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Salzburger Festspiele 2014

Der Rosenkavalier

Komödie für Musik in drei Aufzügen
Text von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss


In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 4h 30' (zwei Pausen)


Premiere am 5. August 2014 im Großen Festspielhaus
(rezensierte Aufführung: 11. August 2014 - dritte Aufführung)

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Salzburger Festspiele
(Homepage)

Ein neuer Rosenkavalier zum 150. Geburtstag des Komponisten

Von Thomas Tillmann / Fotos © Salzburger Festspiele / Monika Rittershaus



Szenenfoto

Noch ist alles gut zwischen der Marschallin (Krassimira Stoyanova) und ihrem jugendlichen Liebhaber Octavian (Sophie Koch).

Es gibt für jeden Opernfan besondere Erinnerungen, Initialzündungen für die Leidenschaft zur Oper. Für mich war das der Salzburger Rosenkavalier von 1984, den ich mehr zufällig im Fernsehen sah, mit Anna Tomowa-Sintow als hinreißender, zu Tränen rührender Marschallin, deren Portrait ich unzählige Male auf Video bewundert und geradezu verinnerlicht habe, bis hin zu den kleinsten Gesichtsregungen und Gesten. Auch Krassimira Stoyanova hat inzwischen einige Erfahrung mit Strauss, sie war Ariadne in Wien und singt die Vier Letzten Lieder, und sie hat die Partie natürlich "drauf", bewältigt mühelos alle Klippen (wobei sie mit ihrer schlanken Stimme eher in der Tradition einer Schwarzkopf oder Della Casa steht und man sich fragt, ob angesichts dieser Disposition Rollen wie Ballo-Amelia und Aida eine gute Wahl für die nächsten Rollendebüts sind) und singt berückend schön alle Noten der Fürstin Feldmarschall, ihre Textverständlichkeit ist bemerkenswert und vorbildlich (wobei sie ähnlich wie beispielsweise Régine Crespin dankenswerterweise gar nicht erst versucht, Wienerisches Idiom einzubringen), die Raffinesse ihres Singens, das Bemühen um Delikatesse, Leichtigkeit und Feinheiten, ihre Pianokultur und vieles mehr können nicht hoch genug gelobt werden, aber trotzdem lautet mein Fazit, dass sie die Feldmarschallin spielt, ihr Kostüm trägt, aber vorerst noch nicht mit dieser Figur so verschmilzt, dass sie (mich) wirklich berührt wie die gleichfalls aus Bulgarien stammende Vorgängerin. Und ich wurde den Eindruck nicht los, dass sie auch etwas mehr Hilfe von Harry Kupfer gebraucht hätte, da wirkte darstellerisch einiges doch recht hausbacken und vordergründig. Und gerade am Ende, namentlich im Terzett, hätte ich mir mehr vokale Dominanz gegenüber den Kolleginnen gewünscht. Und ein hübscheres, repräsentativeres, Rolle und Auftritt besser unterstreichendes Kleid von Yan Tax (dabei hatte sie im weißen Morgenmantel samt blauer Stola so elegant ausgesehen).


Szenenfoto

Schwerenöter Ochs (Günther Groissböck) hält sich für unwiderstehlich, da macht auch die Marschallin (Krassimira Stoyanova) seiner Meinung nach keine Ausnahme.

Sophie Koch hat langjährige Erfahrung in der Titelpartie und bewältigt sie folgerichtig tadellos und routiniert, aber ohne rechten Glanz und Verve in der schmalen, mitunter sogar spröden Stimme, und kann daher wirklich große Interpretinnen der Vergangenheit nicht ansatzweise vergessen machen, was auch für Mojca Erdmann gilt, die sich optisch und darstellerisch sehr attraktiv mit sehr dünnem Stimmchen durch die Partie der Sophie zirpt. Adrian Eröd ist ihr eleganter, auch elegant singender und nie polternder Bühnenvater, dessen brutales Veräußern der eigenen Tochter in dieser Inszenierung deutlicher herausgearbeitet wird wie in vielen anderen.


