Bläserbegrüßung auf dem Balkon
des Stadthauses
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Den Höhepunkt des die Festspiele eröffnenden
Festaktes bildete die Anwesenheit
und die Festansprache der diesjährigen Schirmherrin Principessa Claudia Ruspoli,
wodurch die Veranstaltung zumindest kurzzeitig internationale Bedeutung und
Glanz erhielt. Immerhin ist die Principessa Nachfahrin
des Fürsten Francesco Maria
Ruspoli, der ein maßgeblicher Mäzen Händels während dessen Aufenthalts in
Italien war. So komponierte Händel für das Haus Ruspoli zahlreiche Werke, wobei
er sich – wie die Literatur und bildende Kunst - nicht selten der antiken
Götter- und Heldensagen bedient hat, die zu seiner Zeit noch zum Allgemeingut der
gehobenen Bildungsschicht gehörten.
Aus Interesse und um Traditionen zu bewahren, initiierte die Principessa in der Sommerresidenz der Familie Ruspoli in Viterbo das „Festival Barocco“.
Das eigentliche Festkonzert mit einer Kurzfassung von Georg
Friedrich Händels Oratorium „L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato“ (HWV 55) war
dagegen eine wirkliche Katastrophe. Wie schon bei der instrumentalen Eröffnung des
Abends (Concerto [a due Cori] F-Dur für 2 Bläserchöre und
Streicher HWV 333) erwies sich der orchestrale Beitrag zu diesem Konzert als
reinstes „Schwimmfest“. Unter dem wilden und durch Turnübungen auf seinem Stuhl
bereicherten Dirigat von Federico Maria Sardelli, war das Händelfestspielorchester
der Staatskapelle Halle im ständigen Kampf um die richtigen Noten und um ein
annähernd gemeinsames Zusammenspiel. Anscheinend war Federico Maria Sardelli
dieser Situation in keinster Weise gewachsen, da er sowohl die ausgezeichneten
Solisten Kirsten Blaise (Sopran), Charles Daniels (Tenor) und Michael Nagy (Bass)
sowie das Immortal-Bach-Ensemble weitestgehend überhaupt nicht beachtete. Deren
Chorleiter Morten Schuldt-Jensen übersah er beim Schlussbeifall dann noch geflissentlich
(er war wohl zu sehr mit seiner eigenen Inszenierung und dem richtigen Schwung
seiner Haarpracht beschäftigt) und auch die Solisten blickten nur noch erstaunt
und ratlos umher. Es war – glücklicher Weise – mit Abstand das kürzeste
„Festkonzert“ in der Geschichte der Händel-Festspiele in Halle, aber auch das schlechteste.
Die dadurch geschürten
Befürchtungen für die diesjährige Opern-Neuproduktion des „Ariodante“, die musikalisch
ebenfalls in der Verantwortung von Federico Maria Sardelli stand, traten dann
allerdings – erfreulicher Weise – nicht gänzlich ein.
Die szenisch aufgeführten
Opern bei den Händel-Festspiele in Halle 2007.
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Ein wirkliches „Festkonzert“ konnten die Besucher der
Georg-Friedrich-Händel-Halle dagegen bei der konzertanten Aufführung von Händels „Riccardo I., Re d’Inghilterra“
erleben. Vor dem Beginn wurde allerdings erst einmal der diesjährige Händel-Preis
an Paul Goodwin überreicht, der mit dieser Aufführung seine Ehrung eindrucksvoll
rechtfertigen konnte.
Engagiert, vital und zupackend ließ Paul Goodwin die abwechslungsreich
und farbig instrumentierte Musik Händels (mit Oboe, Quer- und Blockflöten, Horn
sowie bis zu 3 Trompeten und Pauken), in all seinen Facetten und Affekten erklingen.
Das exquisite Solistenensemble wurde
angeführt von Lawrence Zazzo in der Titelpartie des Riccardo I. (König von
England /„Löwenherz“). Mit seiner nicht heldisch herausstechenden, sondern eher
warm und gedeckt klingenden Altstimme, die er aber auch feurig und
temperamentvoll einsetzte, verkörperte er den glücklichen, jungen, dynamischen und
erfolgreichen Helden.
Riccardos Verlobte, Costanza, wurde von
der entzückenden Nuria Rial gesungen, deren warmer und technisch perfekt geführter Sopran jugendliche
Frische ausstrahlte und herrlich leuchtend feinste Nuancierungen hören ließ. Das
Liebesduett mit ihren beiden auf das
innigste verschmelzenden Stimmen war einer der ganz großen Momente der
Aufführung.
Andrew Foster-Williams als Isacio,
Herrscher von Zypern (Bass), Geraldine McGreevy als dessen – schon etwas
reifere Tochter – Pulcheria (Sopran), Tim Mead als deren
Verlobter Oronte (mit sehr geschmeidiger mit flexibler Altstimme) und
James Gilchrist als Berardo, Diener Riccardos (Bass) komplettierten das großartige
Ensemble, das behutsam und sensibel von Paul Goodwin und dem auf „historischen“
Instrumenten musizierenden Kammerorchester Basel begleitet wurde. Aber auch die
dramatischen Szenen der Oper konnten sie musikalisch adäquat gestalten und
sorgten so für eine packende Wiederaufführung dieser 2. Fassung von 1727, die
bei den diesjährigen Händel Festspiele in Halle erstmals nach der neuen Edition
der Hallischen Händel-Ausgabe aufgeführt wurde.
