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Lutz Dettmann
Wer die Beatles nicht kennt

Roman

Von Frank Becker

Sommer 1976: Eine Kreisstadt in Mecklenburg, eine Familie, eine Schulklasse - das Tagebuch einer Jugend in der DDR zwischen Erich Honecker und John Lennon. Lutz Dettmann, selbst in Mecklenburg und in dieser Zeit aufgewachsen, weiß genau, was in dem 15-jährigen Klaus Levitzow, von dem er in seinem Roman erzählt, in diesem Sommer des Erwachens vorgeht. Die pubertäre Auflehnung gegen schulische Reglements, welche die freie Meinungsäußerung im Arbeiter- und Bauernstaat untersagen, die Auseinandersetzung mit verknöcherten regimetreuen Lehrern wie Frau Conell einerseits und andererseits die Erkenntnis, daß es auch liberale Erzieher wie Herrn Mahler  gibt, bilden einen Handlungsstrang. Der vom Vertrauen zu den Eltern und Großeltern geprägte Alltag,  erste Gehversuche mit Sexualität und Liebe und der kameradschaftliche Austausch mit Altersgenossen sind die zweite Ebene dieses Romans. Lutz Dettmann entwirft das Bild einer heilen Welt in einem maroden Gemeinwesen, das von Mangelverwaltung geprägt ist und im Grunde nur bestehen kann, weil seine Bürger Improvisationskünstler und Gemütsmenschen sind, wenn auch unausgesprochen von der ständigen Furcht vor der staatlichen Unterdrückungsmaschinerie beherrscht. Es war das Jahr, in dem sich der Pfarrer Brüsewitz öffentlich verbrannte, um gegen die Unterdrückung der Kirche zu protestieren.

Davon allerdings weiß unser Held Klaus nur wenig, wenn er auch heimlich Westfernsehen anschaut, wie es alle tun, die informiert sein möchten. Aber eine Ahnung davon hat er schon. Jetzt aber zählt das Heute, zählen Jugend, Sommerträume, hübsche Mädchen, der erste Rausch und Kater nach heimlichen Saufen im Ferienlager und die begehrten Schallplatten aus dem Westen, die man sorgsam hütet, deren Bandaufnahmen man tauscht, und die man bei der Jugenddisco hört. Wer will schon die Puhdys, Frank Schöbel oder Karat, wenn er Rod Stewart, ABBA, Jethro Tull, Sweet oder gar die Beatles hören kann? Und wer will schon eine Freizeithose aus Cottinogewebe tragen, wenn er eine echte Levi´s haben kann? Klaus hat eine, seine Oma hat dafür 40 Westmark im Exquisit-Laden geopfert. 
Und das „Magazin“ mit der Nackten des Monats kann natürlich nicht gegen den „Playboy“ im Schreibtischversteck des Vaters ankommen. Wie seine Freunde Karsten und Jürgen verrenkt er sich die Augen nach der gut gebauten Kerstin, er verliebt sich in die hübsche Martina und wird enttäuscht, aber seine erste große Liebe erlebt er mit der Jugendfreundin Cornelia dann doch noch.

Lutz Dettmann ist ein unterhaltsamer kleiner Roman gelungen, der zwar  mitunter ein wenig betulich wirkt, aber ein Zeitbild zeichnet, das zu bewahren die Pflicht der Literatur ist. Zu bald könnte vergessen werden, wie das damals "drüben in der DDR" eigentlich gewesen ist, als Wolf Biermann ausgebürgert wurde, Pink Floyd mit "Wish You Were Here" einen Riesenerfolg hatten, Club-Cola und Süßtafeln in den Läden standen, eine West-Pall Mall die DDR-"Karo" um Längen schlug und "Rock`n´Roll" von John Lennon begehrenswerter war, als das Blauhemd der FDJ. Dieses Buch macht Spaß, es nimmt den Leser mit und es stimmt wehmütig - nicht als verklärende Ostalgie, sondern als Zeugnis der zwischen den Fingern zerrinenden Jugend. Und was hatten Jugendhände an die Mauer des Treffpunkts der Clique geschrieben: "Wer die Beatles nicht kennt, ist impotent".           
 



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Lutz Dettmann
Wer die Beatles nicht kennt

Roman

Serie Piper, 2005
332 Seiten, TB
8,95  ¤

Weitere Informationen unter:
www.piper.de




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