Ingo Metzmacher
Keine Angst vor neuen Tönen
Erlebnispädagogischer Zugang zur Moderne
Von Stefan Schmöe
Ingo Metzmacher gilt als Spezialist im Bereich der „modernen“ Musik. Mit den Bamberger Symphonikern hat er Karl Amadeus Hartmann in vielgelobten CD-Einspielungen wiederentdeckt, erhellend gekoppelt mit den Komponisten der zweiten Wiener Schule, mit Messiaen, aber auch mit Charles Ives oder Bohuslav Martinu. Nonos Prometeo (mit dem Ensemble Modern) oder Henzes 9. Symphonie (mit den Berliner Philharmonikern) sind weitere auf Tonträgern dokumentierte Großtaten. Als Generalmusikdirektor in Hamburg hat er konsequent die zeitgenössische Musik gefördert (u.a. die Uraufführung von Rihms Eroberung von Mexiko), auch durch Konzertprogramme unter das Motto „Who is afraid of 20th Century Music?“ gestellt. Die Vermittlung der vermeintlich unvermittelbaren Gegenwartsmusik (die ja teilweise schon fast 100 Jahre alt ist, fasst man Schönbergs Abkehr von der traditionellen Harmonik oder Strawinskys Sacre du Printempsdazu) lebt Metzmacher beeindruckend vor. Passend dazu ist jetzt bei Rowohlt sein erstes Buch Keine Angst vor neuen Tönen erschienen.
Das nicht allzu dicke Bändchen ist kein systematisches Programm, sondern ein essayistisch gehaltenes Gelegenheitswerk, das im Plauderton über Musik spricht. In 21 kurzen Kapitelchen werden eine Reihe von Komponisten (von Mahler über Varese bis zu Stockhausen) behandelt, unterbrochen von allgemeineren Abhandlungen über Themen wie „Zeit“, „Natur“ oder „Spiel“ (bei denen aber auch schnell Komponisten als Kronzeugen herbeizitiert werden). Zwei autobiographische Kapitel vervollständigen das Buch und ergeben eine Struktur, die nicht zufällig an musikalische Großformen erinnert.
Metzmacher schreibt von einem denkbar naiven Standpunkt aus: Moderne Musik ist, so die vielfach variierte Grundthese des Buches, sinnlich und emotional erfahrbar, und zwar voraussetzungslos und für praktisch jeden „willigen“ Hörer. In meist kurzen, sehr einfach gebauten Sätzen erzählt er Musik nach wie eine Geschichte. „In dieses Schweben hinein klagt die Oboe d'Amore. Eine traurige Weise bläst sie uns in wiegendem Metrum, traumverloren. Dann tritt der Tanz hervor, von dem der Titel spricht.“ So heißt es zu Gigues aus Debussys Images, aber vom Prinzip geht Metzmacher bei jedem der behandelten Komponisten ähnlich vor. Metzmachers Begeisterung ist schnell ansteckend und gibt manche Anregung, aber die Problematik, dass mit der Preisgabe der Konventionen wie der traditionellen Harmonik für große Teile des Publikums auch die Verständlichkeit aufgegeben wurde, diskutiert Metzmacher nicht einmal im Ansatz. Dass man viele (auch über alle musikalischen Zweifel erhabene) Werke der jüngeren Musikgeschichte nur mit sehr viel (und sehr anstrengender) Arbeit erschließen kann, wird aus der erlebnisorientierten Sicht Metzmachers überhaupt nicht deutlich. Dort scheint Musik nur aus einer Folge leicht konsumierbarer Höhepunkte zu bestehen.
Damit ist das Hauptproblem des Buches auch angerissen: Wer soll es eigentlich lesen? Der Autor wendet sich an ein Publikum, dem nicht einmal grundlegende musikalische Fachbegriffe vertraut sind, dass also unvorbereitet (aber entsprechend unbefangen) an die Sache herangeht. Genau dieser Leserkreis dürfte schnell überfordert sein, weil die Gedankengänge dann doch detaillierte Musikkenntnisse erfordern (jedenfalls sollte man sich die beschriebene Musik ungefähr vorstellen können). Wer aber die nötigen Vorkenntnisse hat, dem dürfte der bewusst schlichte Tonfall schnell auf die Nerven gehen. Und es fehlt natürlich das Wesentliche: Die Musik, an der man die Gedankengänge nachvollziehen könnte. Da Metzmacher sich programmgemäß am äußersten Rand des Repertoires bewegt, dürfte sich in Papas LP-Sammlung wenig Verwertbares finden lassen. Metzmacher schreibt sich also zwischen alle Stühle. Das beste an diesem Buch ist daher: es macht Lust darauf, den Autor (wieder) einmal als Dirigenten zu erleben.
Damit ist das Hauptproblem des Buches auch angerissen: Wer soll es eigentlich lesen? Der Autor wendet sich an ein Publikum, dem nicht einmal grundlegende musikalische Fachbegriffe vertraut sind, dass also unvorbereitet (aber entsprechend unbefangen) an die Sache herangeht. Genau dieser Leserkreis dürfte schnell überfordert sein, weil die Gedankengänge dann doch detaillierte Musikkenntnisse erfordern (jedenfalls sollte man sich die beschriebene Musik ungefähr vorstellen können). Wer aber die nötigen Vorkenntnisse hat, dem dürfte der bewusst schlichte Tonfall schnell auf die Nerven gehen. Und es fehlt natürlich das Wesentliche: Die Musik, an der man die Gedankengänge nachvollziehen könnte. Da Metzmacher sich programmgemäß am äußersten Rand des Repertoires bewegt, dürfte sich in Papas LP-Sammlung wenig Verwertbares finden lassen. Metzmacher schreibt sich also zwischen alle Stühle. Das beste an diesem Buch ist daher: es macht Lust darauf, den Autor (wieder) einmal als Dirigenten zu erleben.
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Ingo Metzmacher
Keine Angst vor neuen Tönen
Eine Reise in die Welt der Musik
Rowohlt Berlin, 2005
160 Seiten
Hardcover
ISBN 3-87134-478-8
16,90 Euro (D)
Weitere
Informationen unter:
www.rororo.de/metzmacher/musik
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