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– Hinweis: Karajan. Das zweite Leben Ein Film von Eric Schulz 25. Dezember 2012 um 20.15 Uhr auf servus-tv Er lebt in seinen Aufnahmen weiter Von Christoph Wurzel „Ich glaube ja daran, dass es mehrere Leben gibt. Und ich kann Ihnen sagen: Ich komme ganz sicher zurück!“ Herbert von Karajan mag bei seiner Affinität zu fernöstlichen Weltanschauungen daran tatsächlich geglaubt haben. In diesem neuen Film über Karajan als Schallplatten -Dirigent wird klar: Karajans zweites Leben realisiert sich in seinen Tonaufnahmen. Hat doch Karajan wie kein anderer Dirigent zuvor beinahe manisch seine Interpretationen auf Tonträger verewigen lassen und so viel Zeit in Tonstudios verbracht, wie kein anderer Musiker vor ihm. Und mit welcher Akribie und mit welch tiefem, künstlerischen Ernst er dies bewerkstelligt hat – dafür setzt der neue Film von Eric Schulz ihm ein beeindruckendes Denkmal. Karajan habe, so sagt einer der zahlreichen Wegbegleiter des Maestro, die in dieser Dokumentation zu Wort kommen, immer darunter gelitten, nur nachschöpfender Künstler gewesen zu sein. Im Gegensatz zu seinen großen Vorbildern Richard Strauss und Wilhelm Furtwängler. Vielleicht erklärt sich daher sein tiefer Wunsch, mit den Interpretationen wenigstens auf der Schallplatte „für immer zu leben“. In seinem Film montiert Eric Schulz geschickt Aussagen von Wegbegleitern Karajans, die beredt Auskunft ebenso über Karajans künstlerische Sendung wie seine Begeisterung für die moderne Technik geben. Karajan strebte stets danach, seinen unbedingten Willen nach dem musikalisch richtigen Ausdruck mit den Möglichkeiten der modernen Tontechnik zu dem ihm vorschwebenden perfekten Ergebnis zu verbinden. Karajans hinterlassene Aufnahmen gehen tatsächlich konform mit den rasanten technischen Innovationen der Tonträgertechnik und umspannen die ganze Bandbreite deren Möglichkeiten von den fünfziger bis in die achtziger Jahre. Man stelle sich vor, was das Internet diesem Technikbegeisterten noch hätte bieten können, so einer der Toningenieure, die mit Karajan arbeiteten. Karajan starb 1989. Wie präzise und zugleich intensiv Karajan probte, wie er beispielsweise mit Sängern an jeder Nuance feilte, zeigen die eindrucksvollen Ausschnitte aus Proben für seine Aufnahmen. So ist eine längere Passage der Arbeit mit Thomas Steward als Wanderer im Ring gewidmet. Und seine überaus akribische und unnachgiebige Orchesterarbeit wird in Ausschnitten aus Proben dokumentiert, wo seine Kommentare über unzureichende Ergebnisse auch vor bissigem Spott nicht halt machen. Jedenfalls zeigen gerade diese Einblicke einen anderen Karajan, als wir ihn aus den bis ins Künstliche gestylten Bildaufzeichnungen vom Höhepunkt seiner Karriere kennen – hoch emotional und humorvoll. Schon allein deswegen lohnt der Film, aber er kann auch dazu beitragen, uns die menschliche Seite dieses zum dirigierenden Halbgott stilisierten Pultstars der Wirtschaftswunder-Jahre näher zu bringen. Karajans wahres Charisma, von dem Anne-Sophie Mutter hier so eindrücklich schwärmt, bestand also nicht vorrangig in seinem durch die Plattenindustrie und natürlich auch ihn selbst forcierten Jet-Star-Appeal, sondern vor allem in seinem enormen künstlerischen Ernst, höchstem musikalischen Einfühlungsvermögen und großer Demut vor dem Werk. Eric Schulz hat mit dieser Dokumentation seinen dritten Film über Musiker vorgelegt. Wie schon bei Hitlers Meistersinger über den Tenor Max Lorenz und Spuren ins Nichts – der Dirigent Carlos Kleiber ist es ihm gelungen, mit seltenen Archivaufnahmen ein spannendes und die jeweilige Künstlerperson empathisch charakterisierendes Film-Portrait zu erstellen. Schulz zeigt auch bei dem Karajan-Film wieder sein besonderes Geschick, seine Hauptfigur lebendig werden zu lassen und lässt damit auch mit dieser Arbeit wieder das Genre des Dokumentarfilms über sich hinauswachsen.
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