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Neuburger Kammeroper
21.07.2012 - 29.07.2012


Der Zweikampf mit der Geliebten

Oper in drei Akten
Libretto von Johann Friedrich Schink nach Francisco Antonio de Bances y López-Candamo
ergänzt und bearbeitet für die Neuburger Kammeroper von Horst Vladar
Musik von Louis Spohr

In deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 40' (eine Pause)

Premiere im Stadttheater am 21. Juli 2012
(rezensierte Aufführung: 22.07.2012)

 


 

 

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Lang lebe die Liebe

Von Thomas Molke / Fotos von Olivia Würmseher


Obwohl Louis Spohr mit Carl Maria von Weber zu den Pionieren bei der Entwicklung einer eigenständigen Deutschen Oper zählt, sind seine Werke heutzutage größtenteils aus den Opernhäusern verschwunden, was wohl vor allem an der Omnipräsenz Richard Wagners liegen dürfte, der mit seinen großen Musikdramen für die Vollendung der Deutschen Oper steht und neben dem sich allenfalls einzelne Spielopern von Albert Lortzing und Otto Nicolai beziehungsweise Webers romantische Oper Der Freischütz im Repertoire der Bühnen behaupten können. Dass Spohrs Der Zweikampf mit der Geliebten nicht einmal 2009 zu seinem 150. Todesjahr irgendwelche Beachtung fand, mag darauf zurückzuführen sein, dass Spohr selbst an den Qualitäten dieses Frühwerks zweifelte. Zum einen war er mit dem Libretto mehr als unzufrieden und nahm zahlreiche Änderungen vor, die aber, wie er in seiner Selbstbiographie schreibt, wegen seiner damals noch mangelnden Erfahrung nicht alle Schwächen ausmerzen konnten. Zum anderen missfiel ihm im Laufe der Proben ein Großteil seiner eigenen komponierten Musik, die seines Erachtens zu viele Reminiszenzen an Mozart enthielt. Das Publikum in Hamburg jedenfalls nahm die Premiere am 15. November 1811 mit großer Begeisterung auf und motivierte ihn so, die von ihm monierten Fehler in dem heute noch bekannten Faust auszumerzen.

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Enrique (Matthias Ziegler) bekommt ein kleines Problem mit Wilddieben (von links: Elmar Göbel, Horst Vladar und Ulrich Löns) (im Hintergrund Mitte: Decio (Michael Hoffmann)).

Die Handlung spielt zur Zeit Karls V. in und um Brüssel. Enrique, der Graf von Lothringen, hat den spanischen Königshof verlassen, weil er seine Geliebte Isabella für untreu hält, und beschließt nun, um die Pfalzgräfin von Flandern, Mathilde, zu werben. Isabella folgt ihm als verkleideter Ritter Don Rosardo, um Enrique von ihrer Unschuld zu überzeugen. Nachdem sie ihn aus einer misslichen Lage mit vier Wilddieben gerettet hat, nimmt sie ihm zwar das Versprechen ab, ihre Identität nicht preiszugeben, ihre Erklärungen will er jedoch trotzdem nicht anhören. So kommt auch Isabella an Mathildes Hof und weckt als junger Ritter ebenfalls das Interesse der Pfalzgräfin. Mit zwei weiteren Verehrern der Gräfin, Don Alberto und Gaston, kommt es nun zu Eifersüchteleien um die Gunst Mathildes, die zu Auseinandersetzungen führen, bei denen Isabella Gaston entwaffnet, um Enrique zu schützen. Da Enrique immer noch nicht bereit ist, Isabellas Rechtfertigung Gehör zu schenken, bezichtigt sie ihn wütend des Treuebruchs an einer Freundin und fordert ihn vor Mathilde zum Duell auf. Nur der List des Dienerpaars ist es zu verdanken, dass Enrique doch noch den aufklärenden Brief liest, seinen Fehler einsieht und Isabella um Verzeihung bittet. Mathilde vergibt dem Paar seine Maskerade und bittet um seine Freundschaft.

