Welcher dem
Wohlklang ergebene Konzertbesucher hätte da nicht durchgemußt! Wir
kenne ihn alle - und wir fürchten ihn, denn er (oder sie) ist überall:
der Konzerthuster. Und er ist nicht allein. Hätten wir es nicht schon
leidvoll am eigenen Ohr erfahren, wir wüßten es spätestens jetzt durch
eine erlesene, erhellende und überaus erheiternde Schrift, die uns
jüngst aus dem Verlag ClassicoBonneMusique erreichte. Natürlich
geschrieben von einem Mit-Leidenden, aber mit dem raffinierten
Winkelzug: hier bricht der Huster selbst seiner Gattung eine Lanze!
Kennen Sie die Typologie des Husters? Klaus-Ulrich Moeller hat sie
aufgezeichnet: da gibt es den neurotischen Angsthuster, der es nicht
selber tut - nein: es
hustet aus ihm. Der Trompetenhuster hingegen ist ein Vorsatz-Huster,
der den orgiastischen Augenblick ersehnt, der ihm beim Einsatz der
Pauke erlaubt seinen Schrei des Weltschmerzes in einer wahren Orgie zu
entlassen. Wir lernen den kammermusikalischen Säusel-Huster kennen, der
das Schicksal der Aussätzigen teilt, denn er kann im Gegensatz zum
gemeinen Konzerthuster im Kammerkonzert nicht anonym bleiben. Der
Spaß-Huster ist eine ganz besondere Spezies - er macht mit, schließt
sich an, weil es ihm im Konzert der oben genannten so gut gefällt.
Eines haben alle Huster gemeinsam (außer der simplen
Rücksichtslosigkeit): den Akt der Befreiung.
"Ein
Freiheitsrausch wie 1848: Im Konzerthusten befreien wir und von
Steuererklärungen und Abfallverordnungen, von Grillverboten auf dem
Balkon und dere drohenden Rentenkürzung. Wir werfen die ganze Last der
Bürokratie auf die Sessel hinter uns, husten die letzte Abmahnung
Richtung Stuhlreihe 46 und alle Arbeitsroutine einmal quer durch den
Saal. Offen, ehrlich, so wie unser Land eben ist. Ein Aufbruch, eine
Revolution. Jetzt staunen Sie, was?"
Liebe
Leser und Konzertbesucher, Huster und Nichthuster: ich muß Ihnen dieses
hübsche und eloquente Traktat dringend ans Herz legen. Jeder, der auch
nur im entferntesten mit dem Genuß oder der Ausübung von Musik zu tun
hat, sollte es besitzen, lesen, beherzigen, immer wieder zur Hand
nehmen und Gleichgesinnten als Angebinde überreichen. Sie werden sich
durch ein solches Geschenk Freunde machen. Durch sein handliches
Quartformat ist es auch zum Mitnehmen in der Jackett- oder der
Handtasche sehr geeignet - als Alternative zum gelangweilten Blättern
im Programmheft. Ein Musenkuß für dieses delikate Essay!