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Romelia Lichtenstein im Gespräch Von Annika Senger
Die in Sofia geborene
Sopranistin Romelia
Lichtenstein stand bereits mit neun Jahren als erster Knabe in Mozarts
„Die
Zauberflöte“ auf der Opernbühne. Inzwischen kann die gelernte
Kinderkrankenschwester
schöpfen aus einem breiten Repertoire vom Barock bis hin zum dramatischen
Fach. Im Gespräch mit OMM gewährt sie Einblicke in ihre
Karriere. OMM: Frau Lichtenstein, Sie
haben eine
dramatische Sopranstimme. Wie meistern Sie mit Ihren stimmlichen
Voraussetzungen den Spagat zwischen Verdi und Händel? Lichtenstein:
Es ist einerseits eine stimmphysiologische Frage und andererseits ein
technisches Training. Für mich war es immer eine Herausforderung,
die Vielfalt
an Partien auszuloten und auszuprobieren. Mit guter Technik und
stilistischer
Sicherheit kann das für eine Stimme nur von Vorteil sein. OMM: Die Musik Händels
war für Ihre
stimmliche Entwicklung besonders prägend. Können Sie dies
näher erläutern? Lichtenstein:
Händels Musik war und ist für mich immer „Stimmhygiene”. Sie
zwingt den Sänger
zur Lockerung und zum Fokussieren der Stimme. Das hält die Stimme
flexibel und
gesund. Es ist außerdem faszinierend, mit welch einfachen Mitteln
dieser
Komponist große Seelenzustände beschreiben kann. OMM: Ein Blick in Ihr
Repertoire zeigt, dass
Sie die Frauenpartien Mozarts sehr schätzen. Wie entstand diese
Vorliebe? Lichtenstein: Als
ich neun Jahre alt war, hatte ich meine erste Begegnung mit Mozart und
durfte
mit ihm sogar auf die Bühne. Schon damals liebte ich seine Musik
sehr. Dass an
mich immer wieder Mozart-Partien herangetragen werden, macht mich stolz
und
glücklich. Auch dass ich „Mozartpreisträgerin” eines
internationalen
Wettbewerbs bin, bedeutet mir viel. Der hohe Anspruch, den jede seiner
Opernpartien an den Sänger stellt, verlangt eine besondere
Disziplin und hohes
sängerisches Niveau. Gesangliche Schwächen sind sofort
hörbar. OMM: Haben Sie eine
Lieblingsrolle? Lichtenstein: Ich
habe mehrere Lieblingspartien. Im Moment sind es: Traviata, Norma,
Luccia di
Lammermoor, Fiordiligi, Tosca und Lady Macbeth. OMM: Gibt es eine
Traumrolle, an deren
Einstudierung Sie sich bisher noch nicht herangewagt haben? Lichtenstein: Ich
hoffe, dass ich eines Tages die Aida singen darf. OMM: Ihre Karriere haben
Sie auf der
Opernbühne gestartet. Nun werden Sie auch als Konzertsängerin
zunehmend
gefragter. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Lichtenstein: Eine
gute Opernsängerin zu sein, schließt eine rege
Konzerttätigkeit nicht aus. Im
Gegenteil. Das Eine sollte vom Anderen profitieren. Ich liebe beides.
Für mich
ist die interessantere Aufgabe allerdings, Oper zu singen und zu
spielen. OMM: Würden Sie sich
noch einmal für Ihren
Beruf entscheiden, wenn Sie die Wahl hätten? Lichtenstein: Ja,
auf jeden Fall. Auch wenn ich finde, dass es mittlerweile für
junge Sänger
schwerer geworden ist, beruflich Fuß zu fassen. OMM: In den Jahren 2006 und
2008 waren Sie
Mentorin für Stipendiaten der Jürgen-Ponto-Stiftung. Was
geben Sie jungen
Sängerinnen und Sängern mit auf den Weg? Lichtenstein: Ganz
einfach gesagt: meine Erfahrungen als Sängerin und Darstellerin.
Ich merke
immer wieder, dass viele junge Sänger keine ausreichende
Vorbereitung auf
diesen Beruf erhalten. Es macht mir große Sorgen, wie
rücksichtslos und
unverantwortlich an einigen Hochschulen und vielen Opernhäusern
mit jungen
Sängern umgegangen wird. Wie groß der Bedarf an kompetentem
Rat selbst bei
ausgebildeten Sängern ist, erlebe ich immer wieder bei meiner
Nebentätigkeit
als Gesangslehrerin. OMM: Sie gastieren auf
internationalen
Bühnen. An welchem Opernhaus singen Sie besonders gerne? Lichtenstein: Zu
meinen schönsten Erinnerungen gehören meine
Traviata-Gastspiele in Göteborg und
in Stockholm. Dass ich diese Partie zur dortigen
Parlamentseröffnung vor dem
schwedischen Königshaus singen durfte, war für mich eine
besondere Ehre und
Freude. OMM: Wie gestalten Sie Ihre
Freizeit? Gehen
Sie Hobbys nach? Lichtenstein: Wenn
ich Zeit habe, gehe ich ins Theater. Außerdem liebe ich es,
für Freunde zu kochen
und im Garten zu arbeiten. Das ist ebenso erholsam wie inspirierend.
Weitere Informationen: (Berlin, 18. Juni 2010 ) |
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