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Die Pfalzgräfin Mathilde (Annika Liljenroth, rechts) ist von Isabella alias Don Rosardo (Yvonne Steiner, links) sehr angetan.

Horst Vladars Inszenierungen zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass er auf moderne Umdeutungen der Vorlage verzichtet und die in der Regel völlig unbekannten Opern so präsentiert, dass der Zuschauer hinterher das Gefühl hat, das Werk in seiner Ursprünglichkeit kennengelernt zu haben. Dazu tragen zum einen die wunderschönen und aufwendigen Kostüme bei, in die selbst der Chor für seinen kurzen Auftritt im letzten Bild gekleidet wird, als auch die Personenregie, die die Geschichte bei aller Lächerlichkeit durchaus ernst nimmt und die Figuren keineswegs karikiert. Der Witz und der Humor des Stückes entsteht gerade dadurch, dass die Figuren nicht überzeichnet werden. Ulrich Hüstebeck hat ein relativ abstraktes buntes Bühnenbild mit aufgezeichneten Baumstämmen entworfen, das eine schnelle Verwandlung vom Wald vor Brüssel in den Salon der Pfalzgräfin oder in den öffentlichen Platz zulässt, auf dem das Duell ausgetragen werden soll. Hier reichen kleine Details wie aus dem Schnürboden herabhängende Lüster oder aufwendig gestaltete Stühle, um das jeweilige Ambiente zu schaffen.

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Mathilde (Annika Liljenroth) zwischen ihren Verehrern (links: Gaston (Stephan Hönig), rechts: Don Alberto (Ulrich Löns), rechts außen: Isabella alias Don Rosardo (Yvonne Steiner)) (im Hintergrund: Fulgenzio (Elmar Göbel))

Musikalisch lassen sich die zahlreichen Reminiszenzen an Mozart nicht leugnen, die sich vor allem in den komischen Passagen des Dienerpaars Decio und Laurette äußern. Decio wirkt mit seiner Musik wie ein Verwandter Papagenos, während er im Zusammenspiel mit Laurette an das Dienerpaar Pedrillo und Blonde aus der Entführung erinnert. Die Ouvertüre nimmt mit den zahlreichen Bläsersolo-Stellen bereits Webers Freischütz vorweg. Auch Anklänge an Beethovens Fidelio lassen sich nicht überhören, wenn man beispielsweise das Terzett, in dem Isabella als Don Rosardo von der Pfalzgräfin Mathilde eingeladen wird, mit Enrique an ihren Hof zu kommen, mit dem berühmten Kanon "Mir ist so wunderbar" aus Beethovens Oper vergleicht. Bemerkenswert sind auch Spohrs Bestrebungen zu einer durchkomponierten Form. So schafft er ganze Szenenfolgen ohne gesprochenes Wort. Beispielsweise geht das lustige Duett des Dienerpaars direkt in die nachdenkliche Arie der Mathilde über.

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Können Decio (Michael Hoffmann) und Laurette (Denise Felsecker) das Duell noch stoppen (rechts und links der Chor als Hofdamen und Höflinge)?