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Georg-Friedrich-Händel-Halle
Überreichung des Händel-Preises
an Paul Goodwin
Georg-Friedrich-Händel-Halle
„Riccardo I., Re d’Inghilterra“
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Freylinghausensaal der Franckeschen Stiftungen
„Giove in Argo“
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Eine weitere konzertante Opernaufführung
erlebten die Besucher im Freylinghausensaal der Franckeschen Stiftungen. Als
Co-Produktion der Händel-Festspiele Halle mit den Göttinger
Händel-Festspielen und den Festwochen Herrenhausen war hier Händels
Pasticcio „Giove in Argo“ (HWV A 14)
zu erleben. Alan Curtis, sein Ensemble Il Complesso Barocco sowie die
Solisten Zachary Stains (Arete), Mary-Ellen Nesi (Iside), Vito Priante ( Erasto),
Laura Cherici (Calisto), Theodora Baka (Diana) und Luigi De Donato (Licaone) sorgten
auch hier, wie schon kurz zuvor bei den Göttinger
Händel Festspielen für einen mitreißenden und temperamentvollen Abend, der das
Publikum spür- und hörbar begeisterte.
Mehr zu „Giove in Argo“ im Bericht über die Göttinger Händel Festspiele 2007.
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Ein besonderes Konzert erwartete die
Besucher der Konzerthalle Ulrichskirche bei der Aufführung von Händels
Oratorium „L'Allegro, il Penseroso ed il
Moderato“. Es war ein Preisträgerkonzert, bei dem der Landesjugendchor
Sachsen-Anhalt für die Erarbeitung und Aufführung dieses Oratoriums mit dem
„enviaM-Förderpreis“ geehrt wurde.
Der Landesjugendchor Sachsen-Anhalt ist der
Auswahl-Jugendchor des Bundeslandes, dem Sängerinnen und Sänger der Gymnasien
und Hochschulen Sachsen-Anhalts angehören. Der Chor findet sich als Projektchor
dreimal im Jahr zusammen, um in acht- bis zehntägigen Arbeitsphasen seine
Programme zu erarbeiten. Er trat 1995 erstmals öffentlich auf, unternahm Auslandsreisen
und trat bereits mehrfach bei den Händel-Festspielen in Halle auf. Künstlerischer
Leiter des Landesjugendchores ist seit 2001 Wolfgang Kupke, der zusammen mit
dem Halleschen Consort und den Solisten Gudrun Sidonie Otto (Sopran), Susanne
Krumbiegel (Alt), Tobias Hunger (Tenor) und Johannes G. Schmidt (Bass) Händels Oratorium
mit Übersicht und leichter Hand
präsentierte. Die den philosophischen Disput zwischen den verschiedenen
Temperamenten, dem „Fröhlichen“, dem „Gedankenvollen“ und dem „Maßvollen“ erläuternden
bzw. kommentierenden Chöre wurden vom Landesjugendchor Sachsen-Anhalt
aufmerksam und mit ihren frischen und jugendlichen Stimmen erfreulich homogen
gestaltet.
Weitere Werke, die im thematischen Kontext von Mythos
und Allegorie standen und zum programmatischen Schwerpunkt der Händel-Festspiele
2007 gehörten, waren u.a. „Semele“, „Apollo e Dafne“ und Monteverdis
„L'Orfeo“.
Obligatorische Programmpunkte
der Festspiele waren wie immer eine Aufführung von Händels „Messiah“, der
Begegnungsabend im Hof des Händel-Hauses („Zu Gast bei Händel“) mit Besuchern
und Künstlern der Festspiele sowie die beiden Open-air-Veranstaltungen „Bridges
to Classics“ (mit Feuerwerk) und das „Abschlusskonzert“ mit Feuerwerk zu Händels
„Music for the Royal Fireworks“ in der atmosphärischen Galgenbergschlucht.
Eine sehenswerte Ausstellung mit dem Titel "I
will still proceed to publish more" war in den Räumen des Händel-Hauses zu
sehen, die an Hand eindrucksvoller Zeugnisse die Verbreitung der Musik Händels
in frühen Notendrucken und Abschriften präsentierte.
Die Händel-Festspiele im
Jahr 2008 stehen unter dem Motto „Geistliche Musik im profanen Raum - Von La Resurrezione
zum Messiah“.
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Konzerthalle Ulrichskirche
„L'Allegro, il Penseroso ed il
Moderato“
Übereichung des „enviaM-Förderpreis“
an den Landesjugendchor
Sachsen-Anhalt

Händel-Haus
"I
will still proceed to publish more"
Die Musik Händels
in frühen
Notendrucken und Abschriften

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