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Die Bedeutung der Zahl SiebenVon Thomas Molke / Fotos von Clive Barda
Salomé (Na'ama Goldman) begehrt Iokanaan (Igor Golovatenko). Wie Strauss folgt Mariotte inhaltlich mit geringfügigen Abweichungen der Vorlage von Oscar Wilde, wobei er natürlich die französische Originalfassung verwendet, während Strauss mit einer deutschen Übersetzung von Hedwig Lachmann arbeitete. Mariottes Oper ist in sieben Szenen unterteilt, und dieser Zahl Sieben scheint das Regie-Team um Rosetta Cucchi eine besondere Bedeutung einzuräumen. So besteht das Bühnenbild von Tiziano Santi aus insgesamt sieben großen Bögen, die durch die geschickte Lichtregie von D M Wood mit ihrem goldenen Glanz zunächst den Reichtum des Königs Hérode unterstreichen, später aber, wenn Hérode von Salomé gezwungen wird, ihr den Kopf des Iokanaan auf einem Tablett zu überreichen, in farblosem Grau eine marode Gesellschaft offenbaren, was noch dadurch bekräftigt wird, dass jeder einzelne Bogen bei Salomés unsäglicher Forderung nacheinander einreißt und der Palast somit einzustürzen droht. Auch beim Tanz der sieben Schleier wird Salomé von insgesamt sieben verschleierten Königen umgeben, von denen jeweils ein König mit jedem Schleier fällt. Lassen sich diese sieben Gestalten vielleicht noch mit den sieben Todsünden assoziieren, wird bei Hérodes Hofstaat allerdings nicht klar, wieso hier ebenfalls alle verschleiert sind und eine Krone tragen. Salomé (Na'ama Goldman, Mitte) mit ihrer Mutter Hérodias (Nora Sourouzian, rechts) (Wen der König auf der linken Seite darstellen soll, bleibt unklar.) Die Zisterne, in der Iokanaan gefangen gehalten wird, befindet sich unter einer mit geschwungenen Formen schon beinahe erotisch anmutenden Öffnung in der Mitte der Bühne. Wenn er allerdings aus den Tiefen seines Gefängnisses das Verhalten des Königs und seiner Gattin verurteilt, sieht man ihn hinter den sieben Bögen an der Rückwand, an die gewissermaßen das Geschehen aus der Zisterne projiziert wird. Auch wenn Naaman hinabsteigt, um ihn zu köpfen, nimmt ein schwarzer Schatten auf diesem Bühnenhintergrund allmählich die Gestalt des sein Amt ausübenden Henkers an. Am Ende erhält Salomé allerdings nicht den Kopf des Täufers, sondern eine weitere Krone, die sie in ihrer Ekstase mit den Kronen der Könige, die bei ihrem Schleiertanz gefallen sind, hortet. Auch den fahlen Mond, auf den im Libretto an mehreren Stellen verwiesen wird, baut Cucchi als Metapher für Salomés Charakter als Projektion ein. Wieso allerdings der Page der Hérodias die ganze Zeit am vorderen Rand der Bühne sitzt, bleibt unklar. Cucchi nennt ihn in ihren Anmerkungen zur Inszenierung einen kommentierenden antiken Chor, was nicht ganz schlüssig scheint, da der Page nach dem Tod von Narraboth eigentlich nur noch auf sich selbst konzentriert am Bühnenrand sitzt und das Geschehen auf der Bühne gar nicht mehr wahrnimmt. Erst wenn Hérode am Ende den Befehl gibt, Salomé zu töten, erhebt sich der Page, und einen Moment lang erwartet man, dass er nun Salomé töten werde. Doch der Sklave hält kurz inne und geht dann einfach an Salomé vorbei. Ebenfalls unverständlich bleibt die Personenregie bei den beiden Soldaten, die den gefangenen Iokanaan bewachen und sich dabei immer wie wilde Tiere beäugen, die auch schon einmal aufeinander los gehen, wenn Narraboth ihnen nicht