Musikalisch hat Vladar wieder ein Ensemble zusammengestellt, dass durch großen Spielwitz und gesangliche Qualitäten überzeugt. Da ist zunächst einmal erneut Yvonne Steiner zu nennen, die als Isabella eine glaubhafte Verwandlung zum Don Rosardo durchmacht und mit großem Sopran die recht anspruchsvolle Partie bewältigt. Besonders hervorzuheben ist ihre Arie kurz vor dem vermeintlichen Duell, in der Isabellas Verzweiflung über ihre Lage zum Vorschein kommt, die Steiner mit sauber geführten Koloraturen und großen Sprüngen umsetzt. Mit Matthias Ziegler als Enrique steht ihr nicht nur optisch ein kongenialer Partner zur Seite, der mit lyrischem Tenor und sauberer Stimmführung in den Höhen den sturen Geliebten mimt. Hervorragend gelingt ihm seine Verzweiflungsarie kurz vor dem Duell, in der er bekennt, dass er, egal wie er sich entscheidet, seine Ehre auf jeden Fall verlieren muss. Stellt er sich dem Kampf, tötet er eventuell die eigene Geliebte, stellt er sich nicht, gilt er als feige. Annika Liljenroth begeistert mit klarem Sopran als Mathilde, die verwirrt über die tiefe Zuneigung ist, die sie dem unbekannten Don Rosardo entgegenbringt.

Neben diesen recht ernsten Partien setzen Michael Hoffmann als Decio und Denise Felsecker als Laurette recht komische Akzente. Hoffmann gibt den großspurigen Hasenfuß mit einer Liebenswürdigkeit, dem Felsecker als an List deutlich überlegene Kammerzofe nichts entgegen zu setzen hat. Auch Ulrich Löns als Don Alberto, Stephan Hönig als Gaston und Elmar Göbel als Fulgenzio überzeugen durch komödiantisches Spiel. Horst Vladar übernimmt als Kampfrichter eine eher dirigierende Funktion, beweist aber als Wilddieb, dass er sich wie Löns, Hönig und Göbel durch große Spielfreude in der Inszenierung unterordnen kann. Auch der Chor kann bei seinem Auftritt in Paaren sein schauspielerisches Talent zur Schau stellen. Das Orchester des Akademischen Orchesterverbandes München e. V. präsentiert unter der Leitung von Alois Rottenaicher einen klassisch-romantischen Klang aus dem Graben, der den Abend wunderbar abrundet und das Publikum zu einem lang anhaltenden und begeisterten Applaus veranlasst.

FAZIT

Horst Vladar hat wieder einmal bewiesen, wie man ein vergessenes Stück, das musikalisch durchaus seine Meriten hat, auch heute einem Publikum noch ohne modernes Regietheater nahe bringen kann. Wer sich für unbekannte Opern interessiert, sollte dieses Festival auf jeden Fall in seine Jahresplanung mit aufnehmen.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alois Rottenaicher

Inszenierung
Horst Vladar

Bühnenbild
Ulrich Hüstebeck

 

 

Orchester des Akademischen
Orchesterverbandes München e. V.


Solisten

Mathilde, Pfalzgräfin von Flandern
Annika Liljenroth

Don Alberto, Infant von Portugal
Ulrich Löns

Gaston, Prinz von Bearn
Stephan Hönig

Enrique, Graf von Lothringen
Matthias Ziegler

Donna Isabella, Tochter eines spanischen Granden
Yvonne Steiner

Laurette, ihre Kammerjungfer
Denise Felsecker

Fulgenzio, Diener der Pfalzgräfin
Elmar Göbel

Decio, Kammerdiener des Grafen
Michael Hoffmann

Kampfrichter
Horst Vladar

4 Wilddiebe
Elmar Göbel
Stephan Hönig
Ulrich Löns
Horst Vladar

Hofdamen
Brigitte Clemens
Traudel van Erp
Barbara Feneberg
Petra Gauss-Nikel
Martina Geißler
Lisa Horack
Anne Huber
Gabriele Huber
Gretel Käuffer
Evelyn Mayer
Susanne Schimmel
Barbara Würmseher

Höflinge
Alois Bauer
David Bösl
Wolfgang Brunner
Reinhard Geißler
Norbert Hornauer
Robert Krause
Dirk Lay
Bernhard Sönning
Werner Schmidt
Norbert Stork
Georg Trost
Herwig Wanzl

Diener und Pagen
Sophie Labitzke
Katharina Stork
Michael Croce
Karl-Heinz Ottinger

 


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