Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Klangvokal Musikfestival Dortmund 29.05.2015 - 28.06.2015
Accademia Bizantina Aufführungsdauer: ca. 1 h 50' (eine Pause) Koproduktion mit den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci Aufführung in der St. Reinoldikirche in Dortmund am 19. Juni 2015 |
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Ein Abend zu Ehren Marias Von Eckhard Süssmann / Foto: © Bülent Kirschbaum Um 1160 hatten sich in Rom gewissermaßen als Vorläufer von Rousseaus Idee "Zurück zur Natur" junge Römer in einem Literaturkreis zusammengefunden, der sich mit Vorbildern wie Francesco Petrarca und anderen identifizierte, um sich dadurch von den damaligen literarischen Hauptströmungen abzusetzen. Man nannte sich "Accademia degli Arcadi" und wurde unter dem Begriff "Arcadia" bekannt. Diese literaturbegeisterten jungen Römer fanden in der im römischen Exil lebenden Königin Christina von Schweden eine großzügige Mäzenin, die ihnen die Gärten ihres Palazzo Riario zur Verfügung stellte und damit dem von ihr begründeten Kunst- und Wissenschaftskreis "Accademia Reale" neue Impulse gab. Später entwickelte sich die "Arcadia" zu einer Institution, die im Kunst- und Musikleben in Rom und ganz Italien eine bedeutende Rolle spielen sollte, da sie im Gegensatz zu der höfisch-steifen Gesellschaftsordnung der damaligen Zeit einen Ausgleich in Richtung eines freieren Umgangs mit sich und der Natur bot. von links: Ann Hallenberg, Lydia Teuscher und Ottavio Dantone mit Mitgliedern der Accademia Bizantina Im Rahmen des Klangvokal Musikfestivals hat Ottavio Dantone nun für das Konzert der Accademia Bizantina in der St. Reinoldikirche Komponisten aus der Zeit um 1705 ausgewählt, der der "Arcadia" sehr nahestanden. Da es sich hierbei auch um Kompositionen für Solostimmen und Orchesterbegleitung handelt, konnte man mit der schwedischen Mezzosopranistin Ann Hallenberg und der deutschen Sopranistin Lydia Teuscher zwei Sängerinnen gewinnen, die bereits als Spezialistinnen insbesondere im Bereich der Barockmusik einen internationalen Bekanntheitsgrad vorweisen können. Wie das in Colmar zu bewundernde Altarbild "Madonna im Rosenhag" von Martin Schongauer auf dem Programmheft bereits andeutete, standen im Mittelpunkt des Konzertes Musikstücke, die der Marienverehrung gewidmet sind. Den Anfang machten Passagen aus dem Oratorium Il Giardino di rose - La Santissima Vergine del Rosarie von Alessandro Scarlatti, das dieser 1707 komponiert hatte. Nach der Sinfonia, die einen breiten Solopart für den ersten Geiger brachte, folgten Gesangsszenen, die noch dem strengen Formschema der vorbarocken Zeit entsprachen. Hallenberg überzeugte in der Partie der Penitenza mit sehr ausgeglichener Stimme, während sich Teuscher als Speranza zunächst noch mit dem Orchester arrangieren musste, das wegen der wunderbaren Akustik in der St. Reinoldikirche zunächst etwas zu laut spielte. Aber die Anpassung gelang sehr schnell, so dass die beiden Sängerinnen ihre Stimmen im Duett Carità und Penitenza zu einem dramatischen Finale des ersten Programmteils vereinten. Im Anschluss folgte die Soprankantate Il Pianto di Maria von Giovanni Battista Ferrandini, einem Komponisten, dessen Stil bereits eher der Vorklassik angehört. Diese Komposition war lange Zeit Georg Friedrich Händel zugeschrieben worden. Erst um 1990 konnte Ferrandini als wahrer Urheber des Werkes identifiziert werden. Hallenberg arbeitete hier das Recitativo accompagnato eindrucksvoll als dramatische Weiterführung der Erzählung heraus, während sie in der Cavatina das in der Erzählung Geschilderte bewegend reflektierte. Hervorzuheben ist auch die farbenreiche Orchesterbegleitung, die einerseits längere Passagen einschloss, andererseits die Sängerin vortrefflich unterstützte. Nach der Pause verschob sich der musikalische Schwerpunkt zu Frühwerken von Georg Friedrich Händel und Domenico Scarlatti. In beiden Fällen handelte es sich um eine Kantate auf den Text Salve Regina, wobei mit "Regina" erneut die Mutter Gottes angesprochen wird. Während Händels Kantate für Sopran von einer sparsamen Basso continuo Gruppe begleitet wird und seine Komposition noch nicht die spätere Perfektion erkennen lässt, wählte Scarlatti für seine Kantate für Sopran und Alt - hier gesungen von Hallenberg als Mezzosopranistin - die Theorbe, das Cello und das Cembalo als Begleitung aus und wirkte im ganzen Aufbau geschlossener als Händels Vertonung. Die Vielzahl der Koloraturen ließen Teuscher bei der Händel-Kantate an ihre Grenzen stoßen. Scarlattis Kantate verliehen beide Sängerinnen wegen des Kontrasts ihrer Stimmen eine bewegende Dramatik. Fast im gleichen Jahr wie Salve Regina entstand auch Händels Introduzione alla cantata "Donna che in ciel di tanta luce splendi" als temperamentvolles orchestrales Zwischenspiel, das mit Glanzpunkten für Dantone und die Accademia Bizantina zu Händels beiden Kantaten "Te decus Virgineum" für Mezzosopran und "Haec est Regina Virginum" für Sopran überleitete. Hallenberg harmonierte dabei vorzüglich mit dem Orchester, das eine reizvolle Echowirkung herausarbeitete, und auch Teuscher interpretierte die Lobpreisung Marias sehr stimmungsvoll. Im abschließenden Duett aus Händels Oratorium La Resurrezione waren beide Sängerinnen noch einmal durch anspruchsvolle Koloraturverzierungen gefordert, die sie mit Bravour meisterten, was durch einen lang anhaltenden Applaus nach der Aufführung belohnt wurde. Als Zugabe präsentierten Hallenberg und Teuscher noch einmal das Duett zwischen Carità und Penitenza aus Alessandro Scarlattis Kantate Il Giardino di rose. Bedauerlich ist nur, dass die St. Reinoldikirche im Zuschauerraum einige Lücken aufwies. Die Qualität der Aufführung, das Engagement der Sängerinnen und das präzise Zusammenspiel der Accademia Bizantina hätte ein volles Haus verdient. FAZIT Ottavio Dantone gelingt mit der Accademia Bizantina ein bewegender Abend mit Barock-Kantaten zu Ehren der Mutter Gottes. Wer diesen Abend in der St. Reinoldikirche verpasst hat, muss nach Potsdam zu den Musikfestspielen fahren, um ihn dort noch einmal zu erleben. Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2015
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AusführendeLydia Teuscher, Sopran Ann Hallenberg, Mezzosopran
Accademia Bizantina Leitung: Ottavio Dantone
WerkeAlessandro Scarlatti Giovanni Battista Ferrandini Georg Friedrich Händel Domenico Scarlatti Georg Friedrich Händel Antiphon: "Te decus Virgineum" HWV 243 Antiphon: "Haec est Regina Virginum" La Resurrezione HWV 47
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