Szenenfoto

Die Marschallin (Krassimira Stoyanova) leidet an der eigenen Vergänglichkeit und weiß, dass sie Octavian über kurz oder lang verlieren wird.

Günther Groissböck und Harry Kupfer sehen Ochs dankenswerterweise eher in der Nähe des Don Giovanni (dazu passt die Öffnung des langen Strichs im ersten Aufzug, in dem er sein Liebesleben der Fürstin darlegt) und nicht des Falstaff, und so freut man sich - trotz angesagter, nur an gelegentlichem Husten und Naseputzen ablesbarer Beeinträchtigung - über einen sehr vitalen, vokal (bis auf einzelne ganz tief liegende Töne) aus dem Vollen schöpfen könnenden, hochattraktiven, vor Selbstbewusstsein und Virilität strotzenden, in manchen Szenen fast bubenhaft wirkenden Enddreißiger, der triebgesteuert einfach die Hände nicht von den Frauen lassen kann (was keine Entschuldigung sein kann, da ist auch eine Menge Brutalität, Egomanie und Respektlosigkeit dabei), der sich vor lauter Begierde am Ende des zweiten Aufzugs geradezu die Kleider vom Leib reißt - und dem man trotz allem letztlich nicht recht böse sein kann.


Szenenfoto

Octavian (Sophie Koch) überreicht Sophie von Faninal (Mojca Erdmann) die silberne Rose.

Blass blieben leider die vielen anderen Figuren, das Intrigantenpaar etwa, das mit Wiebke Lehmkuhl und dem behäbigen Rudolf Schasching auch sehr mittelmäßig besetzt war, und auch Silvana Dussmann war als exaltierte Leitmetzerin eher aufdringlich als ein Gewinn (und hätte trotz heikler Lage an ihrer Aussprache feilen sollen), während Roman Sadnik ein sehr präsenter Wirt war und Stefan Pop mit bleichem Ton kein festspielwürdiger Sänger war. Großartig präsentierte sich dagegen der Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor in der Einstudierung von Wolfgang Götz, und auch die erwachsenen Kolleginnen und Kollegen waren ein Gewinn.


Szenenfoto

Da liegt er, der selbstgefällige, attraktive Ochs (Günther Groissböck(, dem niemand böse sein kann.

Den meisten Applaus erhielten indes ganz zurecht die unglaublich schön, im besten Sinne routiniert, wissend und deshalb vermutlich so entspannt musizierenden Wiener Philharmoniker und ihr Chef Franz Welser-Möst, der das richtige Timing für Octavians jugendlichen Überschwang fand und dabei nie die Kontrolle verlor (wobei das Bühnenpersonal es schon wegen des höher gelegten Orchestergrabens - von Anfang an ist das Kollektiv Hauptdarsteller, da lässt Welser-Möst keine Zweifel aufkommen - und der hohen, "leeren" Räume nicht leicht hatte), schlackenlos-unsentimental, aber gleichzeitig doch beseelt und nicht akademisch kühl die ruhigen Passagen musizieren ließ, dies alles mit nie nachlassender Innenspannung und große Bögen spinnend. Solche Ausnahmeleistungen sind es, die einem über die äußeren Umstände hinaus das Gefühl vermitteln, Festspiele zu besuchen, bei denen die Besten ihr Bestes geben und bei denen es der Kunst gilt.

