Welt hergeben? Dann lesen sie dieses Buch nicht! Es würde Sie vielleicht nicht Ihrer Überzeugung berauben, doch möglicherweise verärgern und  kostbares Porzellan zerschlagen.

Denn was die beiden Chicagoer Musikjournalisten 
Jim DeRogatis und Carmél Carrillo mit Hilfe von 31 mehr oder weniger kompetenten jungen Kollegen für "Hall of Shame" an gnadenloser und mitunter von keinerlei Sachkenntnis getrübter Abrechnung mit den Monumenten der Pop- und Rockgeschichte der letzten 40 Jahre zusammengestellt haben, erschüttert zwar nicht das Fundament des reinen, unschuldigen Glaubens an die Größe zu Recht gefeierter Alben - weil man ja nicht alles glauben muß, was da an Haß und Häme verspritzt wird - doch es ist streckenweise schon recht ärgerlich. Ärgerlich, weil  sich hier Nachgeborene unter der Ungnade der späten Geburt über Musik und Zeiten hermachen, die sie entweder nicht erlebt oder schlicht nicht verstanden haben. Daß sie das  wie z.B. Melanie Haupt und sogar DeRogatis ("1967 war ich erst  drei Jahre alt, deshalb weiß ich es nicht mit Bestimmtheit...")  einräumen, ist immerhin was. Nichtsdestoweniger ist ein Unternehmen zur Unterminierung von Autoritäten es grundsätzlich wert, zumindest beachtet zu werden, zumal, wenn die selbsternannten Kapazitäten, denn dazu schwingen sich die Autoren ja auf, mit Ihren Beiträgen eifrig an dem Ast herumsägen, auf dem sie sich sicher wähnen. 

Ein eklatantes und warnendes Beispiel gibt der Beitrag von Lorraine Ali (mit Jim DeRogatis) über "The Best of the Doors" - Ali: "Vorab mal mein Kompliment dafür, daß Du die Doors hasst. Männer wie Dich findet man nicht so oft." Und über Jim Morrison: "...es ist das absolute Kleiner-Schwanz-Syndrom...). Dumm und peinlich. Herausgeber DeRogatis tut sich aber auch mit seiner Schmähung von
"Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band", dem Geniestreich der Beatles, keinen Gefallen. Doch unterhaltsam ist dieses Buch, das den Untertitel "Die größten Irrtümer in der Geschichte des Rock `n´ Roll" trägt, dennoch allemal mit seinen ausgeplauderten Intimitäten und Histörchen aus der glitzernden Scheinwelt des Rock wie z.B. in Keith Moerers Beitrag über "Exile On Main Street" der Rolling Stones, mit Facts und mit Fiction wie die Erzählung "Fleetwood Mac - Rumours" von Jim Walsh. Steve Knoppers Autopsie von "Tommy" macht Spaß, und der hübscheste Beitrag ist  vielleicht mit seiner Selbstironie "My Greatest Exes" der Mitherausgeberin Carmél Carrillo, deren musikalischer Rundschlag sehr amüsant zu lesen ist.

Unter dem Strich aber ist "Hall of Shame" ein Buch, das man rasch wieder vergißt, was nicht zuletzt auf den Aufhebungseffekt zurückgeht, den die angehängten Biographien und Top-Ten-Listen der Autoren beim vergleichenden  Lesen mit den munteren Verrissen nach sich ziehen, denn hier zeigt sich, daß der Kritiker des Kritikers Wolf ist. Und wie heißt es doch so schön: "Wat dem een sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall". Lassen wir es dabei. 

 








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Jim DeRogatis/Carmél Carrillo (Hg.)
Hall of Shame

Die größten Irrtümer in der Geschichte des Rock `n´ Roll

Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, 2006
410 Seiten mit Autoren- Portäts
gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen
22,90 Euro

Weitere Informationen unter:
www.Zweitausendeins.de




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