Einhalt gebietet. Salomé (Na'ama Goldman) spielt mit Hérodes Gefühlen. Mariottes Musik lässt sich mit Strauss' Fassung nicht vergleichen, da sie wesentlich "glatter" gehalten ist. Der Tanz der sieben Schleier klingt zwar auch bei Mariotte äußerst verführerisch, enthält aber nicht die knisternde Erotik, die Strauss in seiner Oper umgesetzt hat. Die Titelpartie hat Mariotte nicht mit einer Sopranistin sondern mit einem Mezzo besetzt, um Salomé auch stimmlich dem von ihr verehrten Iokanaan, einem Bariton wie bei Strauss, näher zu bringen. Mit Na'ama Goldman hat man in Wexford eine optisch prädestinierte Besetzung für die Titelpartie gefunden. Mit erotischen Bewegungen macht sie aus dem Tanz der sieben Schleier einen Höhepunkt des Abends. Durch ein hautfarbenes Kostüm kann sie auch problemlos die sieben Schleier fallen lassen, ohne im Anschluss tatsächlich nackt auf der Bühne stehen zu müssen. Wenn sie nach dem Tanz in einem langen weißen Gewand den Kopf des Iokanaan fordert, wirkt sie optisch beinahe wie eine Heilige, was in absolutem Kontrast zu ihrem Ansinnen steht. Auch ihre Besessenheit mit dem Täufer wird von Goldman in eindringlichem Spiel umgesetzt. Stimmlich begeistert sie mit einem warmen Mezzo, der zu dramatischen Ausbrüchen in den Höhen fähig ist. Salomé (Na'ama Goldman) bei ihrem verführerischen Schleiertanz Dass die Partie der Hérodias in Mariottes Fassung eher klein ausfällt, bedauert man an diesem Abend, da man von der großartigen Nora Sourouzian gern mehr gehört hätte. Mit kräftigem Mezzo begeistert sie in der Mittellage, wenn sie ihren Gatten Hérode verspottet, und macht mit voluminösen dramatischen Ausbrüchen ihre Eifersucht auf ihre Tochter einerseits und die Furcht vor Iokanaan andererseits deutlich. Auch darstellerisch wird Sourouzian durch eine eindringliche Interpretation dem dunklen Charakter dieser Königin mehr als gerecht. Scott Wilde glänzt als Hérode mit profundem Bass, der darstellerisch wunderbar zwischen willkürlichem Herrscher und von der Stieftochter besessenem Mann changiert. Großartig umgesetzt werden von ihm auch die Panikattacken, die ihn jedes Mal überkommen, wenn er die Stimme des Täufers aus dem Verlies vernimmt. Igor Golovatenko verleiht dem Iokanaan mit stimmgewaltigem Bariton eine glaubhafte Autorität. Bei seinem Spiel lässt sich gut nachvollziehen, welche Faszination er auf die Königstochter ausübt. Eamonn Mulhall stattet den syrischen Soldaten Narraboth mit weichem Tenor aus, der seine verschmähte Liebe zur Königstochter gut zum Ausdruck bringt. Emma Watkinson beweist als Page enorme Bühnenpräsenz, auch wenn man die Funktion dieser Figur in dieser Inszenierung nicht wirklich nachvollziehen kann, und gefällt mit warmem Sopran. David Angus kitzelt mit dem Wexford Festival Orchester die impressionistisch anmutenden Feinheiten der Partitur sauber heraus, so dass es Ende großen Beifall für alle Beteiligten gibt.
FAZIT Mit Mariottes Salomé ist dem Wexford Festival Opera eine interessante Ausgrabung gelungen, auch wenn sie musikalisch mit Strauss' Fassung nicht mithalten kann und somit wahrscheinlich nicht Eingang ins Repertoire finden wird.
Weitere Rezensionen zum
Wexford Festival Opera 2014 |
ProduktionsteamMusikalische LeitungDavid Angus Regie Bühne
Kostüme Licht Choreographie Chorleitung
Chor des
SolistenSalomé
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- Fine -