Harry Kupfer und sein Team hatten natürlich durchschaut, dass das historische Gewand des Rosenkavalier so sehr historisch nicht ist: Die Walzer sind "um 1740" "genauso fremd wie die Psychologie der Vergänglichkeit, der Glanz des Morbiden, die Seelenschau eines fragilen Liebesdreiecks", wie Karl Harb es in einer der Festspielpublikationen zusammenfasst. Und so bemüht die Marschallin ein Grammofon, um zur morgendlichen Schokolade Walzer zu hören, und bittet Faninal am Ende ins offene Automobil für die gemeinsame Heimfahrt, bevor der eher indisch anmutende Mohamed final ins fürstliche Taschentuch schnäuzt (warum nur?). Eher die Entstehungszeit des Stücks bringt Hans Schavernoch auf die riesige Bühne des Großen Festspielhauses, riesig sind die Zimmerfluchten der Fürstin Werdenberg, Versatzstücke nur, ein Bett, ein riesiger Spiegel, ein Sekretär auf dem verspiegelten Boden, von Jürgen Hoffmann in atmosphärisches Licht getaucht und hinreißend dominiert von (meistens in Schwarz und Weiß gehaltenen) an die Rückwand projizierten Fotos aus Wien, die ästhetisch an sich schon ein Genuss sind, oft mit herbstlicher oder winterlicher Stimmung (Videodesign: Thomas Reimer). Im zweiten Aufzug scheint die schräge Perspektive des Palastes die unnatürliche Körperhaltung des neureichen Brautvaters aufzunehmen, das (ansonsten sehr aufwändig zugestellte) Beisl des letzten Aufzugs liegt im Prater. Der häufige Einsatz der Drehscheibe und anderer raffinierter Technik ermöglicht fließende Übergänge - auch szenisch ist da alles im Fluss.

Und trotzdem ist man ein bisschen enttäuscht über Harry Kupfers brave Sicht der Dinge - vielleicht hatte der Altmeister des Regietheaters doch zu viel Respekt vor Werk und Aufführungsort, zu wenig Mut, ein wenig mehr an Konventionen zu kratzen und Neues zu schaffen, und so bleiben nur eine Handvoll meisterliche Details in der Personenregie zu berichten, etwa wenn er Sophie straucheln lässt, als sie zum ersten Mal Octavian sieht, oder wenn Rofrano am Ende tröstend noch hin und wieder die Hand der Marschallin hält. Aber da gibt es eben auch viel Konventionelles, verschenkte Chancen, Darstellergesten, die nicht wirklich gemeinsam erarbeitet wirken.


FAZIT

Keine Frage, das war ein Geburtstagsgeschenk für Richard Strauss, über das er sich wegen der insgesamt sehr hohen Qualität vor allem im Graben gefreut hätte und die man auch ohne Zögern als festspielreif bezeichnen darf.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Franz Welser-Möst

Inszenierung
Harry Kupfer

Bühne
Hans Schavernoch

Kostüme
Yan Tax

Licht
Jürgen Hoffmann

Videodesign
Thomas Reimer

Choreinstudierung
Ernst Raffelsberger

Einstudierung Kinderchor
Wolfgang Götz


Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor
Wiener Philharmoniker


Solisten

Die Feldmarschallin
Fürstin Werdenberg
Krassimira Stoyanova

Der Baron Ochs auf Lerchenau
Günther Groissböck

Octavian
Sophie Koch

Herr von Faninal
Adrian Eröd

Sophie
Mojca Erdmann

Jungfer Marianne Leitmetzerin
Silvana Dussmann

Valzacchi
Rudolf Schasching

Annina
Wiebke Lehmkuhl

Ein Sänger
Stefan Pop

Ein Polizeikommissar
Tobias Kehrer

Der Haushofmeister
bei der Feldmarschallin
Franz Supper

Der Haushofmeister
bei Faninal
Matin Piskorski

Ein Notar
Dirk Aleschus

Ein Wirt
Roman Sadnik

Drei adelige Waisen
Andreja Zidaric
Phoebe Haines
Idunnu Münch

Eine Modistin
Alexandra Flood

Ein Tierhändler
Franz Gürtelschmied

Leopold
Rupert Grössinger

Lakaien/Kellner
Won Cheol Song
Franz Gruber
Friedrich Springer
Jens Musger

Die Lerchenauischen
Florian Boberski
Kiril Chobanov
Manuel Grabner
Helmut Höllriegl
Bortis Lichtenberger
Christian Schläpfer

Hausknecht
Liviu Burz



Weitere
Informationen

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(Homepage)



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