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Wolfgang Amadeus Mozart Briefe Herausgegeben, ausgewählt und mit einem Nachwort von Horst Wandrey (Diogenes Verlag)
Wolfgang Amadeus Mozart
Es
gibt natürlich mehr als diese beiden hier vorgestellten Ausgaben der
Briefe Wolfgang Amadeus Mozarts, doch die zwei ausgewählten Bände
präsentieren sich mit so unterschiedlicher Auswahl und differierendem
Erscheinungsbild, daß sie schon wieder zusammen gehören.
Horst Wandreys erstmals 1982 bei Diogenes erschienene und jetzt unverändert wieder aufgelegte Ausgabe zeigt den elfjährigen Wolfgang Amadeus in einem Bild von Thaddäus Helbling (1767) auf der Titelseite. Unmittelbar beginnt die Auswahl mit dem ersten Brief an die Mama, datiert mit "Wirgl, Dezember 1769". Mozart war damals bereits 13 Jahre alt. Stefan Kunze stellt diesem ersten Brief, den er natürlich auch hat, einige des Vaters Leopold an Lorenz Hagenauer voran, sowie ein Billet des Knaben an ein unbekanntes Mädchen und eine informative Einleitung zur Edition, die 1987 erstmals aufgelegt und nun ebenfalls unverändert neu gedruckt wurde. Daß in der Folge die 130 von Horst Wandrey ausgesuchten Briefe und die 187, die Stefan Kunze in seine Auswahl aufgenommen hat, sich auf weiten Strecken decken, liegt auf der Hand. Dennoch hat häufig der eine, was der andere nicht hat - sei es, daß der eine oder andere Brief den Auswahlkriterien hie nicht standgehalten hat, da aber doch oder daß ein Herausgeber eine Kürzung vornahm, die sein Kollege nicht für nötig hielt. Will sagen, die beiden Ausgaben ergänzen sich und ergeben dadurch ein runderes Bild, als es eine allein gekonnt hätte. Wandrey zieht sich mit dem langen Brief vom 8. Oktober 1791 dezent zurück. Kunze hat noch den vom 14. Oktober aufgenommen und eine Übersetzung des Briefes vom 30. Juli 1778 an Aloisia Weber nachgestellt, den Mozart in italienischer Sprache verfaßt hat und den Wandrey nicht hat. Sicher ist die umfangreichere und durch Format und Bindung handlichere Reclam-Ausgabe auch durch die reichlichen informativen Fußnoten die historisch-editorisch wichtigere, doch würde ich keinesfalls auf die Diogenes-Ausgabe verzichten wollen: sie ist durch ihren, nennen wir es "glatten", Verlauf und die gewählte kursive Type auf ihre Art eine authentisch erscheinende gut lesbare Lektüre. Ihren allerliebsten Vignetten von Heiner Vogel stehen die historischen Illustrationen der Reclam-Ausgabe gegenüber, die ihrerseits ein treffliches Zeitbild zeichnen. Beide, Stefan Kunzes informative, untadelige und unverzichtbare umfangreiche Edition und Horst Wandreys nonchalante Ausgabe werden in kollegialer Freundschaft auf meinem Bücherbrett zusammen und eng nebeneinander bleiben - eine jede zu ihrem Zweck. Denn beide tun, was sie im Sinn gehabt haben: sie erzählen durch die Handschrift des vielleicht größten musikalischen Genies aller Zeiten dessen Leben, Fühlen und Denken. Das wollen wir bewahren, und dabei helfen sie uns vorbildlich. Am 27. Januar 2006 jährt sich der Geburtstag des Genius zum 250. Mal.
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Hrsg. von Horst Wandrey 450 Seiten, mit Anmerkungen und Zeittafel Weitere
Informationen unter:
Hrsg. von Stefan Kunze 448 Seiten, mit Einleitung, Zeittafel und 22 Abbildungen sowie Fußnoten Weitere
Informationen unter:
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- Fine -