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Auf Wanderschaft durch die Welt

Matthias Goerne begeisterte in Salzburg mit seinem Schubert-Eisler-Liederabend. Nach dem Konzert sprach Joachim Lange mit dem Sänger.


Von Dr. Joachim Lange



OMM: Diese Kombination aus Eisler und Schubert für Ihren Liederabend in Salzburg ist ja nicht ohne. War das Ihr Wunsch?

Goerne: Ja, Eisler war sogar die erste Idee und Schubert passte dazu. Mit diesem Suchenden, das Glück Vermissenden...

OMM: Das ging ohne Diskussion?

Goerne: Mit solchen Vorschlägen rennt man bei Markus Hinterhäuser offene Türen ein. Unter seiner Leitung ist das Konzertprogramm in den letzten Jahren hier in Salzburg viel facettenreicher geworden, mit viel stärkerer Kontur und inhaltlichen Bezügen. Es ist eine glückliche Fügung für alle Künstler, die in Salzburg auftreten, auf jemanden zu stoßen, der nicht nur weiß, was er will, sondern auch solche Sachkenntnis und solchen Geschmack hat…
Obwohl es auch früher gut und gediegen war - aber eine Konfrontation von so auseinander liegenden Teilen des Repertoires hat da gefehlt. Dass da, wie in diesem Jahr, ausgerechnet so eine Sciarrino-Oper zu einer kleinen Konkurrenz zum eigentlichen Opernbetrieb werden kann, ist schon auffällig.

OMM: Und das Publikum? Immerhin hat selbst im Mozarteum ein Handy gebimmelt…

Goerne: Der Liederabend war sogar als eines der ersten Konzerte ausverkauft. Die Konzertschiene ist sehr anspruchsvoll, da trennt sich dann auch die Spreu vom Weizen, selbst wenn es da auch mal passiert, dass ein Handy klingelt. Aber ich reg mich nicht mehr auf, ich höre dann einfach auf. Doch man merkt natürlich vor allem den Sachverstand beim Publikum. Es ist sehr schön zu sehen, dass auf dem größten und wichtigsten Festival der Welt eine große Anzahl von Leuten dafür Zeit und Muße finden.

OMM: Was bekommen Sie eigentlich von dem ganzen Eventrummel in Salzburg mit?

Goerne: Nicht so furchtbar viel. Mir fällt es aber nicht schwer, in Salzburg zu sein. Ich bin ja schon seit vielen Jahren regelmäßig hier. Da kennt man Leute, weiß, wo man hingeht. Es ist etwas anders, als wenn man hier Oper macht. Da liegt der Fokus mehr auf dem Glamourösen und ist viel weniger am Inhalt orientiert.

OMM: Aber Sie machen ja auch selbst Oper. Wenn ich nur mal an Ihren Wolfram kürzlich in der Pariser Opera Bastille denke, wo Sie bei der teilbestreikten Premiere sogar ohne „Inszenierung“ auskommen mussten …

Goerne: Das war sogar viel besser für uns Sänger. Es war schon die Personenregie von Carsen, aber ohne das ganze Drumherum. Viele haben ja sogar gesagt, es hätte nichts gefehlt, was natürlich für den Regisseur bitter ist…. Der landläufige Opernbetrieb interessiert mich nicht so wahnsinnig. Wenn ich zwei, drei Monate Oper gemacht habe (wie jetzt in Paris und dann in Florenz den Orest in Elektra), dann ist es nach den etwa 20 Vorstellungen auch erst mal wieder gut. Es ist die Balance aus Oper, Konzert und Lied. Wenn das in einem guten Verhältnis steht, dann befruchtet sich das alles gegenseitig. Als Liedersänger kommt man nur zu diesem Plateau, auf dem ich singe, mit der Hilfe von Oper und Konzert. .. Ich mache also auch immer wieder Oper. Wozzeck an der MET, Mathis der Maler in Paris und dann die geplante Rihm-Uraufführung in Salzburg. Das sind ganz gezielte Projekte, bei denen man alles gut vereinen kann.


(Salzburg, August 2008)


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Matthias Goerne



Er werde immer als Weimarer oder als Dresdner angesehen, meinte der Bariton Matthias Goerne im Gespräch mit unserem Korrespondenten. Da kämen dann natürlich immer die Stichworte wie Adam, Schreier oder die Semperoper….

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Längst gehört der 1967 in Weimar geborene Weltklasse-Bariton aber zu den gefragtesten Liedsängern der Welt. Er begeistert als Liedsänger, auf den Konzertpodien, aber auch auf der Opernbühne vor allem mit dem Timbre und der Kraft seiner Stimme ebenso wie mit der Ernsthaftigkeit seiner Gestaltung. Bei den Salzburger Festspielen, wo er seit vielen Jahren Stammgast ist und auch als Papageno vor zehn Jahren das erste Mal auf einer Opernbühne stand, war sein Liederabend einer der Höhepunkte in der Konzertreihe "Schubert-Szenen". Seit unter Festspielchef Jürgen Flimm Thomas Oberender für das Schauspiel und Markus Hinterhäuser für die Konzerte verantwortlich sind, hat sich gerade da einiges getan. Bei den Konzerten wird dabei nicht nur, wie seit eh und je, Gepflegtes und Gediegenes geboten, sondern auch programmatisch Herausforderndes. Da zieht sich in diesem Jahr etwa Bartok durch das Programm oder der Italiener Sciarrino ist jener zeitgenössische Komponist, der in diesem Jahr wie ein Kontinent erkundet wird. In diesem Kontext wird dann auch ein Liederabend, der Hans Eisler mit Franz Schubert kombiniert, nicht nur zum exquisiten Stimmgenuss, sondern zu einem dramaturgisch ambitionierten Ganzen. Begleitet von dem symbiotisch folgenden Pianisten Leif Ove Andsnes entdeckte Goerne gleichsam wie selbstverständlich gerade die innere Verwandtschaft zwischen dem stets von Einsamkeit, Wanderschaft und Abschied kündenden Schubert (von „Der Wanderer" bis „Frühlingsglaube") und Beispielen aus Eislers „Hollywood-Tagebuch", die, meist zu Brechttexten, die Trostlosigkeit des Exils in Worte und Stimmungen fassen. Klug aufgebaut, ohne Effekthascherei, mit einem Bariton in Hochform, wurde am Ende im Mozarteum ein eher stiller Höhepunkt der Festspiele wurde abseits der großen Events bejubelt.

Fotos von Marco Borggreve


Weitere Informationen unter
www.matthiasgoerne.de




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