Ein Dresdner in Bayreuth
Peter Emmerich arbeitete seit 30 Jahren in Bayreuth als Pressechef für die Richard-Wagner-Festspiele - jetzt ist er plötzlich im Alter von 61 Jahre gestorben
von Joachim Lange
Es ist eine von den Nachrichten, auf die man nicht gefasst und schon gar nicht vorbereitet ist: Der Pressesprecher der Bayreuther Festspiele Peter Emmerich ist tot. Dabei wirkte der 61-jährige Dresdner noch im größten Festspieltrubel immer tiefenentspannt und kein bisschen angekränkelt. Als ich ihn für einen Beitrag zum Almanach der Freunde Bayreuths über Wolfgang Wagner vor einem knappen halbem Jahr auf dem Grünen Hügel traf, nahm er sich stundenlang Zeit und ließ dabei - seiner eigenen Vita entsprechend - die Jahrzehnte seines Lebens im Dienste der Bayreuther Festspiele Revue passieren. Der Stolz darauf war mit Händen zu greifen.
Emmerich war als einer der dienstältesten Vertreter seiner Branche überhaupt eine Institution. Dabei hatte er nur einen Intendantenwechsel (den von Wolfgang zu seiner Tochter Katharina) zu überstehen. Wer als Journalist auf dem Grünen Hügel etwas wollte, der kam - wie es so schön hieß - nicht an ihm vorbei. Und wenn er denn mal Nein sagte, dann hieß das auch Nein.
Dass er überhaupt auf diesen Posten gelangte, hatte damals etwas ungewollt Prophetisches. Wolfgang Wagner schaffte es nämlich, ihn 1989, als noch niemand den Fall der Mauer für möglich hielt, ganz legal von Dresden nach Bayreuth zu holen. Emmerich erzählte - mit der Begeisterung des damals jungen Wagnerfans in den Augen -, dass er Wolfgang Wagner 1975 in einer Vorstellung von Harry Kupfers Tristan und Isolde - damals noch im Schauspielhaus - das erste Mal leibhaftig gesehen habe. Als er dann in der Semperoper 1985 als Regieassistent und Abendspielleiter vom damaligen Chefregisseur Joachim Herz den Meistersingern zugeteilt wurde, die Wagner in Dresden inszenierte, war das das Größte für ihn. Bei der Arbeit sei die Ehrerbietung aus der Ferne sehr schnell einem Respekt gewichen. Für ihn sei diese Zusammenarbeit ein faszinierendes Abenteuer gewesen. Als Wagner 1988 erneut in Dresden inszenierte, diesmal den Fliegenden Holländer, machte er Emmerich jenes Job-Angebot, das wohl kein DDR Bürger ablehnen konnte. Sein ungläubiges ,Die Botschaft hör ich wohl, allein es fehlt der Glaube', das man nur mit DDR-Vergangenheit wirklich nachvollziehen kann, quittierte Wolfgang Wagner mit einem Satz, den auch andere Partner aus dem Osten zu hören bekamen: "Das lassen Sie mal meine Sorge sein. Ich hab' ja meine Verbindungen."
In Zeiten der damals noch für unabänderlich gehaltenen Teilung Deutschlands einen Dresdner als Pressechef nach Bayreuth zu engagieren und das ganz offiziell auch durchzusetzen, das ist so eins von den Schnippchen, die wohl nur Wolfgang Wagner den Zeitläuften schlagen konnte. Wie wir jetzt wissen, prägte Peter Emmerichs Entscheidung für Bayreuth fortan sein Leben. So kam der Dresdner - zunächst mit einem (schnell von der Geschichte überholten) Dreijahresvisum - an den Grünen Hügel auf einen Posten, den er über 30 Jahre stets professionell und gegenüber seinem Chef, dann seiner Chefin Katharina Wagner, vor allem aber dem Unternehmen Bayreuther Festspiele loyal ausfüllte. Er wusste immer, wie man die Wogen glättet, wenn es brenzlich wurde und sich etwas zusammenbraute. Er verstand es durchaus Angriffe jeder Art ruhig zu parieren oder abperlen zu lassen. Immer Wolfgang Wagners Motto folgend "Hier gibt es nur einen Star, und das ist Richard Wagner". Peter Emmerich hat viel dazu beigetragen, dass das bis heute so ist. Auf der Hompage der Festspiele ist der Schock über den Tod Emmerichs in Worte gefasst. Schwer vorstellbar, dass er da nicht mehr letzte Hand angelegt haben kann.
(13. Dezember 2019)
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Peter Emmerich (Foto: Enrico Nawrath)
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