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Musikfestspiele
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Klangvokal
Musikfestival Dortmund
10.06.2011 - 02.07.2011

Pater noster

für fünfstimmigen Chor (1880)
Musik von Giuseppe Verdi

Petite Messe Solennelle

Originalfassung für vier Solisten, Chor, zwei Klaviere und Harmonium (1863)
Musik von Gioacchino Rossini

In italienischer und lateinischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 40' (keine Pause)

Premiere in der St. Reinoldikirche in Dortmund am 23. Juni 2011




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Sünde des Alters

Von Thomas Molke / Fotos von Johanna Fischer


Seine Karriere als aktiver Opernkomponist hatte Rossini schon lange hinter sich gelassen, bevor er zur Einweihung einer Privatkapelle des Pariser Adligen Comte Michel-Frédéric Pillet-Will die ursprüngliche Form seiner Petite Messe Solennelle, die er  zeit seines Lebens favorisierte,  für zwei Klaviere, ein Harmonium, vier Solisten und acht Sänger verfasste. Die spätere Orchesterfassung zu diesem Werk schrieb er nach eigenen Angaben nur als Schutz gegen spätere Komponisten, die mit einem bombastischen Orchester eventuell die von Rossini intendierten 12 Singstimmen gnadenlos übertönt hätten. Nach seinem Rückzug aus dem Opernbetrieb hatte er rund 150 kammermusikalische Miniaturen verfasst, die er in einer mehrbändigen Anthologie unter dem Titel Péchés de vieillesse (Alterssünden) zusammenfasste. Die Petite Messe Solennelle steht zwar außerhalb dieser Anthologie, bildet aber den Höhe- und Schlusspunkt dieser Schaffensperiode. Im Rahmen des Klangvokal-Festivals hat sich der Kammerchor an St. Reinoldi unter der Leitung seines Dirigenten Klaus Müller der ursprünglichen Form dieses Werkes angenommen, um es gemeinsam mit Verdis Pater noster zu präsentieren.

Verdi hat sein Sakralwerk Pater noster auf die Stanzen von Dantes Divina Commedia (Purgatorio, Canto XI) in italienischer Sprache fünfstimmig für eine reine Vokalbesetzung komponiert. Die Uraufführung fand zusammen mit seinem Ave Maria 1880 anlässlich der Enthüllung einer Verdi-Büste in der Mailänder Scala statt. Einen direkten Bezug zu Rossinis Messe gibt es also nicht. Da Rossinis Werk kein Pater noster enthält, scheint eine Verbindung dieser beiden Werke jedoch gut möglich. Außerdem fügt sich das A-Capella-Werk in der Interpretation des Kammerchors an St. Reinoldi gut in die minimalistische Ausstattung von Rossinis Petite Messe Solennelle ein.

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Der Kammerchor an St. Reinoldi mit seinem Dirigenten Klaus Müller (links) (am Harmonium rechts: Christian Gerharz).

Der Kammerchor an St. Reinoldi besteht an diesem Abend aus 17 Choristen, neun Sängerinnen und acht Sängern, die stimmlich gemischt aufgestellt sind. So werden einzelne Stimmen nicht durch räumliche Trennung hervorgehoben, sondern bilden einen homogenen Klang. Bemerkenswert ist bei Verdis Pater noster die sehr klare und deutliche Linienführung. Der kammermusikalische Charakter passt gut zu der folgenden Messe. Die Frage ist nur, ob das Werk von Verdi in dieser Form intendiert war. Verdi wollte für dieses Werk einen Chor von 210 Stimmen haben, um damit die Größe Gottes zu betonen. Bei der Uraufführung sollen dann sogar 370 Choristen gesungen haben. Eine solche Präsentation des Werkes hätte dann allerdings vielleicht den finanziellen Rahmen und die Räumlichkeiten in der Kirche gesprengt. So erscheint es folgerichtig, dass man sich für diese kleine Besetzung entschieden hat. Das Pathos, das Verdi in diese Komposition gelegt hat, geht dabei allerdings etwas verloren.

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Die Solisten von links: Francisca Devos, Dagmar Linde, Stefan Cifolelli und Miklós Sebestyén.

Für Rossinis Petite Messe Solennelle kommen zwei Klaviere und ein Harmonium zum Einsatz, die im Zusammenspiel für den modernen Hörer den Klang einer Orgel nachzuahmen scheinen, wobei die besondere Modulation des Harmoniums ursprünglich aber dafür gedacht war, den Eindruck von Holzblasinstrumenten zu vermitteln. Das "Kyrie" am Anfang der Messe klingt für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich fröhlich, wobei Rossini den Mittelteil "Christe eleison!" a cappella komponiert und das einrahmende "Kyrie eleison!" mit zahlreichen Variationen versehen hat. Auch bei den Soli lassen die Verzierungen den großen Belcanto-Meister noch erkennen. Miklós Sebestyén interpretiert mit profundem Bass "Quoniam tu solus Sanctus". Stefan Cifolelli gefällt mit strahlendem Tenor beim "Domine Deus", und auch Francisca Devos überzeugt mit schönem Sopran beim "Crucifixus" und "O Salutaris hostia". Den Höhepunkt in der Solistenriege stellt sicherlich die Altistin Dagmar Linde dar, die über einen unglaublichen Tonumfang verfügt, der in den Tiefen samtig weich klingt und in den Höhen dramatische Durchschlagskraft besitzt. Ihr "Agnus Dei" am Ende der Messe ist der Glanzpunkt des Abends. Auch gemeinsam überzeugen die Solisten vereint mit dem Chor durch einen harmonisch erfreulich ausgewogenen Klang.

Im Vergleich zu anderen Messen eher ungewöhnlich sind einige Eigenheiten in Rossinis Komposition, die erkennen lassen, dass der Komponist, wie er selbst gesagt hat, für die Opera buffa geboren ist. So nimmt er am Ende des "Gloria", bzw. des "Credo" den Anfang jeweils noch einmal auf, als wenn er den Zuhörern mitteilen wolle, in welchem Teil man sich gerade befinde. Des Weiteren unterlegt er einzelne Passagen mit dem Klavier sehr lautmalerisch. So lässt er im "Credo" bei der Zeile "descendit de coelis" musikalisch als absteigende Tonleiter vom Klavier eine Art Sternenregen hörbar werden. Auch spielt er bei der Zeile "sepultum est" mit der Tonleiter. Während Francisca Devos in der Stimme beim Begraben nach unten geht, hört man beim Harmonium aufsteigende Harmonien, um so schon die Wiederauferstehung vorwegzunehmen. Das "Gloria" zum Abschluss noch einmal als Zugabe zu bringen, ist zwar sicherlich keine Idee von Rossini gewesen, hätte ihm aber bestimmt auch gefallen.


FAZIT

Verdi und Rossini einmal ganz anders. Auf jeden Fall hörenswert.






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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Klaus Müller



Kammerchor an St. Reinoldi

Klavier
Michael Hönes
Li-Yu Lemberg-Chen

Harmonium
Christian Gerharz


Solisten

Sopran
Francisca Devos

Alt
Dagmar Linde

Tenor
Stefan Cifolelli

Bass
Miklós Sebestyén


Weitere
Informationen

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Klangvokal Dortmund
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