in Göttingen
Szenische Aufführung in italienischer Sprache
Dirigent: Nicholas McGegan
Regie: Drew Minter
Bühnenbild: Scott Blake
Kostüme: Bonnie Kruger
Serse - Judith Malafronte
Romilda - Jennifer Smith
Atalanta - Lisa Milne
Amastre - Susan Bickley
Arsamene - Brian Asawa
Elviro - David Thomas
Ariodate - Dean Ely
The Hanover Band, London
Fotos: Kaspar Seiffert
Die diesjährige Opernproduktion in Göttingen bescherte eine Rückkehr von Drew Minter als Regisseur, der in den bewährten Bühnenbildern von Scott Blake und den herrlichen Kostümen von Bonnie Kruger erneut eine Annäherung an barocke Aufführungspraktiken zu versuchte. Da er dieses Mal wieder andere Sänger vorfand, waren seine Bemühungen leider nur zu einem Teil erfolgreich.
Vielleicht wäre es für Göttingen besser, wenn man so etwas wie ein festes Ensemble bilden könnte, dass für einen Zeitraum von
einigen Jahren in der Festspielzeit zusammenarbeit, und sein Spiel von Jahr zu Jahr weiter intensiviert und modifiziert, do dass man nicht jedes Jahr wieder bei quasi Null anfangen müsste. Je selbstveständlicher der Umgang mit barocker Gestik ist, desto überzeugender wirkt sie natürlich.
Insgesamt wirkte die Inszenierung jedenfall geschlossener und konzentrierter als die des letzten Jahres. Die Personen bewegten sich immer in Bezug auf den jeweils Agierenden und machten dadurch die Spannungen zwischen den einzelnen Figuren deutlich.
Musikalisch war im Vergleich zum Vorjahr eine erhebliche Leistungssteigerung zu erkennen. Nicht nur, dass es bei den Solisten besonders schöne Stimmen zu hören gab, sondern vor allem, weil das Orchester The Hanover Band (London) wesentlich zuverlassiger und engagierter musizierte, zumindest in den weniger dramatischen Passagen. Da allerdings, wo es so richtig zur Sache geht und die Gefühle der Protagonisten schier explodieren, war nicht einmal Nicholas McGegan mit seinen anfeuernden Bewegungen in der Lage, das Orchester zu furiosem Spiel zu bewegen.
Star des Abends war eindeutig Brian Asawa in der Partie des Arsamene. Mit seiner makellosen Stimme und seinem immensen Ausdrucksvermögen hatte er das Publikum sofort für sich vereinnahmt. Auch Judith Malafronte in der Titelpartie begeisterte mit ihrer Stimme und ihrer darstellerischen Umsetzung der hybriden Existenz dieses Serse. Eine ungeheuer temperamentvolle Atalante war Lisa Milne. Susan Bickley (Amastre), David Thomas (Elviro) und Dean Ely (Ariodate) ergänzten das insgesamt festspielreife Ensemble. Einzig enttäuschend fand ich nur die Vorstellung von Jennifer Smith als Romilda, die weder stimmlich noch darstellerisch überzeugte.
Händel-Festspiele in Göttingen
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in Halle
Szenische Aufführung in italienischer Sprache
mit deutschen Übertiteln
Dirigent: Hans-Martin Linde
Regie: Ulrich Peters
Bühnenbild: Peter Sykora
Kostüme: Götz Lanzelot Fischer
Choreinstudierung: Dietrich Schlegel
Serse - Lynda Lee
Romilda - Julia Gooding
Atalanta - Martina Rüping
Amastre - Gabriele Erhard
Arsamene - Axel Köhler
Elviro - Ulrich Studer
Ariodate - David Stephenson
Händelfestspielorchester des OPERNHAUSES HALLE
Fotos: Gert Kiermeyer
Die Serse-Inszenierung des OPERNHAUSES HALLE in Verbindung mit der Direktion der Händel-Festspiele bescherte dem Publikum eine fantastisch ausgestattete, nicht aber eine fantastische Aufführung. Dem von Blau, Schwarz und Silber dominierten Einheitsbühnenbild von Peter Sykora fügten sich die überwiegend wallenden Gewänder von Götz Lanzelot Fischer prächtig ein. Dabei fielen vor allem die Kleider der sowohl von Serse als auch von Arsamene heiss umworbenen Romilda - in strahlendem Weiss - und der intrigierenden Atalanta - in Knallrot - aus der sonst in dunkelen Farben gehaltenen Optik heraus.
Oft etwas unmotiviert wirkten die Verwandlungen innerhalb des Bühnenraums durch diverse Wände.
Leider wirkte auch die Regie von Ulrich Peters nicht völlig überzeugend, obwohl sein Ansatzpunkt durchaus theaterwirksam und psychologisch nachvollziebar war. Doch die durchgehende Spannung, die ja so angestrebt war, wollte sich einfach nicht einstellen.
Da halfen dann auch nicht immer die deutschen Übertitel, die ansonsten - wenn sie geschickt ausgewählt werden - eine willkommene Verständnishilfe sind.
Einzig der "Knalleffekt" am Ende des Stückes sorgte für einen Moment für Aufregung: während der allgemeine heitere Schlussgesang der Protagonisten das glückliche Ende feierte, erschien im Hintergrund schüchtern, aber verlockend eine "verführerische" Frau, zu der sich die gerade noch glücklich mit ihren Geliebten vereinten Männer hinbewegen und ihr gerade errungenes Glück alleine stehen liessen. Interessant, aber nach den Vorgängen der Stunden davor eine sehr unglaubwürdige Wendung, auch wenn sie in der Realität noch so oft vorkommt.
Musikalisch war diese Produktion ein fabelhafte Ensembleleistung. Hans-Martin Linde und das Händelfestspielorchester des OPERNHAUSES HALLE boten zwar keine überbordenden Temperamentsausbrüche, aber sie sorgten durch (meist) einfühlsames und differenziertes musizieren für eine klangliche Grundlage, die die Solisten zur adäquaten Darstellung ihrer Affekte nutzen konnten.
Die herausragendste Leistung des Abends bot die zu Recht bejubelte Lynda Lee als Serse. Wie sie die Partie darstellerisch, vor allem aber musikalische interpretierte war einfach überwältigend. In ihren grossen Ausbrüchen ging sie dabei an die Grenze des noch singbaren und machte auch dadurch die unbedingte Machtposition des Herrschers glaubwürdig.
Händel-Festspiele in Halle
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